piwik no script img

Streit der Woche„Der Steuerzahler zahlt Mixas Pension“

Staat und Kirche sind zu eng verflochten, sagt SPD-Politikerin Ingrid Matthäus-Maier. Stimmt nicht, die Kirche will unsere Freiheit bewahren, antwortet Günther Beckstein (CSU).

Privelegierte Bischöfe beim Kichgang: Ihren Sold bekommen sie vom Staat. Bild: dpa

BERLIN taz | Wenige Tage vor dem Beginn des Ökumenischen Kirchentags kritisiert die frühere SPD-Finanzpolitikerin und Bankmanagerin Ingrid Matthäus-Maier den Einfluss der Kirchen auf den deutschen Staat. Gott regiere zwar nicht selbst, „denn es gibt ihn nicht“, schreibt Matthäus-Maier im Streit der Woche der sonntaz. Dafür sei aber sein „selbsternanntes Bodenpersonal“ viel zu einflussreich.

Der Staat besolde nach wie vor Bischöfe. „Mixas Gehalt und Pension zahlt der Steuerzahler“, schreibt Matthäus-Maier. Gegen den scheidende Augsburger Bischof Walter Mixa, der nach einem Misshandlungs-Skandal seinen Rücktritt angeboten hatte, werden nun auch Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs erhoben. Matthäus-Maier weist in der sonntaz darauf hin, dass sie das Ende dieser Besoldungs-Praxis schon 1974 in einem FDP-Papier gefordert habe. Die Privilegien für Kirchen widersprächen dem Verfassungssatz "Es besteht keine Staatskirche", moniert Matthäus-Maier, die im Beirat der humanistischen Giordano-Bruno-Stiftung sitzt.

Der CSU-Politiker Günther Beckstein widerspricht: „Wer allen Ernstes behauptet, Kirche und Religion regierten heimlich mit in Deutschland, der sei dezent auf die Gottesstaaten unserer Gegenwart verwiesen: den Iran, den Jemen oder auch Katar.“ Dort sei die Scharia die Basis einer mittelalterlichen Rechtssprechung. In Deutschland wollten Kirchen nicht „Herrscher im Lande“ sein, „sondern Volkskirche im Wortsinn und damit Lordsiegelbewahrer unserer Freiheit“, sagt Beckstein, der auch Vizepräses der Evangelischen Kirche in Deutschland ist. Er wird ab Mittwoch mit zehntausenden anderen Christen in München auf dem Ökumenischen Kirchentag beten und diskutieren.

taz

Den gesamten Streit der Woche lesen Sie in der aktuellen vom 8./9. Mai 2010 – ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk.

In ihrem Beitrag in der sonntaz sieht die Sängerin Nina Hagen in Deutschland ein „Volk Gottes“ an der Macht, das basisdemokratisch in seinem Geiste mitregiere. Schon beim Mauerfall habe dieses Volk ein „wahres Wunder“ vom Stapel gelassen.

Im Streit der Woche diskutieren außerdem Raju Sharma, der religionspolitische Sprecher der Linken im Bundestag, der Vizevorsitzende der Allevitischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Topra, taz.de-Leser Dirk Ossenberg und Rudolf Ladwig, der zweite Vorsitzende des Internationalen Bunds der Konfessionslosen und Atheisten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

25 Kommentare

 / 
  • NF
    Norman Frey

    "In ihrem Beitrag in der sonntaz sieht die Sängerin Nina Hagen in Deutschland ein „Volk Gottes“ an der Macht, das basisdemokratisch in seinem Geiste mitregiere."

     

    Bekomme ich auch ein Interview in der taz, wenn ich irgedeinen Quatsch dahersülze, damit ich in den Medien bleibe?

  • PS
    Peter Semenczuk

    Als Judas Ichariot Kollekte sammeln ging nach jeder,

    von Christus gehaltenen Predigt, da bezeichnete Christus ihn als einen Dieb, weil Christus dieses seinen Jüngern verboten hat.

    Und als derselbe Judas Ichariot, Christus verraten wollte, da nannte ihn Christus einen Teufel.

    Was glauben wir wird Christus sagen, wenn die römisch-katholische Kirche mit all ihren Päpsten, Antisemiten,Scheiterhaufexperten, Rassisten und Fremdenfeindlichen Mitglieder und Förderer vor Gott und seinem Christus erscheint? Autor peter s.

  • RB
    Ralf B.

