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Die besonderen Potenziale von Terra PretaBlühende Landschaften

Die Indios nutzten schon vor 7.000 Jahren die Fruchtbarkeit von Schwarzerde. Terra Preta kann beim Kampf gegen Welthunger und Klimakrise helfen. Ein Besuch bei den Pionieren.

Schwarzerde wurde im Amazonasgebiet schon lange vor der Kolonialzeit eingesetzt. Bild: imago/photoshot/evolve

Und plötzlich Schwärme von Schmetterlingen. Vor dem Hintergrund blauer Viertausender flattert und flirrt es in allen Farben und Formen. Bläulinge, weißbunte Schwalbenschwänze, Kleine Wiesenvögelchen und Scheckenfalter lutschen an Luzernen, die neben Weinstöcken wuchern.

Nur wenige Schritte weiter, zwischen den konventionell bewirtschafteten Reben des Nachbarn, wirkt alles steril - Monokultur im Schweizer Wallis. Wie militärisch aufgereiht stehen: Reben, Reben, Reben. "Vor fünf Jahren, als wir den Weinberg übernahmen, hatten wir auch fast toten Boden", lacht Hans-Peter Schmidt, Leiter des Forschungsweinguts Mythopia. Hier darf sich die Vielfalt der Natur frei entfalte(r)n - die Schmetterlinge sind Indikatoren der Pflanzendiversität.

Mythopia, das ist ein Wortspiel aus Mythos und Utopie. Hans-Peter Schmidt, studierter Philosoph, hager und braun gebrannt, liebt solche Anspielungen. Ithaka, so hat er das von ihm betreute Internetjournal von Mythopia genannt. Die meisten Bewohner von Odysseus Heimatinsel sind mangels Lebensgrundlagen ausgewandert.

"Ithaka steht für die Sehnsucht der von der Landwirtschaft vertriebenen Schmetterlinge, Bienen, Libellen, Gottesanbeter, in absehbarer Zukunft wieder ihre angestammten Lebensräume in den Weinbergen, Wiesen und Feldern zu bewohnen", heißt es auf www.ithaka-journal.net.

taz

Diesen Bericht über Terra Preta und viele andere Texte mehr lesen Sie in der sonntaz vom 20./21. November 2010. Diese sonntaz-Ausgabe enthält einen Schwerpunkt zum regionalen Wirtschaften mit Erfolgsmodellen von Energie bis Ernährung. Die sonntaz kommt jetzt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo.

Terra Preta

Geschichte: Terra Preta do Indio, zu Deutsch Indianerschwarzerde, hat in den Gartenstädten des vorkolonialen Amazonasgebiets Millionen Menschen ernährt und den nährstoffarmen Regenwaldboden in einen der fruchtbarsten Böden der Welt verwandelt.

Bestandteile: In den 1990er Jahren fanden Forscher heraus, dass die bis zu 7.000 Jahre alten und etwa zwei Meter dicken Schwarzerdeschichten aus organischen Abfällen, Holzkohle, tierischen und menschlichen Exkrementen, Knochen und Tonscherben bestehen. Offenbar ließen die Indios ihre Siedlungsabfälle in Tongefäßen unter Luftabschluss einige Monate fermentieren, nahmen danach die Deckel ab und pflanzten Obstbäume und Gemüse in die so entstandene Schwarzerde. Das Wissen um deren Produktion ging jedoch mit der Ausrottung der Ureinwohner durch die Spanier verloren.

Technik: 2005 wurde die Herstellung experimentell wiederentdeckt. Der Aufwand ist gering. Die Milchsäurefermentierung wird durch gepresste organische Abfälle in luftdichten Behältern in Gang gesetzt - eine Technik, die seit Jahrtausenden zur Nahrungskonservierung genutzt wird, etwa bei Sauerkraut. Gibt man Holzkohlenstaub hinzu, siedeln sich in der porösen Kohle komplexe Lebensgemeinschaften von Mikroorganismen an. Zudem bindet die Kohle Schadstoffe, unterdrückt Fäulnis und Krankheitserreger.

