piwik no script img

ABWASSERDas doppelte Geschäft

Durch eine "gesplittete Abwassergebühr" soll die Belastung von Privathaushalten reduziert werden. Firmen wie Inbev wollen hingegen zwei Mal "abkassieren", sagt Verdi

Wer schaut am Ende des Abwasserstreits in die Röhre? Bild: DPA

In den 90er Jahren haben Großbetriebe die Privatisierung der Abwasser-Entsorgung gefordert, nun jammern sie über die hohen Preise - so sieht es die Gewerkschaft Ver.di. Sie antwortet damit auf einem Brief, mit dem das Mercedes-Werk, die Brauerei Becks (Inbev), Kelloggs und Kraft Foods beim Senat die Senkung der Abwassergebühren um den Mehrwertsteuersatz für Unternehmen angemahnt haben.

Die Koalition hatte diese Preissenkung für Unternehmen durch die Ausweisung von Mehrwertsteuer in den Rechnungen in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt. Nun bestehen zwar erhebliche Bedenken, weil eine kartellrechtliche Prüfung der hohen Bremer Preise droht, wenn die Rechnungen von einer privatrechtlich organisierten, aber kommunalen GmbH verschickt werden. Der Senat will mit dem Bundeskartellamt die Risiken einer Preisüberprüfung in einem Gespräch erörtern - besonders konkret pflegt das Amt in solchen Vorgesprächen allerdings nicht zu werden, sagt der Sprecher des Kartellamtes.

Klar ist: Wenn es zu einer Preissenkung kommen würde - in Hessen gibt es dafür einen Präzedenzfall - dann muss nicht Hansewasser sparen, sondern der Bremer Senat muss die Differenz aus Steuermitteln erstatten. Denn die Abwasser-Firma Hansewasser hat jegliche Übernahme von kartellrechtlichen Risiken abgelehnt. Das Kartellamt prüft derzeit die Berliner Abwasser-Preise. Erst aus dem Ergebnis werden sich konkretere Hinweise für Bremen ableiten lassen.

In Berlin kostet das Abwasser für eine Musterfamilie derzeit 673 Euro im Jahr, in Bremen immerhin 581 Euro. Am preisgünstigsten ist Karlsruhe mit 226 Euro, Frankfurt liegt bei 355 Euro. In dem Berliner Prüf-Verfahren hat das Kartellamt andere Wasserversorger um Angaben zu ihrer jeweiligen Preiskalkulation gebeten - die Berliner Wasserwerke müssen ihren hohen Preis am Ende in diesem Vergleich rechtfertigen.

Ein großes Preisrisiko: Die Abschreibungen für die Kanal-Anlagen werden in Bremen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert berechnet und gehen in Gebühren ein - das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen aber hat dieses Modell als rechtswidrig abgelehnt. Es erklärte, die Kommune verschaffe sich damit einen unsachgemäßen Vorteil; es handele sich de facto um eine "Sonderabgabe zur Haushaltssanierung". Dies ist aber nur einer der Hintergründe für die in Bremen besonders hohen Abwasser-Abgaben. Bremen droht dasselbe Verfahren, wenn die Abwasser-Rechnungen von einer GmbH mit ausgewiesener Mehrwertsteuer verschickt werden.

Das wollen SPD und Grüne vermeiden und verweisen darauf, dass Bremen im kommenden Jahr wie andere Großstädte eine "gesplittete Abwassergebühr" einführen wird. Bisher wurde die Regenwasser-Entsorgung mit der Schmutzwasser-Entsorgung bezahlt, und diese richtete sich nach dem Verbrauch von Frischwasser. Wenn eine Brauerei wie Inbev viel Wasser verbraucht, musste sie also viel auch zur Regenwasser-Entsorgung bezahlen. Speditionen ohne besonderen Wasserverbrauch mit großen versiegelten Parkplätzen zahlten für ihre Regenwasser-Entsorgung nichts.

Inbev würde durch die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr rund eine Millionen Euro einsparen, sagt die Gewerkschaft Ver.di und kritisiert, dass das Unternehmen nun auch noch durch die Mehrwertsteuer-Ausweisung sparen will: "Hier soll also zweimal abkassiert werden." Bezahlt werden müssten die Ersparnisse der großen Wasser-Verbraucher durch die Unternehmen, die große versiegelte Flächen haben - Einkaufszentren und Transport-Firmen etwa.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!