    Die taz-Frage lautete ja: Leben wir in einer Bundeskirchenrepublik? Nach der letzten Panorama-Sendung würde ich sagen: Nein, wir leben in einer Bananenkirchenrepublik.

    http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2010/panoramakirche106.html

  • P
    parizifal

    Der Steuerzahler zahlt Mixas Pension“„Der Steuerzahler

    zahlt Mixas Pension“Wenn Beckstein CDU sich hinstellt

    und behauptet, dass die Kirche der Garant unserer Freiheit sei, dann

    darf man am Verstand dieses Mannes zweifeln. Noch nie in der

    Geschichte war es die Kirche, die für Freiheit und Gleichheit

    eingestanden ist. ......Die Kirche hat bis zum Anfang der Neuzeit

    (Ende 18 Jh.) Hexen gejagt. Beckstein sollte sich doch einmal die

    Papstenzyklika ansehen und auch wie die Kirche "intern" regiert wird.

    Vom Herunterleiern des Vaterunser wird man nicht klüger Herr Beckstein.

    Von einer Trennung von Staat und Kirche sind wir weit entfernt. In Frankreich ist der laizistische Staat Garant für das Zusammenleben unterschiedlichster Religionen und Kulturen. Gemeinsamer Nenner ist der Respekt eines unabhängigen, weltlichen Staates.

  • J
    J.Dubiel

    Die Forderung von Frau Ingrid Matthäus-Maier nach Trennung von Kirche und Staat wünsche ich mir stärker in die öffentliche Debatte. Es muss endlich Schluss gemacht werden mit der Finanzierung kirchlicher Institutionen. Der Staat soll endlich seinem Bildungsauftrag, der medizinischen Versorgung und der Seelsorge selbst nachkommen. Dazu brauchen wir keine Kirche!

  • L
    LesER

    Ausgerechnet ein CSU-Funktionär muß sich hier zu Wort melden...

     

    Nur in Bayern wird z.B. am Wahltag von der Kanzel gepredigt was die Schäfchen zu wählen haben.

     

    Die Verflechtungen von Staat und Kirche hierzulande sind nicht wegzudiskutieren. Sie sind so intensiv wie in kaum einem anderen mitteleuropäischen Land. Wenn man wirklich etwas für Freiheit und Demokratie tun will, dann gehören diese Verhältnisse abgeschafft.

     

    Bis es so weit ist, müssen wohl noch viele Millionen "Schäfchen" Kirchensteuer zahlen - und damit Pfaffen die sich an kleinen Jungs delektieren finanziell unterstützen...

  • D
    Dunkelheit

    Wir haben in Deutschland de facto Staatskirchen und das ist auch gut so. Wenn der Staat religiöse Würdenträger finanziert, dann schafft er eine gewisse Abhängigkeit dieser gegenüber dem Staat. Das macht sie lammfromm. Wenn der Staat religiöse Würdenträger nicht in die finanzielle Abhängigkeit treibt, dann blüht der religiöse Fundamentalismus und jeder Freiheitsliebende muss sich vor der sancta simpilicita in Acht nehmen. Siehe USA.

     

    Übrigens merkwürdig, dass fast jeder meiner Beiträge zensiert wird...

  • S
    supertricky

    Wenn man schon den Iran oder Jemen als Vergleich heranziehen muss, dass die Kirche in Deutschland nicht zuviel Einfluss (weil weniger) hat, dann ist doch alles gesagt...

  • DG
    Dirk Gober

    Der Steurzahler bezahlt übrigens auch die Pensionen mancher Grünen, die selbst immer wieder Kindern "eine eigene Sexualität" zugestehen wollen, um Sex mit Kindern straffrei machen zu können, er bezahlt den Lebensunterhalt und die Kosten der RAF-Terroristen, also der Helden der taz-Leser; er bezahlt die Schäden, die Linksextreme anrichten, die Kassam-Raketen der PLO- und Hamas-Terroristen u.s.w., u.s.w.

    Es sind also nicht nur die Mixas und die Taliban in Nadelstreifen (vulgo: Investmentbanker und andere Wirtschaftsterroristen, denen die rotgrüne Wirtschaftsgefälligkeitsregierung erst alle Tore geöffnet hat) - leider eignen sich solche Überschriften wohl nicht für den linken Populismus, also muß Mixa als Titelgeber herhalten...