Ernteerfolge: Dank ihrer stabilen Struktur baut sich Humus in Terra-Preta-Böden nicht ab, Biokohle speichert wie ein Akku Energie, Nährstoffe, Wasser und Luft in Bodenleben. Nutzpflanzen ernähren sich bedarfsgerecht, im Vergleich zu kunstdüngerversorgten Pflanzen sind sie größer, resistenter und ertragreicher. Oft verdoppeln bis verachtfachen sich die Ernten. Selbst ausgelaugte oder trockene Böden können wieder bewirtschaftet werden, wie erste Versuche in der Sahara belegen.

Infos: www.palaterra.eu, www.triaterra.de

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Pioniere weltweit

Traditionen: Manche Schwarzerden sind menschengemacht, manche natürlich entstanden. Der japanische Dünger "haigoe" wurde aus Siedlungsabfällen plus Holzkohle aus Reisspelzen produziert. Im afrikanischen Benin wird Schwarzerde traditionellerweise von Frauen hergestellt; bisher ist es niemandem gelungen, die Geheimrezeptur zu erfahren.

Neue Techniken: Die neue "schwarze Revolution" geht vom deutschsprachigen Raum aus. Die Ökoregion Kaindorf, ein Zusammenschluss von sechs Gemeinden, will bis 2020 kohlendioxidneutral werden. Ein Teilprojekt ist der Humusaufbau mittels Terra Preta. Im Winter soll dort die erste Pyreganlage Österreichs zur Verkohlung von Knochen und Papierfaserschlamm in Betrieb gehen.

Vorreiter: Im Chiemgau experimentieren Landwirte um Christoph Fischer mit Biokohle. Im nördlichen Brandenburg stellt Marco Heckel auf seinem Hof Terra-Preta-Zutaten her, zu beziehen unter www.triaterra.de. Terra-Preta-Versuche gibt es auch in Algerien, auf den Philippinen, in Ghana und weiteren Ländern.

Auch der gebürtige Sachse Schmidt sieht sich im französischsprachigen Wallis als Wanderer zwischen den Welten, als Vagabund, der sein Herz nicht an Reichtümer hängt, sondern an die Natur. In Mythopia duftet es nach Thymian und Salbei, Curry und Lavendel. Zwischen den Reben stehen Wildkräuter, Rosen und Ringelblumen, alte Getreidesorten, Tomaten, Kürbisse und Gemüse aller Art.

Obstbäume für Insekten und Menschen

Um Inseln für nützliche Insekten, Bakterien und Pilze zu schaffen, ließ Schmidt mindestens alle 50 Meter einen Obstbaum pflanzen: Apfel, Quitte, Pfirsich, Kirsche, Aprikose, Mandel oder Feige. Kästen mit Schlupflöchern dienen als "Wildbienenhotels", auch Schlupfwespen wohnen hier und verspeisen die Plage der benachbarten Monokultur.

Hier und da kleben Wissenschaftler wie große Insekten im Weinberg. Der Biologe Claudio Niggli freut sich: Er hat insgesamt 47 tagaktive Schmetterlingsarten und über 150 verschiedene Wildpflanzen gezählt. Die rasant gestiegene Biodiversität ist indes nur eine der Besonderheiten der Domaine de Mythopia, die andere ist das "Klimafarming" mit Terra Preta.

Auf 3.000 Quadratmetern findet hier der erste und bisher größte Feldversuch in Europa statt. Der US-Bodenwissenschaftler Andrew Crane-Droesch von der Universität Berkeley, der gerade die Wasserspeicherkapazität der Erde misst, ist begeistert: Anders als auf den Nachbargrundstücken, wo in den heißen Sommern des Wallis ständig Sprenkler laufen, muss in Mythopia kaum gewässert werden, weil die Biokohle Feuchtigkeit speichert. Auch sind die Weinstöcke auf der Schwarzerde größer und ertragreicher als vergleichbare Bio- oder konventionelle Reben.

Humusaufbau durch Schwarzerde

Schwarzerde ist nicht nur gut für Schmetterlinge, sondern für alle Lebewesen, weil sie Dauerhumus bildet. Derzeit wird durch Raubbau, Klimakrise und Agroindustrie weltweit 6.000-mal so viel Humus ab- wie aufgebaut.

