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Kein Ganzkörperschleier im AmtBurka-Trägerin quittiert Dienst

Nach heftiger Debatte gibt die voll verschleierte Muslimin ihren Job im Frankfurter Bürgeramt auf. Eine Abfindung wird sie nicht bekommen.

Eine Burka soll es in deutschen Amtsstuben nicht geben. Bild: dapd

FRANKFURT AM MAIN taz | Der Personaldezernent der Stadt Frankfurt, Markus Frank (CDU), sprach von "wehrhafter Liberalität". Und davon, dass genau diese Grundhaltung der Stadt jetzt dazu geführt habe, dass eine Ganzkörperschleier tragende städtische Angestellte am Donnerstagabend ihren Dienst quittierte. Frank legte Wert auf die Feststellung, dass der vierfachen Mutter, die nach eigenen Angaben aus religiösen Gründen nach einer Babypause ihre Arbeit in der Bürgerberatung nur in eine Burka verhüllt wieder aufnehmen wollte, keine Abfindung gezahlt worden sei.

Noch Mitte der Woche hatte die seit mehr als zehn Jahren bei der Stadt beschäftigte deutsche Staatsbürgerin mit Wurzeln in Marokko ihren Wunsch nach Auflösung ihres Arbeitsvertrags nach der Verhängung eines Verbots der Ganzkörperverschleierung durch den Magistrat mit der Forderung nach Zahlung einer Abfindung in Höhe von 18.000 Euro verbunden.

Davon jedoch, so Personaldezernent Frank, sei bei einem "Konsensgespräch" nicht mehr die Rede gewesen. Vielmehr habe sich die strenggläubige Muslimin "kooperationsbereit" gezeigt. Frank führt das auf die konsequent ablehnende Haltung von Stadt und Land in Sachen Burka zurück. Zudem habe der ganze "Hype" um ihre Person die 39 Jahre alte Frau verunsichert. Sie habe dann von sich aus gekündigt - rückwirkend zum 31. Januar.

Doch auch nach der Kündigung der Frau geht die Debatte über die Vollverschleierung weiter. Auf dem Prüfstand steht jetzt der Erlass von Landesinnenminister Boris Rhein (CDU), mit dem Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst in Hessen ab sofort generell untersagt wird, im Dienst eine Burka oder Vergleichbares zu tragen - verbunden mit der Empfehlung an die Kommunen, entsprechend zu verfahren.

Die SPD im Landtag spricht von "Getöse" und "Aktionismus". Das Tragen eines Vollschleiers im öffentlichen Dienst sei nämlich auch schon vorher nicht mit der Rechtslage zu vereinbaren gewesen. Mit dem "angeblich neuen Verbot" würden der Bevölkerung im Kommunalwahlkampf jetzt nur "falsche Tatsachen vorgespiegelt".

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20 Kommentare

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  • D
    Dilemmata

    @eberhard

    In der Regel gibt es auf einem Amt keine Bekleidungsvorschrift es sei denn, es handelt sich um uniformierte Kräfte, Polizei z.B.

    Es gibt aber durchaus Gepflogenheiten in unserem Kulturkreis. Im Landratsamt wird sich keine Angestellte im Bikini an den Schreibtisch setzen und auch nicht mit einem Motorradhelm auf dem Kopf. In Europa schaut man sich in die Augen und zeigt sein Gesicht. Wer das verbirgt hat unlauteres im Sinn, so wird es jedenfalls bei uns interpretiert. So einer verschleierten Person gehe ich aus dem Weg. Da klingeln bei mir irgendwie die Alarmglocken. Einer Nonne mit freundlichem Gesicht wünschte ich einen guten Tag – und ich bin ein Ungläubiger, aber heftigst ;-)

  • O
    Otto

    Durch Burkaverbote können die schwindenden Mitgliederzahlen der Christlichen Kirchen nicht gestoppt werden ,es ensteht lediglich der Anschein einer Konformen Gesselschaft .

  • V
    vic

    Safina,

    man kann eine Burka (Ganzkörper) mit einem Niqab (Gesicht/Kopf) kombinieren. Für die Behörde dürfte das jedoch keinen Unterschied machen, da es sich in beiden Fällen um eine Gesichts, bzw. Kopfverhüllung handelt.

  • W
    Wolfgang

    Es gibt keine einzige Frau auf der Welt, die sich aus

    religösen Gründen ihren ganzen Körper verschleiern muss. Ich akzeptiere nur eine "Verschleierung" mit einem Bikini! Ich bin überzeugt davon, das das jedem Mann gefällt.

    Die Burka ist eine Erfindung geistig zurückgebliebener Männer. Warum tragen Männer keine Burka? Wäre für viele angebracht.Ich nenne aber keine Namen.....

  • L
    Lucia

    @ taz Leser:

     

    >>...gezielte Versuchsballons...und

    Teil einer Strategie, die von den Muslimbrüdern in Ägypten entworfen wurde.....Trug die Frau wirklich eine Burka oder einen Niqab? Das ist ein kleiner, aber wesentlicher Unterschied,..

