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Künast präsentiert sich Im Museum für KommunikationRenate in der Gerüchteküche

Ausgerechnet in der Gerüchte-Ausstellung im Museum für Kommunikation will Renate Künast in zwei Wochen ihre Kandidatur offiziell bekannt geben. Es ist der perfekte Ort dafür

Das ist nicht die grüne Spitzenkandidatin, sondern Fama, die Göttin des Gerüchtes Bild: Museum für Kommunikation Berlin

Am Donnerstagvormittag gehört das Museum für Kommunikation den Kindern. Ganze Schulklassen flitzen um die Roboter im ehrwürdigen Lichthof herum, bestaunen Rohrpostsysteme und bevölkern die PCs mit Internetzugang im zweiten Stock. Wenn sich am 5. November der Berliner Landesverband der Grünen im Lichthof versammelt, werden keine Kinder und Roboter da sein. Dafür aber jede Menge Gerüchte: Im zweiten Stock des Museums an der Leipziger Straße findet derzeit eine Ausstellung genau zu diesem Thema statt. Der perfekte Rahmen für die offizielle Bekanntgabe einer Spitzenkandidatur, die lange eben nur dies war, bis sie am Mittwoch dann halboffiziell wurde. Und eine süffisante Idee der Parteispitze, dem Gerüchtedruck der Medien da zu begegnen, wo die Göttin "Fama" mit ihren tausend Augen und Flügelstiefeln lauert.

Alles nur Zufall, wiegelt das Museum ab. "Die Anfrage der Grünen kam schon in der ersten Septemberhälfte, lange vor der Eröffnung der Ausstellung am 1. Oktober", sagt Museumssprecher Gregor Isenbort. Von Gerüchten sei bei den Vermietungsgesprächen keine Rede gewesen, es habe sich um eine ganz normale Mietanfrage gehandelt. Isenbort zufolge vermietet das Museum den prachtvollen Lichthof regelmäßig an Firmen, Verbände und Parteien. Bis zu 400 Personen haben dort Platz, für das Catering sorgt bei Bedarf die hauseigene Sarah-Wiener-Filiale. Auch die Grünen hätten ein Catering bestellt, Näheres, etwa ein Ablaufplan, sei bislang nicht bekannt.

Ob Renate Künast sich schon vor Ort umgesehen hat, konnte der Museumssprecher nicht sagen. Ein Besuch der Gerüchteküche im zweiten Stock würde sich für die Grüne aber durchaus lohnen. Schon allein der Sprichwörtersammlung wegen: "Einen kochenden Topf kannst du zum Stillstand bringen, aber nicht das Gerücht im Dorf", sagt der indische Volksmund. Der japanische hingegen tröstet: "Das Gerede der Leute dauert nur 75 Tage." Warum im Fall der Vielleicht-OB-Kandidatin das Gewispere so langlebig war, könnte die Wichtigkeit des Gerüchts für die moderne Mediengesellschaft erklären. Auf einer himmelblauen Wand schreiben die Ausstellungsmacher: "Gerüchte kursieren in der Politik, in Parteien und im Parlamentssaal und es gibt kaum ein Medium, das nicht von Gerüchten lebt."

In zwei großen Räumen wird ein Panoptikum des Geraunes, Klatschens und der üblen Nachrede ausgebreitet. Ein Gerüchtebaum aus grünen Bretten zeigt, welch zerstörerische Wirkung bloßes Hörensagen entfalten kann: Ein Hörstück informiert über die Protokolle der Weisen von Zion, die ein angebliches jüdisches Weltherrschaftsstreben belegen sollten. Die Protokolle waren eine Erfindung - ebenso wie die "Hexenprotokolle", die man im Mittelalter Frauen unterschob. Beide führten zur Verfolgung und Ermordung vieler Menschen. Vom Mobbing unter Möwen bis zu den Ränken am Hofe Augusts des Starken reichen die Beispiele. Skurril ist das "Mentholzigaretten-Komplott", mit dem die SED-Parteizeitung Neues Deutschland noch im September 89 der Ausreisewelle begegnen wollte. Westliche Agenten hätten scharenweise DDR-Bürger mithilfe drogenpräparierter Glimmstängel in den Westen befördert, wo sie samt Taschen und Papieren erwachten - voller Heimweh, versteht sich.

Zum kräftigen Mit-Ventilieren lädt eine "Gerüchte-Zentrale" in Form einer Guckkastenbühne ein. Per Kamera gibt der Gerüchteküchenchef - ein Mitarbeiter des Museums - das Neueste zur Künast-Frage kund: "Haben Sie schon gehört, dass Künast die gesamte Innenstadt begrünen und Autoverkehr verbieten will?" Sein Telefon klingelt. Er wisse "aus zuverlässiger Quelle", dass Künast noch am selben Tag die Ausstellung besichtigen werde. Wenn das stimmen sollte, kann die Kandidatin in spe sich schon mal eine Weisheit aus dem Sprüchearchiv notieren: "Einmal in der Leute Mund, kommt man schwer wieder heraus", sagt der deutsche Volksmund. Für Politiker ist es immer gut zu wissen, was die Wähler denken.

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