Kommentar Anlegerschutz: Vorbild Imbissbude
Mit dem neuen Anlegerschutzgesetz wird das eigentliche Problem nicht behoben: Weite Bereiche des Kapitalmarktes bleiben unreguliert.
W er eine Bratwurst kauft, kann erwarten, dass in der Pelle Fleisch steckt und dass das frei von Salmonellen ist. Er muss selbst kein Metzger und kein Fachmann für chemische Zusatzstoffe sein, sondern kann sich im Zweifel auf die staatliche Lebensmittelkontrolle verlassen. Wer aber Geld anlegen will und sich nicht mit dem Sparbuch begnügt, sollte besser Finanzwissenschaften studiert haben, um die angebotenen Anlageprodukte zu verstehen - und er sollte sich auch in juristischen Fragen auskennen, denn die gängigen Rechtsschutzversicherungen klammern Probleme mit Kapitalanlagen aus.
Beate Willms ist Redakteurin im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.
Mit dem neuen Anlegerschutzgesetz, über das die Bundesregierung derzeit streitet, wird das Problem nicht behoben, denn weite Bereiche des Kapitalmarktes bleiben unreguliert. Es fehlt der Ausbau einer unabhängigen Beratung. Zudem wird sich weiterhin niemand darauf verlassen können, dass er seine Rechte im Streitfall auch durchsetzen kann. Wirklich helfen würde nur, wenn der Schutz von privaten Kleinanlegern zu den Kernaufgaben einer Finanzaufsicht gemacht würde, die selbstständig agiert und überprüft, ob alle Regeln auch eingehalten werden - so, wie es bei Imbissen und Restaurants die Lebensmittelkontrolle macht.
An so etwas denkt die Bundesregierung jedoch nicht - und die öffentliche Empörung darüber bleibt aus. Bei vielen Menschen herrscht offenbar die Meinung vor: Wer auf fette Rendite schielt, muss sich eben ordentlich informieren. Dabei sind Geldanlagen kein Luxusproblem von Bessergestellten: Auch Gering- und Normalverdiener müssen sich um Riesterrenten kümmern, ihre Altersvorsorge organisieren oder wollen ihr bisschen Geld einfach vernünftig investieren, ohne große Risiken einzugehen.
Geraten verdorbene Lebensmittel in den Handel, ist der öffentliche Skandal groß. Wenn dagegen Geldanlagen platzen, stehen am Ende nur die Betroffenen als die Dummen da. Das darf der Staat nicht weiter zulassen.
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