Neues von Apple: Mac mit umzäuntem Garten
Steve Jobs überträgt das erfolgreiche und viel kritisierte Modell seines App Store auch auf Apples Rechner. Ganz dicht gemacht wird der Mac aber nicht.
Schon vor der Keynote waren Neuigkeiten und erstaunlich genaue Vorabgerüchte breit gestreut, und doch kam es bei Apples Produktvorstellung am Mittwoch im kalifornischen Cupertino, wie es kommen musste. Nicht nur in der Gadget-Szene sorgten eine neue, einfach zu bedienende Multimedia-Software ("iLife '11") und neue Klein-Laptops ("MacBook Air") für zahllose aufgeregte Berichte und Tweets.
Die erste Überraschung der wie gewohnt von Firmenchef Steve Jobs geleiteten Presseveranstaltung war etwas anderes: Eine neue Version des Apple-Betriebssystems Mac OS X. Dabei stellt sich die Frage: wie diese Kernsoftware künftig die Rechnernutzung verändern könnte. Die Version heißt "Lion" (Löwe) - Apple nennt alle seine Betriebssysteme nach Großkatzen -, oder schlichter Mac OS 10.7 und soll im nächsten Sommer auf den Markt kommen.
Man habe von seinen tragbaren Geräten iPhone und iPad gelernt, betonte Jobs, und wolle die Erkenntnisse nun "zurück zum Mac" holen - "Back to the Mac" hieß auch die Veranstaltung. Das klingt zunächst einmal gut, gelten die mit Touchscreen ausgestatteten Smartphones und Tablett-Computer als sehr bedienerfreundlich und für Technikneulinge geeignet, während so mancher PC erst einmal eine Einführung benötigt.
Macs mit berührungsempfindlichen Bildschirmen werde es zwar nicht geben, so Jobs, weil dies zu Armkrämpfen führen könne, doch einzelne Elemente des iPhone- und iPad-Betriebssystems iOS will Apple übernehmen. Dazu gehört beispielsweise ein neuer Vollbildmodus oder das automatische Speichern von offenen Programmen, so dass man stets wieder da landet, wo man war. Auch optisch, beispielsweise bei der Software-Übersicht, bekommt Lion eine iOS-Lackierung.
Die zweite Überraschung besteht in dem Plan, auch auf dem Mac einen eigenen Software-Gemischtladen anzubieten. Die Regeln sind die gleichen wie beim App Store für iPhone und iPad. Damit kommt auch Apples umzäunter Garten sowie der Streit darum auf den Mac. Der Konzern schaut sich jedes einzelne Programm an, nimmt es ins Angebot auf oder lehnt es ohne Angabe von Gründen ab, vertreibt es dann und bekommt 30 Prozent vom Umsatz.
Apple hat bereits erste Vorgaben gemacht, wie sich Programmierer zu verhalten haben, die in den Mac App Store wollen. Demnach sind Programme verboten, die Apples Software zu ähnlich sehen, Pornografie ebenso und merkwürdigerweise auch "Anwendungen, die ortsbasierter Programmierschnittstellen zur Kontrolle von Fahrzeugen, Flugzeugen und anderen Geräten nutzen". Außerdem mag Apple u.a. keine Spiele, die auf bestimmte "Feinde" ("Rassen, Kulturen, eine echte Regierung oder Firma")zielen. Keinesfalls soll auch die Original-Benutzerschnittstelle des Mac verändert werden - dabei sind gerade solche Änderungen, die zu neuen Anwendungen führen, unter OS X-Fans bislang beliebt.
Immerhin will Apple den Mac App Store, der bereits in 90 Tagen starten soll, zunächst nicht zur Pflicht machen. Es soll, so Jobs, weiterhin andere Installationsmöglichkeiten für Software geben. "Wir glauben aber, dass unsere Lösung die beste ist." Tatsächlich könnte es, weil der Store für Anwender so leicht zu benutzen ist, schnell eine starke Wanderbewegung in Richtung der geschlossenen Vertriebsplattform geben, die Apple selbst gerne "integriert" nennt.
Neben Lion gab es beim Termin in Cupertino auch "iLife '11" zu sehen. Die jedem neuen Mac beiliegende Software (sonst 49 Dollar) bietet ein verbessertes Schnittprogramm, das aus Heimvideos Mini-Kinofilme baut, eine um Lernelemente erweiterte Musiksoftware und eine um diverse Social-Networking-Funktionen ergänzte Fotobibliothek.
An Hardware zeigte Jobs zwei Versionen des Dünn-Laptops MacBook Air, darunter auch erstmals eins mit 11-Zoll-Bilddiagonale, das den bislang kompaktesten tragbaren Mac darstellt. Die ab 1.000 Euro angebotenen Rechner besitzen keine Festplatte mehr, sondern ein Flash-Speicher-Element. Es erlaubt eine lange Laufzeit von bis zu 9 Stunden (Standby: 30 Tage) und einen schnelleren Zugriff auf Daten, hat aber den Nachteil, dass es mit maximal 256 Gigabyte wenig Inhalt fasst. Auch die recht kleinen Prozessoren sind vor allem auf lange Laufzeit ausgelegt. Das teuerste MacBook Air kostet 1600 Euro.
Ebenfalls neu ist eine Computerversion der Apple-Videotelefonie-Lösung "Facetime", die es bislang nur für iPhone 4 und den iPod touch der neuesten Generation gab. Damit sind kostenlose Bildanrufe zwischen den Geräten möglich, eine Windows-Variante fehlt bislang.
Kaum mehr als 24 Stunden vor der Keynote hatte Apple seine aktuellen Geschäftszahlen bekannt gegeben. Im vierten Geschäftsquartal stieg der Gewinn auf unterm Strich 4,3 Milliarden Dollar (3,1 Milliarden Euro). Das sind 70 Prozent mehr als im bereits guten Vorjahreszeitraum. Damit ist Apple das profitabelste Technologieunternehmen nach Microsoft. Der Umsatz schnellte im fast gleichen Tempo auf 20,3 Milliarden Dollar hoch.
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