Ergebnisse der UN-Artenschutzkonferenz: Pharmafirmen sollen zahlen
Mehr geschützte Naturräume: Die UN-Konferenz in Nagoya hat sich auf ein 20-Punkte-Programm zum Erhalt der Biodiversität geeinigt. Es ist auch ein Signal gegen Biopiraterie.
Umweltschützer nannten es "eine starke Botschaft", einen "ambitionierten Rettungsplan" oder zumindest einen "wichtigen Schritt": In der Nacht zum Samstag einigten sich die Teilnehmer der UN-Artenschutzkonferenz im japanischen Nagoya auf ein 20-Punkte-Programm zur Sicherung der biologischen Vielfalt, den "Strategischen Plan 2010", und das "Nagoya-Protokoll über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die gerechte Verteilung der Gewinne aus deren Nutzung". An den Verhandlungen nahmen Vertreter von 193 Ländern teil. Nicht dabei waren die USA, die die UN-Biodiversitäts-Konvention nie ratifiziert haben.
Vor allem der brasilianische Präsident Lula da Silva hatte in den Verhandlungen heftig gegen die "Biopiraterie" gekämpft, die unentgeltliche Nutzung von genetischen Ressourcen. Wer in Zukunft das Erbgut einer Pflanze oder eines Tieres nutzt, um Medikamente oder Kosmetika herzustellen, muss die Herkunftsländer an den Gewinnen beteiligen. Davon profitiert insbesondere Brasilien, das die wohl größte Artenvielfalt hat. Im Gegenzug müssen die Pharma-Multis in den Industriestaaten nicht länger fürchten, auch dafür zahlen zu müssen, dass sie Pflanzen und Tiere in der Vergangenheit bereits genutzt haben.
Dank dieses Durchbruchs kam dann Bewegung in den eigentlichen Kern der Verhandlungen, den Schutz der Artenvielfalt. Um halb zwei am Samstagmorgen war es so weit: Der Ausgleich zwischen den Interessen der Industrie- und der Entwicklungsländer war geglückt. Weltweit sollen 17 (heute 13 Prozent) Prozent der Land- und 10 Prozent der Meeresfläche (heute 1,3 Prozent) unter Schutz gestellt werden. Außerdem sollen bis 2020 die Überfischung der Meere gestoppt und umweltschädliche Subventionen abgeschafft werden. Und schließlich haben die 193 Länder beschlossen, den ökonomischen Wert der Natur in ihre nationalen Buchhaltungen aufzunehmen. Wie das Bruttoinlandsprodukt wird dadurch auch der Gewinn oder Verlust an Umweltkapital Eingang in politische Entscheidungen finden.
Ungeklärt blieb allerdings die Frage, von wem und wie die Naturschutzmaßnahmen finanziert werden sollen. Brasilien hatte ursprünglich gefordert, dass die Industriestaaten ab 2020 jährlich 200 Milliarden Dollar in den Artenschutz investieren. Fast hundertmal so viel wie heute. Nun soll erst der genaue Finanzbedarf ermittelt und dann bis 2012 das nötige Geld für die Umsetzung des Planes gefunden werden.
Ein WWF-Vertreter meinte denn auch: "Wir sind enttäuscht, dass die Industrieländer mit leeren Taschen gekommen sind." Die französische Umweltministerin Chantal Jouanno hält es dagegen nicht für unmöglich, das Geld aufzutreiben: "Es können nicht nur öffentliche Gelder sein." Da die erforderlichen Summen so riesig seien, müssten auch private Gelder her: "Nach dem Motto: ,Du machst Profite mit der Artenvielfalt? Dann ist es logisch, dass diese Profite auch wieder der Artenvielfalt zugutekommen.'"
Ähnlich optimistisch äußert sich der WWF-Chef Jim Leape: "Dieses Abkommen bestätigt das fundamentale Bedürfnis, die Natur zu schützen als Grundlage sowohl unserer Wirtschaft als auch unserer Gesellschaft." Greenpeace erinnerte allerdings daran, dass die in der Vergangenheit gesetzten Artenschutzziele schon nicht eingehalten worden seien, das sei "beschämend".
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