Nach UN-Zahlen ist in den letzten 20 Jahren fast ein Viertel der globalen Landfläche degradiert; rund 1,5 Milliarden Kleinbauern ernten immer weniger, vor allem in Afrika. Humuswirtschaft mittels selbst erzeugter Schwarzerde würde sie unabhängig machen von Kunstdünger und Agrokonzernen und ihnen damit ein wirksames Mittel gegen den Hunger an die Hand geben.

Bruno Glaser von der Universität Bayreuth ist überzeugt, Terra Preta könne "aus eigentlich unfruchtbaren Böden blühende Landschaften" machen. Auch Haiko Pieplow vom Bundesumweltministerium sieht darin eine "Jahrhundertinnovation".

Schmidt ließ sich vor fünf Jahren samt Familie auf der Domaine de Mythopia nieder und produziert seither Bioweine für den Versandhandel Delinat. Dessen Inhaber Karl Schefer hat eine Stiftung gegründet, die das seit Juni 2009 im Wallis ansässige Delinat-Institut für Ökologie und Klimafarming finanziert.

Unter Schmidts Leitung betreiben zehn Mitarbeiter Feldforschung, arbeiten über das Netzwerk Biokohle mit diversen Universitäten zusammen und veröffentlichen alle Ergebnisse auf der Website www.delinat-institut.org.

In diesem Jahr hat das Institut 500 Kleinbauern und Hobbygärtnerinnen eingeladen, sich an Versuchen mit Biokohle zu beteiligen; auch deren Ergebnisse werden ins Internet gestellt. "500 überzeugte Kleingärtner erzählen das je 25 Leuten weiter, deshalb wird sich die Idee rasant durchsetzen", glaubt Hans-Peter Schmidt. "Wir haben einen Traum, ein Ziel", schreibt er im Ithaka-Journal. "Wenn es gelingt, werden bis 2020 - zumindest in der Schweiz - die meisten Landwirte Klimafarming betreiben."

Seit zweieinhalb Jahren wird in Mythopia Schwarzerde in 25 Meter langen Rotten auf einer Talwiese aus Kompost und Biokohle innerhalb von sechs Wochen hergestellt. Die Kohle dafür liefert seit Anfang 2010 eine "Pyreg"-Pyrolyseanlage von Swiss Biochar in Lausanne. Sie optimiert die Klimafreundlichkeit der Biokohle, aber rein technisch ist sie nicht nötig.

In Mythopia geht es um die Freiheit aller Lebewesen. Unabhängig sollen auch die 90 Suchtabhängigen werden, die weiter bergauf unter Anleitung des Delinat-Instituts seit Anfang des Jahres Gemüse auf Terra-Preta-Böden züchten. Ihr Leiter Philippe Mottet ist zuversichtlich, dass die gärtnerischen Erfahrungen ihnen zur Gesundung verhelfen. Erste Erfolge seien schon sichtbar, eine magersüchtige Frau etwa habe ihre Tochter wieder annehmen können.

Revolutionäre in einem pfälzischen Weiler

Schmetterlinge sind freie Gesellen, sie wechseln oft den Ort, und wir ziehen mit ihnen weiter. Dort, wo die westdeutsche Pfalz am ländlichsten ist und am wenigsten Arbeit und Zukunftsperspektiven bietet, liegt inmitten von weichen Hügeln der Weiler Hengstbacherhof. Auf den sieben Bauernhöfen leben 30 Bewohner, es gibt Hühner, Enten und Gemüsebeete, ein Bauerncafé, einen Teich und ein Indianerzeltdorf mit wehender schwarzer St.-Pauli-Fahne.

Hier wohnt der quirlige Joachim Böttcher, gebürtiger Hesse, Antiatom- und Startbahn-West-Kämpfer und nun Schwarzerde-Pionier. Der Oberrevolutionär von 1848, Friedrich Hecker, habe sich in Hengstbacherhof versteckt, erzählt er stolz, auch der Schinderhannes, der "Robin Hood vom Hunsrück", sei hier gewesen. Das Bauerncafé trägt seinen Namen.

Das Gut ernährt seine Leute im Überfluss. Im Gemüsegarten, seit 2008 voller Terra-Preta-Erde, "wächst alles viel zu schnell", sagt der gelernte Gärtner Böttcher. Auch hier flattern Falter, mangels Luzernen aber nicht so viele wie im Wallis.

