111 Staaten beschließen: Angriffskriege ab 2017 vor Gericht

Für völkerrechtswidrige Angriffskriege Verantwortliche können ab 2017 vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt werden. Die UN-Veto-Mächte sorgten jedoch für Einschränkungen.

Hoch hinaus: Gebäude des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Bild: dpa

Für völkerrechtswidrige Angriffskriege verantwortliche politische und militärische Führer können frühestens ab 2017 vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) angeklagt werden. Das für "Kriegsverbrechen", "Völkermord" sowie für "Verbrechen gegen die Menschheit" bestehende Recht des IStGH-Chefanklägers, unabhängig vom UN-Sicherheitsrat entweder auf eigene Initiative oder auf Antrag eines Staats Strafverfahren einzuleiten, gilt für das Verbrechen des "Angriffskrieges" allerdings nur mit erheblichen Einschränkungen.

Diese Grundsatzentscheidung trafen die bislang 111 Mitgliedstaaten des IStGH auf der am Wochenende in Kampala beendeten ersten Überprüfungskonferenz zum 1998 in Rom verabschiedeten Statut des Gerichtshofs. Inkrafttreten soll diese Entscheidung frühestens 2017, wenn sie bis dahin in den Parlamenten von mindestens zwei Drittel der IStGH-Vertragsstaaten ratifiziert wurde.

Nach der in Kampala verabschiedeten Definition von "Angriffskrieg" fallen darunter alle militärischen Aggressionen gegen das Gebiet eines anderen Staats, die gegen das in der UN-Charta festgelegte Gewaltverbot verstoßen. Die dafür verantwortlichen Befehlsgeber können vom IStGH strafrechtlich belangt werden, nicht aber einfache Soldaten und Befehlsempfänger. Bevor der IStGH-Chefankläger ein Ermittlungsverfahren einleiten kann, muss zunächst der UN-Sicherheitsrat feststellen, dass eine völkerrechtswidrige Aggression vorliegt. Erst wenn der Rat eine derartige Feststellung innerhalb von sechs Monaten nicht trifft, kann der Chefankläger auf eigene Initiative oder auf Antrag eines Staats bei der Vorprüfungskammer des IStGH die Eröffnung eines Verfahrens beantragen und nach deren Zustimmung das Verfahren einleiten.

Diese Einschränkung der Unabhängigkeit des Chefanklägers wurde in Kampala von den ständigen und vetoberechtigten Mitgliedern des Rats, Großbritannien und Frankreich, durchgesetzt. Auch die USA, die, obwohl noch kein IStGH-Vertragsstaat, an der Konferenz teilnahmen, drängten massiv auf diese Einschränkung. Die drei Veto-Mächte setzten außerdem die Option durch, dass ein IStGH-Vertragsstaat die Jurisdiktion des Gerichtshofs für das Verbrechen des Angriffskriegs ausdrücklich nicht anerkennt und damit die eigenen Staatsbürger vor einer Strafverfolgung bewahren kann. Zudem darf der IStGH nur Ermittlungen wegen eines Angriffskriegs einleiten, wenn der angegriffene Staat auch Mitglied des IStGH ist.

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