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Anschlag in der TürkeiPKK will's nicht gewesen sein

Nach dem Selbstmordanschlag in Istanbul mit 32 Verletzten erklärt die PKK erneut den Waffenstillstand und fordert die Einstellung der türkischen Militärinterventionen.

Absperrungen auf dem Taksimplatz in Istanbul am Sonntag. Bild: Hurriyet/AP/dapd

ISTANBUL taz | In der Türkei ist es am Montag nach dem Attentat auf dem Istanbuler Taksim-Platz zu einer überraschenden Wende gekommen. Die als Auftraggeber des Attentats verdächtigte kurdische Guerilla PKK kündigte am Nachmittag an, sie werde ihren einseitigen Waffenstillstand bis Juni 2011 verlängern. Der Verdacht gegen die PKK war unter anderem deshalb aufgekommen, weil am Sonntag ein einseitig erklärter dreimonatiger Waffenstillstand der Organisation abgelaufen war.

Gleichzeitig distanzierte sich die PKK auch von dem Attentat auf dem Taksim-Platz. Die PKK habe nichts damit zu tun, sagte ein Sprecher gegenüber der kurdischen Nachrichtenagentur Firat. Zuvor hatte der Militärführer der PKK, Murat Karayilan, in der türkischen Zeitung Radikal angekündigt, seine Organisation werde künftig alles tun, um zivile Opfer zu vermeiden.

Ebenfalls am Montag besuchte die kurdische Politikerin Aysel Tugluk den auf der Marmara-Insel Imrali inhaftierten PKK-Führer Abdullah Öcalan. Tugluk hatte nach einem Treffen mit Öcalan vor drei Wochen verkündet, dass dem früheren Staatsfeind Nummer eins an einem dauerhaften Frieden in der Region gelegen sei. In der Türkei geht man deshalb davon aus, dass Öcalan im Vorfeld sein Einverständnis für eine Verlängerung des Waffenstillstandes gegeben hat.

Im Gespräch mit der taz beklagte die Istanbuler Vorsitzende der kurdischen Partei BDP, Sebahat Tuncel, dass die türkische Regierung trotz der Friedenssignale der PKK bisher wenig zur Lösung der kurdischen Frage getan habe. Die kurdische Sprache im Gefängnis und in einem staatlichen TV Kanal zuzulassen reiche nicht. Die BDP erwartet, dass die seit drei Wochen geführten Prozesse gegen 150 kurdische Funktionäre eingestellt werden, die nur wegen ihrer regulären politischen Arbeit angeklagt seien. Als Zeichen guten Willens sollte die Regierung auch bereit sein, die 10-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament zu senken.

In der offiziellen Erklärung der PKK wird zudem noch gefordert, die Operationen des Militärs im Südosten einzustellen, Öcalan am Friedensprozess zu beteiligen und die Arbeit an einer neuen Verfassung, in der die Rechte der Minderheiten berücksichtigt werden, zu beginnen. Unter diesen Voraussetzungen könnte der Waffenstillstand in einen andauernden Frieden umgewandelt werden.

Unterdessen wird von offiziellen Stellen weiter die PKK als Hauptverdächtige für den Selbstmordanschlag auf dem Taksim-Platz genannt, bei dem am Sonntag der Attentäter selbst umkam und 32 Menschen verletzt wurden. Allerdings ist der tote Attentäter der Polizei offenbar nicht als PKK-Anhänger bekannt.

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5 Kommentare

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  • A
    Aue

    Es war angeblich eine Spittergruppe der PKK. Falken Kurdistans oder wie immer sich diese Terroristen nennen mögen.

     

    http://www.hurriyetdailynews.com/n.php?n=urgent-2010-11-04

     

    Auch wenn es den klassischen TAZ PKK Symphatisanten ein Dorn im Auge ist: Es war kein angeblich tiefer Staat, der die Bombe gelegt hat, sondern kurdische Terroristen. Auch die Aussage des Autors, dass der Täter nicht als PKK Mitglied bekannt ist, ist falsch.

     

    http://www.hurriyetdailynews.com/n.php?n=istanbul-officials-identify-attacker-in-taksim-square-bombing-2010-11-02

     

    Vedat Acar war ein PKK Mitglied und ist wohl als Werkzeug für eine angebliche Splittergruppe der PKK, welche angeblich nicht Öcalan untersteht, als Selbstmordattentäter eingesetzt worden.

     

    Soviel zu den Fakten.

  • A
    Anette

    Selbstmordattentate passen nicht zum normalen Vorgehen der PKK.

  • C
    clementine

    Türkische Regierung und das Militär sind zwei voneinander zu unterscheidende Institutionen, das europäische Muster kann nicht einfach auf die Türkei übertragen werden wenn es darum geht, nachvollziehen zu wollen. Immer wieder kann beobachtet werden, wie dies zu einem ständigen Missverständnis führt.

    Das Militär führt seine Kriege in den kurdischen Gebieten auch ohne einen Auftrag der Regierung und hat sehr wohl Interesse an einem anhaltenden Konflikt, der seine Macht in der türkischen Gesellschaft weiter legitimiert.

    Das verkompliziert die ganze Situation enorm, Anschlag ist nicht gleich Anschlag ist nicht gleich PKK ist nicht gleich Staats- und schon gar nicht Militärgefährdend, die jeweiligen Interessen sind weitaus verstrickter, als es in solchen Artikeln den Anschein macht.

  • W
    willfried

    medien gesetz Nr. 1:

    wenn die medien sagen es war die pkk dann war es die pkk...wenn die medien sagen es war nicht die pkk, dann war es nicht die pkk usw.

     

    ich für meinen teil bin sehr kritisch was die massenmedien angeht und das gilt für alle Berichte und Nachrichten die sie machen...

     

    aber die Pkk ist keine Guerilla :) die Pkk verwendet vielleicht die Guerilla Methode, trotzdem ist die Pkk ein terroristische Gruppe... ich weise auf diesen Fehler nur hin, damit nicht der nächste Reporter meint das die Pkk eine WiderstandsOrganisation sei...wer heute einer Terror Gruppe Guerilla nennt wird sie morgen höchst wahrscheinlich Widerstand bzw. Freiheitskämpfer nennen... und das ist eine Schande und Verblendung der Wahrheit....warum auch immer

  • P
    Peacer

    Was heisst den hier die "PKK wills nicht gewesen sein"? Warum fürchtet ihr die Wahrheit zu Schreiben? Wann hat die PKK einen Selbstmordanschlag begangen? Niemals! Selbstmord um aufmerksamkeit zu erregen, ja... selbst das wird von der PKK nicht toleriert und wurde zichmal Wiederholend verboten bzw. es zu unterlassen. Mann könne auch sagen, die Regierung Erdogans habe es auch begangen oder die Rechtsradikalen in der Türkei.

     

    Aber eins möchte niemand ansprechen oder vielleicht auch Wahr haben, es lauerten gerüchte, dass eine Radikale Organisation es auch auf die Türkei abgesehen hat!