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Debatte über GewerbesteuerKoalition senkt der Industrie die Steuern

Die FDP will die Gewerbesteuer abschaffen. Finanzminister Schäuble kommt ihr nun ein wenig entgegen. Das wiederum ruft den Städtetag auf den Plan.

Zahlen schon jetzt nicht immer angemessen Gewerbesteuer: International operierende Firmen wie Bayer in Leverkusen. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Regierungskoalition versucht erneut, die kommunale Gewerbesteuer zu senken. Dies fordern vor allem die FDP und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Im Hause von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) werden deshalb Änderungen erwogen, die besonders großen Unternehmen höhere Abschreibungen und damit geringere Steuerzahlungen brächten.

Am Donnerstagabend stand das Steuer-Thema auf der Tagesordnung des Koalitionsausschusses von FDP und Union. Die Liberalen fordern an zwei Punkten mehr, als Schäuble zu geben bereit ist. Erstens geht es um die sogenannte Steuervereinfachung, die zur leichten Verringerung der Einkommensteuer führen soll. Schäuble wollte dafür bisher maximal 500 Millionen Euro pro Jahr aufwenden; die FDP ist damit nicht zufrieden.

Punkt zwei: Die FDP will die Gewerbesteuer der Städte und Gemeinden abschaffen. Demgegenüber hat der Finanzminister den Kommunen zugesichert, dies nicht zu tun. Des Friedens in der Regierung halber muss er seinem Koalitionspartner allerdings etwas entgegenkommen. Eine Regelung, die Unternehmen ein Dorn im Auge ist, steht deshalb zur Disposition und würde der Wirtschaft eine Entlastung von etwa 1,2 Milliarden Euro bringen.

Die Regelung sieht so aus: Zahlen Unternehmen beispielsweise interne Zinsen oder Lizenzgebühren an Tochterfirmen, so werden diese steuerlich mitunter nicht als Kosten, sondern als Gewinne gewertet. Das war früher anders: Da konnten Betriebe durch diese internen Zahlungen oft ihre Gewinne künstlich reduzieren, so dass sie weniger Abgaben zahlen mussten. Die Unternehmen möchten gerne zu diesem alten, für sie günstigeren Zustand zurück.

Sowohl der Deutsche Städtetag als auch der Städte- und Gemeindebund lehnen dagegen jegliche Kürzung der Gewerbesteuer ab. "Da gibt es mit uns keinen Kompromiss", sagte Gerd Landsberg, der Geschäftsführer des Gemeindebundes, gegenüber der taz. Für den Städtetag assistierte Münchens Bürgermeister Christian Ude: "Wir appellieren an die gesamte Koalition, die Gewerbesteuer beizubehalten." Zugleich wies Ude den Vorschlag Schäubles zurück, den Städten einen Gestaltungsspielraum bei der Einkommensteuer einzuräumen.

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2 Kommentare

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  • N
    Nick

    Sehr guter Kommentar Herr Häußler. Das hätte verdient geflattrt zu werden.

    Jedenfalls hingen die Gemeindefinanzen nicht mehr davon ab, ob zufällig Audi in der Gemeinde angesiedelt ist. Wahrscheinlich würden den Vorschlag alle Gemeinden annehmen, die nicht gerade VW, Bayer oder die Adidas beherbergen. Leider werden gerechtere Steuern meist nur von denen gofordert, die (vermeintlich) weniger vom Kuchen haben...

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Wer die Steuern wirklich trägt: der Verbraucher

    -----------------------------------------------

     

    Alle Steuern werden von den Unternehmen in die Verkaufspreise einkalkuliert. Letztlich ist es der Verbraucher, der die Steuern zahlt bzw. wirklich trägt. Das ist ganz real der Fall.

     

    Mehr dazu unter:

     

    http://www.unternimm-die-zukunft.de/Ausgewaehlte_Texte/Wer_die_Steuern_wirklich_zahlt.pdf

     

    Insofern ist die Forderung nach Abschaffung der Gewerbesteuer - auch wenn sie von der FDP kommt - sinnvoll; wenn womöglich auch anders motiviert.

     

    Die Gewerbesteuer ist ein steuerrechtliches Fossil und für eine globale Arbeitsteilung nicht mehr zeitgemäß. Das spüren vor allem die "bösen" international agierenden Großunternehmen.

     

    Überdies ist die Gewerbesteuer extrem zyklisch, weil von den Unternehmensgewinnen abhängig. Dadurch sind die Gewerbesteuereinnahmen für die Kommunen nur schwer kalkulierbar. Sinkt das Gewerbesteueraufkommen über Nacht, wie in 2008 und 2009 der Fall, dann klaffen riesige Haushaltslöcher in den Kassen der Städte und Gemeinden. So genannte Sparhaushalte sind der Fall: Kultur, Bildung und Infrastuktur erfahren dann einen haushaltbedingten Kahlschlag.

     

    Aus diesem Grunde sollte die Gewerbesteuer schrittweise abgeschafft und zur Gegenfinanzierung die MwSt erhöht werden - und damit auch der Anteil der Kommunen am gesamten MwSt-Aufkommen erhöht werden.

     

    Auf die Verkaufspreise bzw. das Preisniveau hätte das keine Auswirkungen, da in der unternehmensinternen Kalkulation der verminderte Gewerbesteueraufwand durch einen erhöhten MwSt-Aufwand kompensiert würde.

     

    L.P. Häußner, Karlsruhe