Kandidatur: Scholz setzt auf sich
Olaf Scholz will die SPD nach zehn Jahren wieder in die Hamburger Regierung führen. Sein Konzept heißt: Olaf Scholz. Wenn er im Wahlkampf keine groben Fehler macht, sieht es so aus, als könnte das reichen.
Am Sonntagmittag begann für ihn der Wahltag. Kaum war die Nachricht vom Ende der schwarz-grünen Koalition in der Welt, da ließ Olaf Scholz sein Handy glühen. Innerhalb weniger Stunden musste die Hamburger SPD für die neue Situation aufgestellt, er selbst in Position gebracht werden.
Kaum 24 Stunden später waren die wichtigsten Weichen gestellt. Scholz hatte seinen Hut als SPD-Spitzenkandidat in den Ring geworfen, sich vom Landesvorstand und später auch von der Bürgerschaftsfraktion nominieren lassen, hatte den auflagenstärksten Hamburger Zeitungen Interviews gegeben. Die One-Man-Show des Olaf Scholz - sie hat begonnen. Beschleunigung von Null auf Hundert in Rekordzeit.
Mit der Wahlprognose im Rücken, die SPD werde deutlich vor der CDU stärkste Partei werden, setzt Scholz ganz auf Sieg. Und ganz auf Scholz. Ein Schattenkabinett, und damit weitere Personen, die der Hamburger SPD im Wahlkampf ein Gesicht geben, brauche er nicht, hat Scholz entschieden. Scholz pur muss reichen.
1958 in Osnabrück geboren, wuchs Olaf Scholz in Hamburg auf. Sein Stammbezirk ist Hamburg-Altona.
Beruf: Der Jurist ist seit 1985 als Anwalt zugelassen und Partner einer Hamburger Anwaltskanzlei.
SPD: 1975 trat Scholz in die SPD ein, engagierte sich zunächst bei den Jusos, wurde 1994 Altonaer SPD-Bezirksvorsitzender, 2000 Hamburger SPD-Landesvorsitzender und gehört seit 2001 dem SPD-Bundesvorstand an. Seit Herbst 2009 sowohl Vize-Bundesvorsitzender wie Hamburger Landeschef der SPD.
Berlin: Nach Kurz-Gastspiel als Hamburger Innensenator 2001 ein Jahr später zum Generalsekretär der Bundes-SPD aufgestiegen. Von 2007 bis 2009 Bundesminister für Arbeit und Soziales in der Großen Koalition.
Reichen muss es auch für Rot-Grün, sonst könnte Scholz gleich wieder weg sein. "Rot-Rot-Grün ist für unsere Stadt keine Perspektive, dazu wird es mit mir nicht kommen", verkündete er wenige Stunden nach dem Koalitionscrash dem Hamburger Abendblatt. Und da Scholz Wert darauf legt, als ein Mann zu gelten, der hält, was er versprochen hat, besteht kaum die Gefahr, er werde die Hamburger Ypsilanti geben.
Dass Scholz sich damit in offenen Widerspruch zum SPD-Fraktionschef Michael Neumann setzt, der mehrfach öffentlich mit einem Bündnis unter Einschluss der Linkspartei liebäugelte, interessiert ihn nicht. Er will verhindern, dass die CDU punktet, indem sie das rot-rot-grüne Gespenst an die Wand malt. Eine Strategie ohne Risiko für Scholz, der seine politische Zukunft immer mehr in Berlin als in Hamburg gesehen hat: Sollte es für Rot-Grün nicht reichen, ist er eben weg - dann nicht "mit mir", dann sollen es doch andere machen. Wenn er schon nur Hamburger Bürgermeister wird, dann bitte zu seinen Bedingungen.
Auch programmatisch ist bei der SPD für den anstehenden Wahlkampf alles klar: Auf wenige Themen solle sich die SPD im Wahlkampf konzentrieren, das hat Scholz seiner Partei vorgegeben. Und diese Themen bereits festgelegt: Die Elbvertiefung soll beschleunigt, der Wohnungsbau forciert, die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss gesenkt, die umstrittenen Beitragserhöhungen im Kindertagesbereich umgehend zurückgenommen werden.
Das reicht, denn wer noch mehr fordert, der muss auch die Frage nach der Finanzierung beantworten. Und da natürlich auch die Konsolidierung des Hamburger Haushalts auf der Agenda des Spitzenkandidaten steht, wäre ein Mehr an teuren Wahlversprechen eher kontraproduktiv.
Mit einer 40-Prozent-Prognose im Rücken, dazu die GAL mit noch mal zehn bis zwölf Prozent als Mitgift, muss Scholz nicht zulegen, den Vorsprung nur konservieren. Macht die SPD keine groben Fehler im Wahlkampf, dürfte das reichen, um nach zehn schmerzhaften Oppositionsjahren wieder die Regierung anzuführen.
Zudem liegt Scholz nach jüngsten Umfragen bei der Frage nach dem Wunschbürgermeister noch immer 14 Prozent-Punkte vor Christoph Ahlhaus (CDU), dem amtierenden Bürgermeister. Ein komfortabler Vorsprung, auch wenn Ahlhaus in den vergangenen drei Monaten leicht aufholen konnte. Doch da war Scholz ja auch noch nicht auf Touren gekommen.
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