  • V
    vic

    ...und weil "der Steuerzahler" Mixas Pension zahlt, zahlen alle Anderen auch. Selbst jene, die so wenig Einkommen beziehen, dass sie gar keine Steuern bezahlen. Denn selbstverständlich finanziert sich der Staatshaushalt nicht ausschließlich aus Steuerzahlern.

    Noch schräger ist aber die Tatsache, dass in diesem Fall alle Brüder und Schwestern sind, völlig egal ob Katholik, Protestant, Moslem, Atheist oder sonst was.

  • F
    Florian

    Hat den Günther schon mal wer gefragt für was das "C" in seiner Patei steht? Vielleicht sollte ihn mal jemand daran erinnern, dass die Macht seiner Partei auf mindestens 2000 Jahren Lug und Trug basiert.

  • S
    Stefano

    Wie war das mit dem Glashaus Frau Matthäus-Maier?

     

    Von 2006 bis Mitte 2008 war sie Vorsitzende der KfW-Bankengruppe. Nachdem die Bank des Bundes und der Bundesländer im Jahr 2007 nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften 6,2 Milliarden Euro Verlust zu verzeichnen hatte, trat sie am 7. April 2008 unter Ablehnung jeglicher Verantwortung für die Entwicklung ohne einen designierten Nachfolger von diesem Amt zurück.

     

    Was haben Sie wohl den deutschen Steuerzahler gekostet?

  • A
    Artan

    "Der CSU-Politiker Günther Beckstein widerspricht: „Wer allen Ernstes behauptet, Kirche und Religion regierten heimlich mit in Deutschland, der sei dezent auf die Gottesstaaten unserer Gegenwart verwiesen: den Iran, den Jemen oder auch Katar.“ Dort sei die Scharia die Basis einer mittelalterlichen Rechtssprechung. In Deutschland wollten Kirchen nicht „Herrscher im Lande“ sein, „sondern Volkskirche im Wortsinn und damit Lordsiegelbewahrer unserer Freiheit“, sagt Beckstein,"

    --> Natürlich regieren die Kirchen heimlich mit. Vielleicht nicht mehr so stark und direkt, wie noch vor einigen Jahrzehnten. Aber dennoch erhalten die Kirchen riesige Summen von allen Steuerzahlern (ich meine nicht die Kirchensteuer), genießen irrsinnige Sonderrechte, wie z.B. die Vertretung in Rundfunk- und Ethikräten, Sonderrechte beim Arbeitsrecht in "kirchlichen" Betrieben oder gar das Recht von der Kanzel aus alles und jeden ungestraft zu verleumden (wie man im Fall Bischof Müller und Michael Schmidt-Salomon sehen konnte.).

     

    Von daher befinden wir uns zwar nicht in einem Gottesstaat, aber eine komplette Trennung von Staat und Kirche, wie man sie nach dem GG erwarten dürfte, gibt es auch nicht.

  • V
    vic

    "Im römisch-katholischen Kirchenrecht (CIC 1983, can. 401) heißt es:

     

    §1. Ein Diözesanbischof, der das fünfundsiebzigste Lebensjahr vollendet hat, wird gebeten, seinen Amtsverzicht dem Papst anzubieten, der nach Abwägung aller Umstände entscheiden wird.

    §2. Ein Diözesanbischof, der wegen seiner angegriffenen Gesundheit oder aus einem anderen schwerwiegenden Grund nicht mehr in der Lage ist, seine Amtsgeschäfte wahrzunehmen, wird nachdrücklich gebeten, den Amtsverzicht anzubieten."

     

    Hier greift also §2.

    Ein Rausschmiss, aus welchen Gründen auch immer, ist nicht vorgesehen.

    Auch Mixa wird weiterhin von allen steuerzahlenden Einwohnern bezahlt und wird auf keine seiner bisherigen Luxusgewohnheiten verzichten müssen.

     

    Wieviel Jahrhunderte müssen noch vergehen?

    Ich habe einen Traum: Kein Klerus - keine C-Parteien.

  • I
    irreversibel

    Anstatt Leuten wie Nina Hagen auch nur eine Zeile für Ihre wirren Ansichten zu opfern sollte man lieber mal Menschen zu Wort kommen lassen, die sich ernsthaft mit dem Thema Religion & Staat beschäftigt haben. Nina Hagens heutiges Metier sind dann ja doch eher Casting-Shows u.ä.....

