Rot-Grün in NRW: Entscheidung über Haushalt vertagt
Rot-Grün will die Verfassungsrichter, die den Nachtragshaushalt 2010 gestoppt hatten, gnädig stimmen und verspricht Einsparungen. Die Linke ist gesprächsbereit.
BOCHUM taz | In Nordrhein-Westfalen kämpft die rot-grüne Minderheitsregierung von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft um ihre Haushalte. Wie die taz aus Koalitionskreisen erfuhr, soll der reguläre Haushalt 2011 erst drei Wochen später in den Landtag eingebracht werden als bislang geplant. "Aus Respekt vor dem Verfassungsgerichtshof" werden die Düsseldorfer Parlamentarier deshalb nicht schon kommenden Woche, sondern erst am 23. und 24. Februar über den Etat beraten. Einen entsprechenden Vorabbericht der taz bestätigte am späten Montagnachmittag auch NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).
Der Verfassungsgerichtshof für NRW in Münster hatte zuvor Teile des rot-grünen Nachtragshaushalts 2010 mit einer einstweiligen Anordnung vorläufig gestoppt. Die Minderheitsregierung darf deshalb vorerst keine neuen Kredite aufnehmen. Grund ist die Erhöhung der Neuverschuldung für 2010 um 1,8 auf 8,4 Milliarden Euro, die Rot-Grün vor allem mit drohenden Ausfällen bei der maroden Landesbank WestLB begründet. Weil jedoch die Summe der Kredite die Investitionen überschreitet, könnten die Richter den Nachtrag als verfassungswidrig ablehnen. Das Hauptverfahren beginnt am 15. Februar. Aus Koalitionskreisen verlautete, man erhoffe Hinweise, welche Anforderungen das Gericht an einen verfassungsgemäßen Haushalt 2011 stellt.
Allerdings denkt die Koalition schon heute über Einsparungen in Milliardenhöhe nach. "Es gibt keine Tabus", stellt der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Norbert Römer, immer wieder klar. Nötig sei eine "generelle Aufgabenkritik": Geklärt werden soll, ob und aus welchen Feldern sich die Landesverwaltung zurückziehen kann. Nach solchen wird in den Düsseldorfer Ministerien bereits gesucht. Konkrete Beschlüsse zur Schließung einzelner Behörden oder Abteilungen liegen noch nicht vor.
Noch bleibt wegen der anziehenden Konjunktur auch die Hoffnung auf Mehreinnahmen. Wie Grüne und Linke fordert SPD-Fraktionschef Römer außerdem die Wiedereinführung der Vermögensteuer. "Wir setzen auf Einsparungen, Einnahmeverbesserungen und die Wiedereinführung von Steuern wie der Vermögensabgabe", sagt auch Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen. Über Stellenstreichungen könnten "unmöglich" Milliardensummen eingespart werden: "Eine Milliarde entspricht rund 20.000 Mitarbeitern", rechnet Priggen vor. "Das wären über 10 Prozent aller Lehrer."
Mit der Ablehnung eines massiven Personalabbaus kommt Rot-Grün außerdem den Abgeordneten der Linkspartei entgegen: Deren Landesvorsitzende Katharina Schwabedissen droht bereits, der Minderheitsregierung, der im Landtag nur eine Stimme zur Mehrheit fehlt, die Unterstützung zu entziehen - Ministerpräsidentin Kraft wäre dann immer auf zumindest eine Enthaltung aus den Reihen von CDU oder FDP angewiesen.
Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Bärbel Beuermann, gibt sich dagegen gesprächsbereit: Über einzelne Stellenstreichungen müsse "diskutiert werden", sagt sie - und erinnert an die "soziale Vorsorgepolitik", die Rot-Grün etwa mit der Abschaffung der Studiengebühren, dem Sozialticket im öffentlichen Verkehr und der Entlastung der Städte anstrebe. Denn wie die FDP fürchtet die Linke vor allem Neuwahlen. Beide Parteien drohen an der 5-Prozent-Hürde zu scheitern. Der Etat 2011, sagt deshalb selbst Schwabedissen, sei "kein Grund, Neuwahlen anzustreben".
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