ROT-GRÜN: Afghanistan und wie weiter?

Warum der Bremer SPD-Abgeordnete Carsten Sieling gegen die Verlängerung des Afghanistan-Mandates der Bundeswehr, die Grüne Marieluise Beck dafür stimmt

Der Bundestag wird heute über die Fortsetzung des Afghanistan-Mandates der Bundeswehr für ein weiteres Jahr entscheiden. Dabei wird Marieluise Beck zu der kleinen Minderheit von Grünen gehören, die zustimmen. Der Bremer SPD-Abgeordnete Carsten Sieling will mit einer kleinen Gruppe von SPD-Abgeordneten nicht zustimmen.

Er sei für die Strategie der Übergabe der Verantwortung an die afghanische Regierung, sagt Sieling, und strikt gegen die Forderung eines "sofortigen Abzuges", wie es die Linke vertritt. Nur: Der Text der Mandatsverlängerung entspreche nicht der neuen Strategie. Die Zahl der Soldaten ist mit "maximal 5.350" benannt, kein Hinweis auf einen Beginn des Abzuges. "Der mögliche Beginn der Übergabe der Verantwortung ist nicht gleichzusetzen mit dem Abzug der internationalen Sicherheitskräfte", heißt es in der Begründung zu dem Text. Kein Zeitplan. Sieling ist dafür, dass Deutschland eine aktive Rolle übernimmt bei dem Weg heraus aus Afghanistan und nicht darauf wartet, bis der US-amerikanische Präsident Obama aus innenpolitischen Gründen einen Abzugsbeginn verkündet.

Sielings SPD-Kollege Uwe Beckmeyer sieht den Abstimmungs-Text der Bundesregierung auch kritisch. Er will anders als Sieling dennoch zustimmen, "um dem Strategiewechsel eine Chance zu geben". Wesentlich ist auch für ihn, dass die USA vermutlich im Juli mit dem Rückzug ihrer Soldaten beginnen wollen - die Bundesregierung werde so oder so dann nachziehen.

Marieluise Beck gehört zu der Gruppe grüner Bundestagsabgeordneten, die auch trotz des Textes der Mandatsverlängerung zustimmen werden. Sie findet es "hoch problematisch", sich auf ein Datum für den Abzug der Truppen festzulegen - das verunsichere alle, die sich nicht mit einem möglichen neuen Taliban-Regime arrangieren wollen. "Auch ich habe kein Patentrezept, wie die komplizierte Situation in Afghanistan auf einen besseren Weg gebracht werden kann", sagt sie. "Aber ich weiß - auch aufgrund meiner Besuche in diesem geschundenen Land - dass es dort keinen Frieden geben wird, indem sich die demokratischen Staaten militärisch zurückziehen bevor die afghanische Justiz, Armee und Polizei die verfassungsmäßige Ordnung selbst verteidigen können." Seit ihrem Engagement in Bosnien ist für Beck klar: "Ich persönlich kann es nicht verantworten, den politischen Hilferuf einer Bevölkerung abzuweisen" - insbesondere dann, "wenn man schon da ist". Sie verweist auf den Afghanistan-Experten Ahmed Rashid, der zu den schärfsten kompetenten Kritikern der US-Strategie zählt und gesagt hat, ein sofortiger Abzug "wäre eine Katastrophe". Seinen dramatischen Appell hat kürzlich ein Journalist aus Kabul "We Need Your Presence" überschrieben. Gerade die politisch aktiven Frauen in Afghanistan fürchteten die Rückkehr der Taliban und ihrer Schreckensherrschaft. "Spätestens seit dem Völkermord in Bosnien und Herzegowina", so Beck, sei sie überzeugt, "dass der Nichteinsatz von polizeilichen und militärischen Mitteln ebenso schuldig machen kann wie der Einsatz von Gewalt".

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