  • N
    Nigredo

    Dass ein ranghoher Politiker, der gleichzeitig ranghoher Kirchenvertreter ist, keinen Einfluss der Kirche auf den Staat sieht, mag ja noch als Betriebsblindheit durchgehen, dass die Kirche unsere Freiheit verteidige ist aber blanker Hohn.

     

    Wenn die Kirche hierzulande könnte, wie sie wollte, sähe es doch hier nicht anders aus als in Katar.

     

    Eine eigene Rechtsprechung reklamiert sie für sich, verbietet das gebotene (Kondome) und diskriminiert Homosexuelle wie Frauen.

    Der Kirche war noch nie an unserer Freiheit gelegen, höchstens der Illusion hiervon (was sie offenbar mit den Innenpolitikern der Union gemein hat). Stattdessen will sie uns in psychischer und pysischer Abhängigkeit.

  • HM
    Heinz-Herwig Mascher

    Nina Hagen hat unrecht. Jedes Kind weiss doch, dass die Mauer durch Yogische Flieger, also unter Anwendung der Maharischi-Technologie, zerstört wurde.

  • DS
    Dr. Schreck

    Es ist immer dasselbe Argument, und es bringt mich wirklich auf die Palme. Wenn hier etwas schlecht ist, heißt es immer: Habt Euch nicht so, woanders ist es noch schlechter.

    Deshalb soll man es hier nicht noch besser machen können? Was, Herr Beckstein, ist das denn für ein Argument? Bloß weil die woanders in die Ecke scheißen, brauchen wir auf dem Klo nicht zu spülen?

    Das ist kein Argument, sondern bloße Augenwischerei. Halb so schlimm wie richtig schlimm bleibt immer noch schlimm genug.

     

    MfG, Dr. E. Schreck

  • A
    Amos

    Gebt Mixas eine Grundsicherung. Andere bekommen die auch, obwohl die viel braver sind.

  • SZ
    Sascha Z.

    und den Mixa und die anderen stört es nicht, Geld von Ungläubigen zu bekommen?

    Wozu ist die Kirchensteuer denn bitte da?

  • L
    Lara-Jil

    Staat und Religion bedürfen wohl einer getrennten Entsorgung;D

  • M
    Martin

    seltsam, ein beamte würde entlassen, wenn er wegen einer straftat verurteilt würde, damit wäre auch die pension futsch. was passiert denn, wenn mixa wegen mißbrauchs verurteilt würde?

     

    außerdem: wenn der staat zahlt, dann muß der staat auch entscheiden, d.h. nicht der papst entläßt den bischof sondern deutschland. warum ist das nicht so?

  • A
    Amos

    Beckstein lässt mal wieder einen Kalauer los."Die Kirche will unsere Freiheit bewahren". Dazu müsste sie, erst mal, um ihre "Schäfchen" zu schützen, ihre "Böcke" unter Kontrolle haben. Damals brauchte man die

    Kirche um gemeinsam mit dem Adel das Volk zu unterdrücken.

    Mit der Beichte schuf man sich eine Demoskopie. So wusste der Adel und die Kirche wohin der Trend ging.

    Heute ist die Kirche ein Anachronismus, Genau wie die

    Schwätzer in den Polit-Talkshows-, man braucht sie nicht, aber sie sind eben da. Jemand,der an eine höhere Instanz glaubt, braucht weißgott keine Kirche. Jesus würde sich im Grabe umdrehen, hätte er es nicht bereits verlassen.

  • FK
    Freiheit keine Spur

    Wenn Politiker auf Länder wie Iran verweisen müssen, dann heißt das auf gut deutsch, dass wir bis zum Hals in der Scheiße stecken.

     

    Die Kirchen sitzen fett in den Rundfunkräten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und sorgen dafür, dass ihre Interessen in das Programm einfließen. Mit der Haushaltsabgabe werden wir alle demnächst gezwungen auch das zu finanzieren. Das wird eine Kirchensteuer durch die Hintertüre - natürlich vollkommen konform mit der Verfassung.

  • DA
    Der Alzheimer Bote

    Es kann ja nicht angehen, dass man aus Überzeugung vor Jahren bereits aus der Kirche ausgetreten ist, und jetzt die Pensionen 'christlicher' Täter und Lügner als braver Steuerzahler finanziert.

    Vielleicht ginge den Mixas dieser Welt ein Licht auf, wenn sie von dem leben müssten was sich in den nächsten Jahren noch im Opferstock finden wird.