: Streit um Zensuren
Die Bildungsdeputation will nur einer von 26 antragsstellenden Grundschulen genehmigen, auf eine Notengebung zu verzichten
Bremen taz ■ Die Anträge von 26 Bremer Grundschulen, aus pädagogischen Gründen statt der klassischen Noten moderne Leistungsbeurteilungen an die Kinder geben zu dürfen, schmoren seit Monaten in den Schubladen der Bildungsbehörde. Das soll auch so bleiben – nur einen von den 26 Anträgen wird die Deputation am kommenden Donnerstag absegnen. Eine Begründung für die Auswahl gibt es nicht. „Vorklärungen“, so heißt es aus der Bildungsdeputation, hätten ergeben, dass nur für eine Schule – die Tami-Oelfken-Grundschule in Blumenthal – die Zustimmung der Deputation möglich sei. Der Hintergrund ist klar: Die CDU blockiert.
Die Bildungsbehörde würde gern mehr bewilligen und sieht pädagogisch nur Vorteile, das geht aus den Berichten an die Deputation hervor. Die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Anja Stahmann ist empört: „Die Anträge wurden mit viel Aufwand von den Schulen erstellt. Pädagogische Konzepte wurden erarbeitet und von den Schulkonferenzen beschlossen. Jetzt sollen die Anträge durch die Bank abgelehnt werden. So schürt man Politikverdrossenheit, statt das Engagement von Lehrern und Eltern zu honorieren. Ich fordere die Deputierten von SPD und CDU auf, alle Anträge zu genehmigen.“
Eine Umfrage der Bildungsbehörde bei den zehn Grundschulen, deren Anträge genehmigt worden waren, hat ergeben, dass sich Eltern und Lehrer von der differenzierten Lernentwicklungsdokumentation „eine positive Wirkung auf die Lernentwicklung der Schülerinnen und Schüler“ versprechen, weil die Kinder „dadurch eine klare Einschätzung ihrer Leistungen in der Schule erhalten“. Natürlich stellen die Leistungsbeurteilungen höhere Anforderungen an die Eltern. An so genannten Brennpunktschulen wird die Beobachtung gemacht, dass Eltern die ausführlichen Texte nicht lesen. An Schulen, an denen die Kinder Noten und Leistungsbeurteilungen bekommen, neigen Eltern dazu, sich ausschließlich an den Noten zu orientieren. Der Verzicht auf die schlichten Noten, so begründet die Schule Am Alten Postweg den Vorteil der Lernberichte, „zwingt zu einer Reflexion des Erreichten oder der Gründe für das Nicht-Erreichen“. Früher verstellte der Blick auf die Noten – und der damit verbundene Vergleichsdruck – häufig die Auseinandersetzung mit den Fähigkeiten der Kinder. Schlussfolgerung der Behörde aus den Erfahrungen an den Schulen: „Durch diese Form der Leistungsdokumentation wird die Primärmotivation der Schülerinnen und Schüler erkennbar verstärkt.“ Ein Grund für die Ablehnung der Mehrzahl der Anträge wird in dem Behördenbericht nicht genannt.
Die Bildungsgewerkschaft GEW hatte im vergangenen Schuljahr, als die Schulbehörde 30-seitige Beurteilungsbögen für jeden Schüler herausgegeben hatte, gegen diese Mehrarbeit und die Noten protestiert und „Notenstreiks“ angedroht. Die Beurteilungsbögen sind auf ein Drittel reduziert worden, die GEW zeigt sich nun zufrieden. Klaus Wolschner
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