Das Maggikraut ist 2,50 Meter in die Höhe geschossen, die Radieschen sind groß wie Hühnereier, eine Kartoffelknolle brachte ein ganzes Kilo auf die Waage. Auch im Sommer werden die Pflanzen nicht gegossen und wachsen dennoch schneller als anderswo. "Damit ist die Welternährung gesichert", lacht Joachim Böttcher ein jungenhaftes Lachen.

Schwarzerdeproduktion begann in einer Garage

In einem Schuppen begann er 2005 seine Experimente zur Schwarzerdeproduktion. "Die Bill-Gates-Garage", sagt Böttcher selbstbewusst. Schräg gegenüber leuchtet in der Sonne die nagelneue Anlage für jährlich 500 Kubikmeter Terra Preta, die wie ein größeres Gewächshaus aussieht.

Betreiber mit bislang fünf Beschäftigten ist die Palaterra Vertriebsgesellschaft, die Böttcher zusammen mit der Wind-, Bio- und Solarfirma Juwi gegründet hat. Auch in Hengstbacherhof stellt eine "Pyreg"-Anlage Biokohle her; auf fünf Rotten wird aus Grünschnitt, Biogasanlagen-Abfall, Mist und Chinaschilf in einem mehrwöchigen Prozess Terra Preta.

Die Stoffströme der Anlage sind geschlossen: Gase werden wieder eingeblasen, in einer Pflanzenkläranlage filtert Chinaschilf das Wasser, die entstehende Überschusswärme geht in die Fußbodenheizung. Und wenn alles gut läuft, werden 2011 im nahen Energiepark Morbach und im fernen Schanghai größere Anlagen gebaut. Ein chinesischer Regierungsbeauftragter will Palaterra die Generallizenz für China erteilen, auch etliche europäische Länder sind interessiert.

Lange Jahre hat der umtriebige Böttcher vor allem Pflanzenkläranlagen und Naturschwimmbäder gebaut, die Region ist voll davon. 2005 lernte er den Bodenwissenschaftler Haiko Pieplow und den Mikrobiologen Alfons Krieger kennen, gemeinsam tüftelten sie aus, wie die Indios wohl ihre Schwarzerde hergestellt haben.

Uneinigkeit in der Szene über Patentantrag

Als Proben ergaben, dass die Terra Preta vom Amazonas und die vom Hengstbacherhof weitgehend identisch sind, meldete Böttcher das Verfahren als Patent an - "das ist schließlich auf meinem Mist gewachsen". Ein Schritt, den andere Schwarzerde-Pioniere heftig kritisieren. "Das Patent ist ein Verrat an der Idee", schimpft etwa Hans-Peter Schmidt. Kleingärtner sollten machen, was sie wollen, von denen werde man keine Lizenzgebühren eintreiben, verteidigt sich Joachim Böttcher.

"Aber bei Großanlagen wollen wir ein Wörtchen mitreden." Kommunen sollen beim Stoffstrommanagement begleitet werden, und Böttcher will dafür sorgen, dass das ganze Verfahren nicht durch Trittbrettfahrer oder Hygieneprobleme in Verruf gebracht wird. Die Anerkennung durch das Europäische Patentamt steht aber noch aus, und vielleicht kommt sie auch gar nicht, weil uralte Kulturtechniken nicht patentierbar sind.

Bei einem anderen Thema sind sich Schmidt und Böttcher einig: Auch Biokohle kann missbraucht werden. Im Rahmen des globalen Treibhausgashandels und der derzeitigen massiven Landkäufe in Afrika sei es denkbar, dass Großkonzerne Wälder abholzen und in Form von Holzkohle unter die Erde bringen, um auf diese extrem fragwürdige Weise Kohlendioxid einzusparen.

"Biokohle muss immer in regionale Stoffströme eingebettet werden", fordert Böttcher. Deshalb betreibt er zusammen mit den Bauernaktivisten Michael Diestel und Christoph Fischer die Gründung einer Art Muttergenossenschaft, die ein Gütesiegel für gutes Stoffstrommanagement entwickelt und Terra-Preta-Genossenschaften bei der Gründung hilft. "Wir brauchen noch Leute mit Ideen, auch die taz-Genossen sind herzlich zum Mitmachen eingeladen", sagt er.

