Kommentar Wucherzinsen beim Dispo: Wie man die Abzocke stoppt
Eine Kontrollinstanz gibt es nicht. Weder das Bundeskartellamt noch die Bafin fühlen sich für die Dispozinsen zuständig. Dabei hätte die Regierung längst die Initiative ergreifen können.
N iemand kann sagen, die Bundesregierung interessiere sich nicht für den Verbraucher: Zumindest nicht, solange dieser einkauft oder Geld ausgibt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Denn damit erhöht er auch die Spielräume der Bundesregierung - zum Beispiel für Steuersenkungen und andere Klientelpolitik.
Ganz anders sieht es dagegen aus, wenn es darum geht, dem Konsumenten dabei zu unterstützen. Beispiel Dispo: Bis zu 18 Prozent Zinsen nehmen die Kreditinstitute derzeit von ihren Kunden. Eine einseitige Abzocke: Schließlich können sie selbst sich das Geld derzeit zu höchstens 1,5 Prozent leihen.
Eine Kontrollinstanz gibt es nicht: weder die Bafin noch das Bundeskartellamt fühlen sich für die Dispozinsen zuständig. Und die Bundesregierung schiebt alleine die Idee zu einer Marktstudie schon seit Monaten vor sich her. Dabei hätte sie längst die Initiative ergreifen können.
BEATE WILLMS ist Redakteurin im Umwelt- und Wirtschaftsressort der taz.
Ein Vorbild könnte jene Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch sein, die die Verzugszinsen betrifft: Zahlt ein Schuldner nicht pünktlich, kann der Gläubiger einen Aufschlag verlangen. Aber der darf maximal fünf und bei Handelsgeschäften acht Prozentpunkte höher sein als der Basiszinssatz, den die Bundesbank errechnet. Beim Dispo hieße das: Mit dem aktuellen Basiszinssatz von 0,12 Prozent dürften die Banken von privaten Verbrauchern nicht mehr als 5,12 Prozent verlangen.
Klar, dass so etwas den Geldhäusern nicht gefällt: Ihr Gewinn würde mit jedem Prozentpunkt weniger Dispozins jährlich um mehr als 400 Millionen Euro sinken. Deshalb ist von der Bundesregierung hier kein Vorstoß zu erwarten. Auch nach der Krise geht sie allen Regulierungen, die die Banken stärker in die Pflicht nehmen würden, aus dem Weg. So wichtig ist ihr der Verbraucher dann doch nicht.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen