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ROT-ROT-GRÜN IST MÖGLICHBremen ist nicht Düsseldorf

Der Crash zwischen SPD und Linken in Düsseldorf war eine Farce, sagt Linken-Vorstandssprecher Christoph Spehr. An der Weser habe ein rot-rotes Bündnis weiterhin Chancen

Wolfgang Zimmermann, NRW Linken-Chef, durfte nur kurz mit SPD und Grünen sprechen Bild: dpa

Krachend scheiterten die Annäherungsversuche von SPD und Linken nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Hoffnungen auf ein nicht nur symbolisch wichtiges erstes Linksbündnis in Westdeutschland sind nun vorerst passé. Die Bremer Linkspartei fürchtet dennoch nicht, dass ihre Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung nach den Bürgerschaftswahlen 2011 dadurch schlechter geworden sind.

"Wir haben in Bremen kein prinzipielles Ausgrenzungsproblem", sagt der Linken-Landesvorstandssprecher Christoph Spehr. "Dass man mit uns gar nicht reden könne, behauptet ja nicht mal die CDU ernsthaft."

In Düsseldorf hatten SPD und Grüne am Freitag nach nur fünf Stunden die Koalitionsgespräche mit der Linkspartei abgebrochen. Die SPD hatte das Ende der Verhandlungen im Wesentlichen damit begründet, dass die Linkspartei in NRW ein ungeklärtes Verhältnis zur DDR habe.

"Das war eine Farce", glaubt Spehr. "Wenn man das ernsthaft gewollt hätte, hätte man nicht nach einem einzigen Gespräch abgebrochen." Die SPD habe sich lediglich "nicht getraut, gar nicht mit uns zu sprechen". Es sei angesichts der anstehenden Sachfragen "entlegen", jetzt in Westdeutschland eine Positionierung zur DDR zur Gretchenfrage zu machen, sagt Spehr. "Das ist Symbolpolitik."

Spehr geht davon aus, dass Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) "mit einer Präferenz für Rot-Grün in den Wahlkampf geht", die Linken aber - anders als 2007 - nicht mehr von vornherein als Koalitionspartner ausschließen wird.

Berührungspunkte mit den Sozialdemokraten gebe es durchaus: Während die Grünen auf die Haushaltskonsolidierung eingeschworen seien, seien Teile der SPD-Basis unzufrieden mit der Finanz-, Bildungs- und Sozialpolitik der Koalition, sagt Spehr. In der letzten Bürgerschafts-Woche hatte die Linkspartei gleich zwei Mal für Anträge der SPD gestimmt, während die Grünen auf Linie der Opposition aus CDU und FDP lagen: Sowohl bei der Debatte um die Zulassung von Privatschulen als auch bei der Wahl eines Vizepräsidenten für den Rechnungshof gab es einen symbolisch aufgeladenen - und öffentlich ausgetragenen - Dissens innerhalb der rot-grünen Koalition. In beiden Fällen verhielt sich die Linke loyal zur SPD, was diese mit Gesten honorierte. Die Botschaft war offensichtlich: Auf die Linke kann man sich im Zweifelsfall verlassen, insbesondere wenn sich die Grünen gegenüber einem eher "bürgerlichen" Wählerpublikum profilieren wollen.

Bisher hatte sich die Partei mit der Frage der politischen Perspektiven schwer getan. In einem internen Papier hatte der Linken-Abgeordnete Klaus-Rainer Rupp im September die Frage aufgeworfen, ob die Partei in Bremen der SPD zu einer Mehrheit verhelfen wolle. Doch die Abgeordneten scheuten die Diskussion zu dem Zeitpunkt. "Alle Mitglieder der Partei Die Linke werden von uns aufgerufen, sich nicht zum jetzigen Zeitpunkt mit der Wahl und Koalitionsmöglichkeiten von 2011 in Bremen zu beschäftigen", erklärte der Fraktionsvorstand damals. Kurz zuvor hatte die Linke auf Intervention von Rupp in der ersten Lesung dem Bremer Haushalt 2010 zugestimmt - die Fraktionsführung relativierte dann aber später, das sei "aus Versehen" geschehen.

Spehr will das Abstimmungsverhalten seiner Partei in der letzten Bürgerschaftssitzung indes nicht taktisch verstanden wissen. "Es gibt die ganze Zeit auch Punkte der inhaltlichen Übereinstimmung", sagt er. Dies falle nur im Moment besonders auf, weil die Grünen derzeit "stärkere Signale der Eigenständigkeit" setzten.

Für ihn sei entscheidend, ob die Bremer SPD in ihrem Wahlprogramm an dem eingeschlagenen Sparkurs festhalten wolle. "Die Schuldenbremse ist unser Afghanistan", sagt Spehr, "der Punkt, an dem die Gegensätze wirklich hart sind." Die rot-grüne Selbstverpflichtung auf die Haushaltssanierung bis 2020 bedeute einen massiven Abbau bei den öffentlichen Leistungen - "das ist mit uns nicht kompatibel".

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