Pressefreiheit in Südafrika: Rückfall in dunkle Zeiten
Die Regierung schlägt zurück: 16 Jahre nach dem Ende des Apartheidsregimes will Südafrikas Regierungspartei ANC die Medienregulierung reformieren - zu ihren Gunsten.
JOHANNESBURG taz | Südafrikas Journalisten hatten in letzter Zeit als Wächter über die Politiker ihres Landes gut zu tun, veröffentlichten sie doch einige Korruptionsvorwürfe gegen Mitglieder der Regierungspartei ANC. Jetzt schlägt die Regierung zurück: Ein dem Parlament unterstehendes Medientribunal soll anstelle der bisherigen, von der Medienindustrie selbst kontrollierten Beschwerdestelle künftig die Presse regulieren und Journalisten einschüchtern. Die Opposition und unabhängige Stimmen kritisieren den Entwurf eines neuen Informationsgesetzes einhellig. Zusätzlich aufgeheizt wurde die Stimmung im Land durch die Festnahme eines Journalisten wegen angeblichen Betrugs.
In- und ausländische Journalisten sind gleichermaßen besorgt. "Nach unserer Ansicht besteht ein vorsätzlicher Versuch der Regierungspartei, durch die beabsichtigte Gesetzesvorlage die Möglichkeiten von Journalisten zu beschneiden, die Regierung zur Verantwortung zu ziehen", schreibt die Interessenvertretung Foreign Correspondents Association Board in einer Stellungnahme. Der Verhaftung des Journalisten Mzilikazi Wa Afrika ohne Anklage und ohne offensichtliches Vergehen "erinnert auf gespenstische Weise an das, was wir aus Simbabwe und anderen Ländern mit einer Tradition im Einschüchtern von Journalisten kennen".
Der südafrikanische Journalistenverband Sanef kritisiert die Einrichtung des Medientribunals ebenfalls, es stehe dem Prinzip der Selbstregulierung der Medien entgegen und sei verfassungswidrig. Das Tribunal kann die Entscheidungen eines Presse-Ombudsmanns im Parlament widerrufen. Das neue Informationsgesetz erlaubt es, Dokumente schädlich für die nationalen Interessen einzustufen und unter Verschluss zu halten. Ohne unabhängige Prüfung. Das letzte Wort hat also der Staat. Die Verhaftung Wa Afrikas vergleicht Sanef mit den Methoden des früheren Apartheidstaates. Die Polizei hatte jede Information über den Grund und das Verbleiben des Kollegen gegenüber seinem Arbeitgeber, der Sunday Times, verweigert.
Inzwischen wurde Wa Afrika gegen Kaution freigelassen, sein Prozess beginnt im November. Der Vorwurf: Er war angeblich in Besitz eines gefälschten Briefes an Präsident Jakob Zuma, der die Kündigung von David Mabuza, Premier der Provinz Mpumalanga, enthält. Der Politiker Mabuza habe Anklage wegen Betrugs erhoben. Wa Afrika: "Beim Verhör wollten sie wissen, wer die großen Politiker sind, mit denen ich hinter den Kulissen zusammenarbeite. Daraus schließe ich, dass die Polizei von Politikern geschickt wurde, um mich zu schikanieren."
"Wenn man diese Verhaftung im Kontext des geplanten Medientribunals im Parlament sieht, das den regierenden ANC begünstigt, ist das ein weiteres besorgniserregendes Zeichen dafür, dass der ANC seinen Angriff auf die Medienfreiheit verstärkt", ärgert sich Patricia de Lille, Chefin der Partei Independent Democrats. Im September sollen die neuen Gesetzesentwürfe auf einer Konferenz diskutiert werden.
Dass das Tribunal kommt, darüber gibt es für Julius Malema, Präsident der ANC-Jugendliga, keine Diskussion. "Diese Leute sind gefährlich, sie schreiben Gerüchte und präsentieren sie als Fakten", sagte Malema. Die Medien müssten reguliert werden, denn sie denken, sie seien unberührbar. ANC-Sprecher Jackson Mthembu drohte mit Gefängnisstrafen für Journalisten, deren Berichte sich als falsch erweisen. Ironischerweise sagt der ANC öffentlich aber auch, die Regierung habe die Verantwortung, den Mediensektor zu ermutigen, bessere Arbeit zu leisten und mehr Professionalität und Unabhängigkeit zu zeigen.
Auch der südafrikanische Juristenverband Law Society ist über den Gesetzentwurf und das Medientribunal äußerst besorgt. Obwohl der Staat das Recht habe, Informationen zu schützen, sollten Gesetze so zugeschnitten werden, dass Journalisten bei der Aufdeckung von Nepotismus, Korruption und Misswirtschaft in einer Demokratie nicht behindert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen