Ethos: Der Ruf der Affen

In der juristischen Auseinandersetzung um den Bremer Makakenforscher Andreas Kreiter wird es um Fragen von Ruhm und Ansehen gehen: Das Tierschutzgesetz fordert das.

Makaken-Affe in seinem Käfig in der Universität Bremen: An ihm und seinen Artgenossen dürfen nur Versuche durchgeführt werden, wenn die "angestrebten Ergebnisse von hervorragender Bedeutung sein werden". Bild: dpa

Je höher ein Affe steigt, desto mehr zeigt er seinen Arsch, sagt das Sprichwort. Und ein bisschen ist das auch so im Kampf der Bremer Landesregierung gegen die Makakenversuche des Neurowissenschaftlers Andreas Kreiter.

Nachdem Ende Mai das Verwaltungsgericht dem Forscher ein Recht auf Fortsetzung seiner Experimente zugestanden hatte (taz berichtete), bereiten momentan beide Seiten den nächsten Gerichts-Gang vor. Im Laufe der kommenden Woche muss die Gesundheitssenatorin ihre Berufung begründen.

Dabei wird es wohl auch um Fragen des Ansehens gehen, sprich: darum, das Ethos des Gegners zu beschädigen. So hatte die Behörde schon in der ersten Instanz darauf hingewiesen, dass Kreiters Forschungen zwar "von erheblicher, nicht aber von hervorragender Bedeutung" seien. Was sich anhört, wie eine spitzfindige Nickeligkeit ist ein juristisch ernstzunehmendes Argument. Denn das Tierschutzgesetz folgt der Logik: Je höher der wissenschaftliche Rang, desto größer die tolerierbaren Leiden. Experimente wie die Kreiters, heißt es im Tierversuchs-Paragrafen "dürfen nur durchgeführt werden, wenn die angestrebten Ergebnisse von hervorragender Bedeutung sein werden".

Klingt knifflig, weil die Bedeutung eines erwarteten Ergebnisses ja unklar bleibt. Ist aber halb so wild: Sie lässt sich abschätzen - durchs Ethos, also den Ruf des Forschers. Und ganz so butterweich, wie sich das anhört, ist dieser Faktor nicht. Als ein Indikator gelten beispielsweise möglichst hohe Subventionen durch möglichst anerkannte Stellen. Und mit die beste Adresse ist da das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Folgerichtig wird die Uni nicht müde, zu suggerieren: Kreiters Makaken-Tests würden vom BMBF gefördert - etwa auf der Homepage seines Instituts für Hirnforschung - ja sogar von Berlin und der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) "mit mehreren Millionen Euro unterstützt", wie die Broschüre "Vertrauen in Forschung" behauptet, die an anderer Stelle die Summe von "2,3 Millionen Euro" nennt.

In Berlin ist man erstaunt darüber: Denn das Institut für Hirnforschung "wird in der Projektförderdatenbank des BMBF nicht aufgeführt", so ein Ministeriums-Sprecher. Bezuschusst wird allerdings ein Vorhaben des Neurophysikers Klaus Pawelzik - ein kabellos steuerbarer Stimulator für die Großhirnrinde, und der soll, wenn ein Prototyp vorliegt, an den Bremer Affen erprobt werden. Wieder völlig jenseits der Realität liegt die von der Uni genannte Summe. Bis 2012 sollen für dieses Projekt 1.208.366 Euro nach Bremen überwiesen werden.

Wohlgemerkt, auch das ist gar kein schlechter Wert - vor allem gerade, wenn man ihn mit dem von Kreiters Arbeitsgruppe vergleicht: Der hat die DFG von 2006 bis 2009 gerade noch 229.366 Euro zugestanden. Neuere Einträge gibts für sie in der Drittmittel-Datenbank des Zentrums für Kognitionswissenschaften bislang nicht.

Aber Geld wird vielleicht überbewertet: Aufmerksamkeit ist schließlich die Währung, in der wissenschaftlicher Ruhm sich auszahlt. Und Aufsehen hat Kreiters Fall in den Medien erregt: Zeit, FAZ und Süddeutsche haben ihn als Helden und Märtyrer seiner Zunft dargestellt. Allerdings ist Publikumspresse für den wissenschaftlichen Rang unerheblich: Maßstab sind die eigenen Fachpublikationen, wo sie erschienen sind, und wie häufig sie zitiert werden.

Diese bibliometrischen Werte lassen sich auf unterschiedliche Weise auswerten, um die Bedeutung von Forschungsleistung zu objektivieren. Zu den avancierteren Verfahren gehört dabei der h-Index, den der Physiker Joge E. Hirsch 2005 entwickelt hat. Die DFG beispielsweise hat ihn genutzt, um ihr neues Transregio-Programm zu evaluieren und mit klassischen Förderinstrumenten zu vergleichen. Zufrieden war man, weil man bei der Hälfte der Projektleiter einen h-Index von 14 festgestellt hatte.

Natürlich hat auch Kreiter in den vergangenen zehn Jahren einen h-Index erwirtschaftet: Andere in Deutschland mit derselben Methode zum selben Thema forschende Neurobiologen kommen auf einen h-Wert von 25, Kreiters liegt bei fünf. Ein Totalausfall ist das nicht - aber offenbar auch nicht herausragend.

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