Schutz der Pressefreiheit: Gesetz gegen Justizsumpf
Das Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit war längst überfällig. Wo sich aber eine willfährige Justiz findet, nützen den Redaktionen auch keine Schutzgesetze.
W er den Titel "Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit" liest, wird sich an sozialistischen Politbürotalk erinnert fühlen. Der Inhalt macht aber Sinn: Journalisten sollen künftig nicht mehr wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat verfolgt werden können, wenn sie ihnen zugespielte Dienstgeheimnisse veröffentlichen.
Damit zieht die Bundesregierung Konsequenzen aus dem Cicero-Urteil des Bundesverfassungsgerichts - und schiebt der gern geübten Praxis von Behörden, auf dem Umweg über die Redaktionen nach undichten Stellen in den eigenen Reihen zu suchen, den längst überfälligen Riegel vor. Auch das Recherchematerial von Journalisten wird künftig besser vor Beschlagnahme geschützt.
So weit die gute Nachricht - auch wenn man sich fragen muss, warum es so lange gedauert hat und es erst eines Richterspruchs aus Karlsruhe bedurfte, um einen schon seit Jahren kritisierten Rechtspassus zu reformieren. Übrigens hat die Schnüffelei bei Journalisten und in Redaktionen den Behörden in keinem Fall bei der Suche nach den Lecks im eigenen Apparat geholfen. Dafür blieb immer der Verdacht, hier werde das Strafrecht missbraucht, um missliebige Recherchen zu erschweren und Rechercheure einzuschüchtern.
Steffen Grimberg ist Medienredakteur bei der taz.
Wie leicht das allen ehrenwerten Gesetzesvorhaben zum Trotz immer noch geht, zeigt der aktuelle Fall um den "Sachsensumpf" in Dresden. Hier werden zwei freie Journalisten per Strafrecht belangt, weil sie in ihren Artikeln berechtigte Fragen über die Rolle von Justiz und Ermittlern im sächsischen Rotlichtmilieu gestellt haben. Obwohl die erste Instanz gegen die Journalisten urteilte, hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, weil ihr das Urteil zu lasch ist. Wo sich eine willfährige Justiz findet, nützen der Pressefreiheit eben auch keine Schutzgesetze.
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