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Gemeinschaftswährung in der KriseEuro-Rettung ist vertagt

Die EU-Finanzminister können sich in Brüssel nur darauf einigen, dass sie sich demnächst einigen wollen. Das Problem ist erkannt: Der EU-Rettungsschirm ist zu klein.

Was machen mit der angeschlagenen Währung? Die EU-Finanzminister wollen nichts übersturzen. Bild: dpa

BERLIN taz | Die EU-Finanzminister lassen sich Zeit mit der Euro-Rettung. Ohne konkrete Beschlüsse reisten sie am Dienstag wieder aus Brüssel ab, wo sie sich seit Montag getroffen hatten. Diese Gelassenheit erhob Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gar zum Programm: "Schnellschüsse, die nach kurzer Zeit wieder Korrekturen erfordern, sind gefährlich." Sie erhöhten nur die "Unsicherheit an den Märkten".

Die Euroländer stehen vor dem Problem, dass der Euro-Rettungsschirm nicht ausreicht, falls auch Spanien Hilfe benötigen sollte. Nach Irland könnte nur noch Portugal unterstützt werden. Denn der Rettungsschirm verfügt zwar theoretisch über 750 Milliarden Euro, die sich aus 60 Milliarden der Europäischen Kommission, 250 Milliarden vom Internationalen Währungsfonds und 440 Milliarden aus den Euroländern zusammensetzen. Doch faktisch ist er deutlich kleiner: Die Euroländer haben einen Teil ihrer Mittel für Garantien und Überdeckungen reserviert, damit ihr Fonds Bestnoten beim Ranking erhält. Statt 440 Milliarden können sie daher maximal 250 Milliarden auszahlen.

In den Euroländern werden inzwischen diverse Auswege diskutiert, um das zur Verfügung stehende Volumen zu erhöhen. Eine Möglichkeit wäre, dass ihre Regierungen weniger Garantien bereitstellen und ein niedrigeres Ranking akzeptieren. Der Nachteil: Dies würde automatisch die Zinskosten für die Kredite des Rettungsfonds hochtreiben.

Eine andere Idee: Die Euroländer mit Spitzenranking könnten zusätzliche Garantien zur Verfügung stellen. Momentan besitzen sechs von ihnen das Topranking AAA - nämlich Deutschland, Frankreich, Österreich, die Niederlande, Finnland und Luxemburg. Sie wurden am Montagabend von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker zusammengerufen, um über einen erweiterten Garantierahmen zu beraten. Die Bundesregierung ist von diesem Plan jedoch nicht angetan. Auch könnte sie ihn nicht allein beschließen: Der Bundestag müsste zustimmen, wenn die Garantiesumme für Deutschland steigt.

Die Euro-Finanzminister verständigten sich in Brüssel, dass sie sich bis zum EU-Gipfel im März auf eine Lösung einigen. Zu ihrer Gelassenheit trug auch bei, dass die Risikoaufschläge für die angeschlagenen Eurostaaten momentan doch eher stagnieren - allerdings auf einem sehr hohen Niveau.

Dies gilt unter anderem für Spanien, das in dieser Woche 6 Milliarden Euro mit einer zehnjährigen Laufzeit einsammeln will - der Zins wird bei etwa 5,6 Prozent liegen. Das Land gilt als gefährdet, weil die dortigen Sparkassen ihre faulen Hypotheken noch immer nicht abgeschrieben haben. Viele der Kassen dürften nur überleben, wenn sie Eigenkapitalhilfen vom Staat erhalten. Dies könnte die spanische Regierung bis zu 120 Milliarden Euro kosten.

Auch Kredite für Griechenland bleiben teuer. Für Anleihen mit einer Laufzeit von drei Monaten wurden am Dienstag Zinsen von 4,1 Prozent fällig.

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4 Kommentare

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  • L
    lachmalnet

    Ich schließe mich der Argumentation von Wolf an.

     

    Es ist schon höchst verdächtigt, wenn unisono alle Massenmedien den deutschen Michel auf eine weitere, maßlose Abzocke seitens der Politik und des Kapitals, vorbereitet.

     

    Manche lassen auch die Katze aus dem Sack, in dem sie heute schon erwähnen, der Rettungsschirm werde, nach seiner Aufstockung, auch für defizitäre Zockerbanken offen sein.

     

    Wetten, daß es so kommt?

  • SB
    Schweizer Bürger

    Der Euro war und ist eine Totgeburt. Auf die Stimmen der seriösen Volkswirtschaftlerr wie Joachim Starbatty, Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling und Karl Albrecht Schachtschneider sowie Dieter Spethmann wollte die Allparteinkoalition der sozailstaatsfixierten Schuldenmacherpolitiker aus CDUSPD und GRÜNE die einzig für dieses Desdaster verasntwortlich sind, nicht hören, sondern lieber das -nicht vorhandene - Geld an die Umverteilungsstaaten wie Griechenland verteilen.

     

    Im April 2010 empfiehlt Hankel Griechenland wie anderen gefährdeten Mitgliedern der Eurozone, am besten zur eigenen Währung zurückzukehren und reichte zusammen mit Joachim Starbatty, Wilhelm Nölling und Karl Albrecht Schachtschneider sowie Dieter Spethmann,Klage vor dem BVerfG gegen die GR Hilfe und den Euro Rettungsschirm ein.

  • I
    iquique

    Es is nach wie vor bedauernswert, dass Redakteure der taz es nicht zu verstehen scheinen, dass es ungluecklich ist permanent von Euro-Krise oder Euro-Rettung zu sprechen und damit indirekt zu unterstellen, dass entweder die Gemeinschaftswaehrung gerettet werden muesste oder gar der Euro die Ursache fuer die Krise sei. Gerettet wird nicht der Euro, sondern die Banken, die den ueberschuldeten Laendern Geld geliehen haben, und zum Teil werden diese Laaender durch billige Kredite direkt weiter subventioniert, was ich an dieser Stelle nicht kommentieren moechte. Wir haben es mit einer Schuldenkrise und insbesondere einer Deregulierungskrise zu tuen, die ebenso frueher oder spaeter eingetreten waehre, gebe es den Euro gar nicht. Es gibt ueberhaupt gar keinen Anlass an der Existenz des Euro oder dessen Wert zu zweifeln und es gibt keinen einzigen ueberzeugenden Grund warum einzelne Laender einen Vorteil haben sollten, wenn sie gar aus dem Euro wieder austreten wuerden (was umfassen absurd ist und daher auch nicht eintreten wird). Die andauernde indirekte Hetze gegen den Euro wird langsam etwas nervig.

  • W
    Wolf

    Ich kann das Wort "Rettungsschirm" nicht mehr hören.

    Hiermit wird nur versucht zu kaschieren, was führende Wirtschaftswissenschaftler bereits vor der Einführung des Euro als Folge prognostizierten: Ohne vorherige(!) vereinbarte gemeinsame Steuer- und Wirtschaftspolitik bricht das gesamte Gebilde zusammen.

    Wir erleben dies jetzt gerade in situ, inklusive des ebenfalls aus politischer Feigheit kalkulierten Schreckens ohne Ende. Alternativlose Lemminge, die uns längst den Zockern ausgeliefert haben...