Kommentar Bundeswehr-Einsatz: Gefangen in Afghanistan

Die Umgangsweise der Bundeswehr mit Gefangenen liegt in der Logik des Afghanistan-Einsatzes generell: Am Liebsten würde man sich raushalten.

Es liegt in der Logik des Afghanistan-Einsatzes, wenn die Bundeswehr den Umgang mit Gefangenen lieber den afghanischen Kollegen überlässt. Schließlich soll die afghanische Nationalarmee bald die Kontrolle über die Sicherheit im Land übernehmen. Darum werden jetzt bei Militäroperationen die Afghanen vorgeschickt. Der Kampf gegen Taliban und Aufständische, so heißt es stets, soll ein "Afghan face", ein afghanisches Gesicht, bekommen. Suggeriert wird so auch, dass er dadurch legitimer und kulturell verträglicher werde - die Afghanen wüssten besser, wessen Türen sie eintreten dürfen.

Doch wie hässlich dieses afghanische Gesicht ist, wird selten dazugesagt. Die Genfer Konvention läuft bei vielen Afghanen unter Weicheierei. Selbstverständlich würden afghanische Gefangene gefoltert und meist getötet, erklären selbst afghanische Offizielle unumwunden. Über die Zustände in afghanischen Gefängnissen berichten deutsche Militärs und Diplomaten in Kundus mit vor Entsetzen geweiteten Augen. In Nordafghanistan arbeitet die Bundeswehr mit einem Gouverneur zusammen, der sich grauenhafter Verbrechen schuldig gemacht hat und wohl immer noch macht.

Das ach so gute Verhältnis zu den Afghanen, das gern als deutsche Spezialität dargestellt wird, hat eine Kehrseite: Die Sache mit den Menschenrechten fällt dabei leider manchmal unter den Tisch. Vermutlich muss man der Bundeswehr sogar vorwerfen, dass sie vor Menschenrechtsverletzungen die Augen verschließt, um sich Ärger zu ersparen.

Darum bauen der Verteidigungsminister und andere nicht nur einen pseudoironischen Popanz auf, wenn sie dauernd erklären, man werde in Afghanistan keine "Westminister-Demokratie" - oder auch "keine Schweiz" - errichten können. Wer hätte das je behauptet? Die Formulierung verrät vielmehr, dass längst keiner weiß, wie mit der Verantwortung in und für Afghanistan nun umzugehen ist.

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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