piwik no script img

Streit um BBI-Flugrouten"Ein Schutzschild für die Zehlendorfer"

Statt die Flugrouten zu verändern, sollte man über ein Steilabflugverfahren und ein Nachtflugverbot nachdenken, sagt der Anwalt des Bürgervereins Berlin-Brandenburg, Frank Boermann.

Am liebsten wäre den Anwohnern nun ein Flughafen weit weg von ihrem Haus. Bild: dpa, Patrick Seeger
Interview von Plutonia Plarre

taz: Herr Boermann, die Berliner und Brandenburger Ministerien haben sich in den Streit um die Flugrouten eingemischt. Was sagen Sie dazu?

Frank Boermann: Das ist völlig unmöglich. Die Deutsche Flugsicherung legt die Routen nicht nach Lust und Laune fest. In welchem Winkel Flugzeuge abzuknicken haben, ist eine klassische Sicherheitsfrage. Da kann die Politik nicht anfangen, darauf Einfluss zu nehmen.

Die Politik reagiert, weil Anwohner im Südwesten Berlins und im benachbarten Brandenburg protestieren. Sind die Menschen im Osten, die schon lange gegen den Ausbau von Schönfeld klagen, weniger wert?

Ich hoffe nicht. Aber es ist schon bemerkenswert, wie gering die Resonanz war, als die Anwohner von Bohnsdorf, Müggelheim, Schmöckwitz, Mahlow, Blankenfelde und Eichwalde protestiert haben. Tausende von Berlinern und Brandenburgern sind dort betroffen. Im Unterschied zu den Zehlendorfern und Kleinmachnowern werden sie unter dem Flugbetrieb wirklich leiden.

Was würde es für die Bohnsdorfer und Müggelheimer heißen, wenn die Flugrouten geändert würden?

Meine Mandanten würden sich überlegen, ob sie sich das bieten lassen. Denn wenn die Routen geändert werden, würde es für sie noch lauter. Selbst bei abknickenden Flugrouten sind sie ungleich viel stärker betroffen als die Anwohner im Südwesten. Dort sind die Flugzeuge hunderte Meter höher.

Wofür könnten die Betroffenen gemeinsam kämpfen?

Der Bürgerverein Berlin-Brandenburg (BVBB) hat ein Klageverfahren gegen die Nachtflugzeiten angestrengt. Jede Einschränkung, die wir erzielen, kommt den Betroffenen im Südwesten zu Gute. Das gilt auch für die Schallschutzmaßnahmen. Um fast alles müssen wir mit der Flughafengesellschaft kämpfen. Das ist eine ganz harte, bürgerunfreundliche Auseinandersetzung. Sogesehen sind die Blankenfelder und Mahlower auch ein Schutzschild für die Zehlendorfer und Kleinmachnower.

Wie könnte man den Fluglärm noch minimieren?

Man könnte über ein Steilabflugverfahren nachdenken. Das heißt, die Flugzeuge starten mit einem größeren Winkel und gewinnen schneller an Höhe. Je höher, um so geringer die Lärmbelastung. Die Höhe macht die Musik. Allerdings gibt es ein Problem.

Und das wäre?

Die Deutsche Flugsicherung lässt bei den Starts Landungen aus der Gegenrichtung zu. Deshalb dürfen startende Flugzeuge über Berlin eine gewisse Höhe nicht übersteigen. Die landenden Flugzeuge bilden gewissermaßen einen Deckel.

Demnach würde von einem Steilabflugverfahren hauptsächlich der Osten profitieren?

Richtig. Aber der BVBB hat ein Konzept vorgelegt, in dem Berlin weitgehend umflogen wird.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!