Kolumne Rote Erde: Kickertisch fürs Bierzelt

"Kein Ding" wird Kgalabi Ghale genannt. Der polyglotte Afrikaner soll im DFB "Fan Village" in Pretoria vermitteln zwischen Bierbank, Kickertisch und Lager-Tristess.

Sie nennen ihn "Kein Ding". Kein Ding ist schwarz. Er heißt mit richtigem Namen Kgalabi Ghale. Er begrüßt mich mit dem südafrikanischen Handschlag. Die Hände verknoten sich, und kurz bevor sie sich lösen, werden die Daumen aneinandergerieben. Hinter Kgalabi hängt ein Transparent. "Woza Jeremane" steht darauf, in Deutsch: "Auf gehts, Deutschland!" Wir befinden uns im "German Fan Village", das dem Fanclub der DFB-Mannschaft als WM-Ferienlager dient.

Es ist ein geschützter Bereich auf dem Gelände der Universität von Pretoria. Das Bett im Einzelzimmer kostet 55 Euro. Festzelt und Bier kommen aus Deutschland, die Lagerinsassen auch. 4.000 Übernachtungen sind angeblich gebucht, 430 Leute sollen sich angemeldet haben für Trinkgelage und Stadionbesuche. Der gesamte Fanclub hat über 50.000 Mitglieder.

Kgalabi soll vermitteln, denn er ist polyglott. Als ein deutscher Glatzkopf den Afrikaner Kgalabi aus Tshwane ("Wir sind alle gleich"), wie Pretoria politisch korrekt heißt, auf Englisch fragte, ob er die Deutschen unterstützen könne, antwortete Kgalabi wie aus der Pistole geschossen: "Kein Ding." Der Glatzkopf hält es seitdem für eine gute Idee, Kgalabi Ghale "Kein Ding" zu nennen. Der Umgetaufte lächelt tapfer.

Er hat ein Schülerjahr in der Nähe von Bremen verbracht, ging dort aufs Gymnasium. Er konnte schon nach vier Monaten gut Deutsch, erzählt er stolz. Der Touristikstudent spricht schnell und fast akzentfrei, sechs der elf südafrikanischen Landessprachen überdies. Aber jetzt kann er sein Sprachtalent nicht demonstrieren, denn neben ihm redet der Glatzkopf davon, dass die Fans hier zwar ARD und ZDF schauen können, aber nicht während der Spiele: "Da bleibt der Bildschirm aus Rechtegründen schwarz." Man muss dann auf südafrikanisches TV im Bierzelt umschalten.

Kgalabi, 24, will sich in den Dienst der Deutschen stellen. Er hat zum Beispiel einen Kickertisch besorgt für die Fans, die noch etwas verloren auf Bierbänken sitzen. Einer von ihnen ist mit seinem Lastwagen von Bielefeld bis nach Pretoria gefahren. Drei Monate lang. Armin Hollensteiner hat viel gesehen, jetzt ist er angekommen in einem schmucklosen Fanpferch. Ob sich die lange Reise gelohnt hat? "Klar", antwortet Kgalabi stellvertretend für den Bielefelder. "Es zeigt doch, wozu der Fußball fähig ist."

Kgalabi glaubt fest daran, dass nach der WM vieles besser wird in Südafrika. "Es ist ja jetzt schon besser als vor zehn Jahren", sagt er. Den Wandel des Landes möchte der Mann, den sie Kein Ding nennen, aber lieber aus der Ferne studieren. Von Deutschland aus. "Da will ich hin", sagt er.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.