Ehemaliges Hertie-Kaufhaus: Leerstand in bester Lage

In Barmbek verkommt das ehemalige Hertie-Gebäude. Ansässige Geschäftsleute haben einen Bürgerinitiative gegründet und wollen das ändern.

Kein schöner Anblick: Das einstige Hertie-Kaufhaus in Barmbek. Bild: Hannes von der Fecht

HAMBURG taz | Verrammelte Türen, in den Eingängen sammelt sich Müll, Kot und Urin, zersplitterte Glasscheiben. Und über allem prangt noch der rote Schriftzug "Hertie", der von einstigen prall gefüllten bunten Warenregalen kündet.

Einige Fenster sind angelaufen, im ehemaligen Restaurant in der obersten Etage hängen noch vergilbte Gardinen. Presst man heute die Nase an die Scheibe, sieht man herausgerissene Kabel, Farbe blättert von den Wänden und auf der Laderampe liegt zentimeterhoch Taubenkot. Um dieses Gebäude macht man lieber einen großen Bogen - wenn man kann. Weils nicht alle können, haben Plakatkleber das ehemalige Kaufhaus zur riesigen Litfaßsäule umfunktioniert.

Mit dem Verkauf der Hertie-Häuser von Karstadt-Quelle an den englischen Finanzinvestor Dawnay Day und eine weitere britische Investmentgesellschaft namens Hilco kam 2005 die Globalisierung in Barmbek an. Heute ist sie immer noch da: als Leerstand. Im August 2009 machte die Barmbeker Filiale an der Fuhlsbüttler Straße wegen Insolvenz dicht. 25 von 64 ehemaligen Hertie-Kaufhäusern in ganz Deutschland haben inzwischen den Besitzer gewechselt.

Den Verkauf der Liegenschaften vermittelt die Berliner BNP Paribas Real Estate im Auftrag der insolventen Besitzer. Nach Angaben von Christoph Meyer aus der BNP-Geschäftsleitung gebe es mehrere Investoren, die lieber heute als morgen kaufen würden. Dabei gehe es um den Standort rund um den bis 2014 sanierten U- und S-Bahnhof Barmbek; das Gebäude würde vermutlich abgerissen, vermutet Meyer. In Barmbek seien die Verhandlungen deshalb so schwierig, weil es mindestens drei verschiedene Eigentümer gäbe, die sich streiten.

Hinzu kämen noch Erbbaupächter, die auch ein Mitspracherecht hätten. Wenn aber noch so viel rechtlicher Klärungsbedarf besteht, weshalb schaffen es die Besitzer nicht, das Gebäude instand zu halten? "Och, die haben doch kein Geld für so was", entfährt es Meyer.

Über das vor sich hin gammelnde Kaufhaus ärgert sich auch Buchhändler Ulrich Hoffmann, der gegenüber sein Geschäft hat. Er könne den Anblick nicht mehr ertragen, seine Kundschaft sei deswegen sogar geschrumpft, sagt er.

Deshalb gründete er vor einigen Wochen mit anderen ansässigen Geschäftsleuten die "Barmbeker Initiative", die Unterschriften gegen den ewigen Leerstand und die Verwahrlosung sammelt und mehr Transparenz von Bezirksamt und Eigentümern fordert. "An die tausend Passanten haben unterschrieben", sagt Hoffmann.

Für Bezirksamtsleiter Wolfgang Kopitzsch (SPD) ist Hertie ein "höchstkomplizierter" Dauerbrenner. "Leerstand lohnt sich offenbar für die Londoner", sagt er. "Leider ist es hierzulande möglich, dass Gebäude in Sanierungsgebieten verkommen dürfen. Wir brauchen ein Instrumentarium, um im öffentlichen Interesse handeln zu können." Und es fallen noch Worte wie "Heuschrecken" und "Enteignung".

Es wurmt Kopitzsch, dass ihm die Hände gebunden sind. Um so mehr, weil der Standort an der Fuhlsbüttler Straße für den Einzelhandel hervorragend geeignet sei. "Er hat für den boomenden Stadtteil eine große Bedeutung", sagt Kopitzsch. Am kommenden Mittwoch wird er sich auf einer Podiumsdiskussion der "Barmbeker Initiative" den Fragen der Bürger stellen.

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