Noch in einem weiteren Punkt gleichen sich die Pioniere Schmidt und Böttcher: Sie haben Ausstrahlung, sie haben Visionen, und sie wollen die Unabhängigkeit von der Agroindustrie. Schmetterlings-Schmidt schwärmt von Biodiversität, Chinaschilf-Böttcher von naturnahen Gewässern und Waldstädten. Der Pfälzer hat die konservativen Landwirte von Rockenhausen in einer Zukunftswerkstatt so sehr begeistert, dass deren Gesamtgemeinderat vor etwa einem Jahr mit Zustimmung aller Fraktionen beschloss, bis 2020 Nullemissionsort zu werden.

Die Anzeichen in der Region sind jetzt schon unübersehbar: Wind-, Solar- und Pflanzenkläranlagen allüberall. In St. Alban steht ein "Sonnenpark", in dem Ingenieur Klaus Becher raffiniert gebaute Biosolarhäuser ohne Heizung verkauft. Auf dem Hügel nebenan betreibt Juwi neben einem Solarpark das größte Binnenwindrad Europas. Und auf vielen Höfen glänzen Solardächer. Die strukturschwache Region Pfalz ist drauf und dran, Avantgarde zu werden.

Mit Schmetterlingen im Bauch.

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8 Kommentare

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  • PA
    Peter A. Weber

    Mich hat das Projekt "Terra Preta" fasziniert und ich glaube auch, daß nach Aufbau der erforderlichen Strukturen (daß sich bisher keine Initiatoren gefunden haben, um diese aufzubauen, ist auch der Grund für die bisher fehlende Verbreitung)dieses ein global wegweisendens Vorhaben darstellt, um Versorgungs- und Klimaprobleme zu lösen.

     

    Was die Zweifler wegen des Holzbedarfs bzw. -verbrauchs für diese Biotechnologie angeht, so haben sie sicherlich versäumnt, die genannten Links aufzugreifen und sich ein wenig mehr mit der Materie zu befassen.

     

    Vorraussetzung ist allerdings, daß die Biokohleherstellung in regionale Stoffströme eingebettet wird. Mit Pyrolyseverfahren, Verwendung aller Arten organischen Abfalls und in Koppelung mit Biogasanlagen kann die Produktion von Schwarzerde in einem geschlossenen ökologischem System betrieben werde. Insbesondere durch den Einsatz einer Vergärungsanlage für die Gärreste aus der Biogasanlage, die von den Landwirten der Region nicht mehr genutzt werden können, kann die Schwarzerdeproduktion optimiert und in ein Kreislaufsystem ohen Rückstände verwandelt werden.

     

    Ein Modell dafür ist die Energielandschaft Morbach (Hunsrück), in dem bisher bereits unter der kombinierten Nutzung von Sonnen-, Wind- und Bioenergie eine autarke Energieversorgung der Region erreicht wurde. Durch die Integration einer neuen Großanlage von Terra Preta in dieses vorhandene regenerative Verbundsystem wird eine Versorgung von Landwirten, Kleingärtnern usw. weit über den engen regionalen Rahmen hinaus ermöglicht.

     

    Wenn ein breites Bewußtsein für die Zweckmäßigkeit dieser alten Kulturtechnik geschaffen und eine flächendeckende Versorgung aller potentiellen Abnehmer angegangen wird, dann glaube ich, ist Terra Preta nicht nur eine illusionäre Vision sondern ein praktikables und segensreiches Medium zum Nutzen der Menschheit.

  • C
    Christian

    Danke Yann, ich habe mich immer gefragt, wo denn der Haken an dieser Wundertechnik ist. Seit Jahrzehnten verspricht Terra Preta alle Probleme der Welt zu lösen: Hunger, Armut, Bodenerosion, Klimawandel. Nur irgendwie passiert nix. Das könnte immerhin ein Hinweis darauf sein, warum. Es mag ja sein, dass die Schwarzerde trotzdem Potential hat, nur Probleme mit Neuem totzuschweigen, sowas hasse ich ja wie die Pest.

  • JB
    Jochen Braun

    Zur Frage der Verfügbarkeit von Holzkohle:

    Es gibt eine ausreichende Zahl schnellwachsender Baumarten die sich für eine entsprechende Produktion eignen würden. Das wäre dann z.B. Melina in vielen Tropenländern oder auch hiesige "Knickgehölze".

     

    Es könnten dann z.B. auf ariden Böden wie in der Sudan-/Sahelregion entsprechende Baumarten in Plantagen gepflanzt werden, durch Laub und Bodenorganismen würde sich die Bodenqualität verbessern, die Erosion durch Wind und Regen vermindert, der Grundwasserspiegel würde stabilisiert, es würde durch Beschattung Weidefläche entstehen,....

    Mit der Holzkohle, bzw. dem was an Holzkohlebruch anfällt (der Rest liesse sich in den regionalen Städten gut vermarkten, da dort viele Menschen mit Holz bzw. Holzkohle kochen), könnten die Terra-Preta Anlagen beschickt werden.

  • S
    Saby

    @nordmann, christian: Keine Sorge, um etwas patentieren zu lassen, muss es NEU sein - etwas, das wo auch immer auf der Welt bereits vorhanden ist (oder nur vor 7000 Jahren bei den Indios vorhanden WAR), ist eben (leider oder glücklicherweise?) NICHT patentwürdig.

    Nichtsdestoweniger ist es natürlich eine tolle Idee, der man eine möglichst weite Verbreitung wünscht.

  • N
    nordmann,christian

    bin selber schwarzer erde fan,seid ca 35 jahren.

    die idee und umsetzung ist super.

    respeckt.

    doch wie arrogant und egozentrisch muss ein mensch sein,der versucht sich uralte kuturtechniken patentieren zu lassen.

    nur weil er sie nun auch erlernt hat.

    könnte ich auch noch verstehen,zum schutz (vor monsanto und co.) .wenn er dafür eine stiftung gegründet hätte ,die nach gemeinnützigen vorgaben,das eventuelle patent verwaltet.

    wie auch bei monsantos patentierungsorgien ,kann ich nur hoffen das das europäische patentamt solche patente nicht zu lässt.

    ansonsten tolles projekt.

  • Y
    Yann

    To whom it may concern

     

    Habe neulich mit einem Forscher vom Umweltforschungszentrum Leipzig über Terra preta gesprochen, die in der taz schon vor einem halben Jahr besprochen wurde. Dieser gab an, auch schon entsprechend geforscht zu haben, aber ein bestimmtes Problem nicht gelöst zu bekommen: Die Menge an benötigter Holzkohle sei zu groß. Um große Landflächen zu terra pretaisieren müsste quasi der Welt-Waldbestand abgeholzt und verkohlt werden.

     

    Wenn das wirklich eines der entscheidenden Probleme ist, könnte Ihr dort bitte mal nachhaken, und in zukünftigen Artikeln drauf eingehen, woher die Kohle stammen sollte und wie sie genau zu erstellen wäre? Vielleicht ist das Problem ja wirklich nur der Zeitrahmen. Hätten wir tausend Jahren damit begonnen, regelmäßig unsere landwirtschaftlichen Böden aufzubessern, hätten wir heute nicht das Problem, zu wenig aktuell vorhandener Holzkohle.

     

    Herzliche Grüße aus Leipzig,

    Yann

  • N
    Neo

    Hoffentlich werden die indigenen Völker an Ihrem Wissen das bisher schamlos von den "weißen Mann" ausgebeutet wurde fair am Umsatz und Gewinn beteiligt!?

     

    Neo

  • F
    fred

    Wahrscheinlich lässt sich dann demnächst ein Konzern die Mischungsverhältnisse der Schwarzerde da patentieren & die Indios müssen blechen, wenn sie weiterhin da anbauen wollen..

    Ähnliches passiert da dutzendfach mit jahrhundertealten Rezepten auf der Welt.

    Geliebte Patente ^^

    Anstatt das jeder vom Weltwissen profitieren kann, wird es monopolisiert, um den Wissensvorsprung zu erhalten & neuere Unternehmen zu unterdrücken.