  • WB
    Werner Beinhart

    Eberhart: Wer meint, Frauen mit Burka sind viel freier, der will uns auch einreden, dass Sklaven es mit ihren Ketten ja viel besser haben.

    @alabasta: die Burka diskriminiert. Und zwar ganz konkret jeden Mann, denn die Frau verhüllt sich um sich vor der Begierde der Männer zu schützen. Sie unterstellt also allen männern, diese würden sie belästigen, wenn sie sie sehen. Ich könnte mir also mit gleichem recht ein T-shirt überziehen auf dem steht: Schau mich nicht an, Du geile Schalmpe!

    Niemand kann mir einreden das hätte was mit Religion zu tun. Das ist eine faschistische Ideologie die hier versucht unsere Werte zu kippen.

    http://www.facebook.com/TubaUmmSelina?sk=wall

  • TL
    taz Leser

    Fälle wie dieser sind gezielte Versuchsballons der islam-faschistischen Verbände wie der IGD und Teil einer Strategie, die von den Muslimbrüdern in Ägypten entworfen wurde. Man gebe bei Google einmal "Muslimbruderschaft Der Plan" ein und lese dort die Details nach.

     

    http://www.yourjournal.de/artikel/427-der-plan-der-muslimbruderschaft-zur-islamischen-eroberung-europas/kommentare.html

  • K
    Kritiker

    In den bisherigen Kommentaren wird eines vollkommen außer Acht gelassen: Bei der Frau handelt es sich um eine Deutsche. Die Argumentation über "Ausländer" geht also am Thema vollkommen vorbei. Und ihre "Integration" dürfte die Frau spätestens im Rahmen ihrer Einbürgerung gezeigt haben (so sie denn nicht gebürtige Deutsche ist, denn die marokkanischen Wurzeln können sich ja durchaus auf die Eltern beziehen).

    Das soll nicht heißen, dass ich die Ganzkörperverschleierung gut finde - die Entscheidung der Stadt Frankfurt halte ich für richtig. Aber die Diskussion geht am Problem vorbei. Konflikte zwischen Religion und Staat haben nichts mit Ausländern zu tun. Kreuze in Klassenzimmern und im Gerichtssaal oder christlichen Religionsunterricht an Schulen halte ich für ebenso problematisch. Von unterrichtenden Nonnen ganz zu schweigen. Hier wird eher versucht an der religiösen Einstellung einer Einzelperson die leidige Debatte um "Leitkultur" fortzuführen.

  • O
    oberlehrermodus

    @sarah:

     

    gehts auch noch eine nummer kleiner? "bezahlt", "schwer gestörte frau", "dieses individuum"...

     

    ich finde ja ferndiagnosen von selbsternannten internetdoktor_innen über die psychische gesundheit anderer menschen im öffentlichem raum, mögen sie einem auch noch so befremdlich erscheinen, geben auch immer parallel eine klare botschaft über die urteilende person selbst.

     

    und diese botschaft klingt in ihrem fall unglaublich hasserfüllt.

  • FB
    Franz Beer

    Leider reitet diese Frau meiner Meinung nach auf der Integrationsdebatte mit. Vollverschleierung-ist für mich ok wenn sie es für sich zushause macht.Sollte no Problem sein. Leider tut sie Frauen in der Gesellschaft keinen guten Dienst damit an.Also Ich möchte die Beraterin auf einem Bürgeramt sehen.Ist ne art von Komunikation die nicht besteht wenn jemand vollverschleiert vor mir sitzt.Und wenns mal so sein sollte dann zieh ich mir die Sturmhaube mit Sonnenbrille von damals auch wieder an.Dann klappts auch mit der Beratung.

  • E
    eberhard

    "In Deutschland können sich Kinder frei entwickeln."

     

    Selten hatte ich bei einer Aussage grössere Bedenken.

     

    Wann beginnt in Deutschland der Leistungsdruck?

     

    Bitte HIER erklären.

     

    Möglicherweise ist die Burka-Trägerin in vielen sehr viel freier. Als wir vielleicht glauben zu meinen, geschweige denn zu wissen.

     

    Der Grad der Ignoranz in DE ist meines Erachtens beträchtlich. Niemand will es wahrhaben, keiner will es zugeben. Woll?

     

    Es wäre doch so schön, wenn wir zunehmend intelligenter würden. Leider werden wir wohl bloss gebildeter. Das reicht natürlich nicht aus!

     

    "Wir wörden alle störben." Zitat von bei www.blog.fefe.de

  • RH
    Robert Himmrich

    Mich interessiert im Zusammenhang mit der Entlassung der voll verschleierten Muslimin in Frankfurter, ob die Frau nun in ihrem offensichtlich religions-faschistischen Milieu alleine gelassen wird und sie somit jede Möglichkeit verliert, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Die Stadt ist fein raus, aber die Probleme bleiben für uns wie auch für alle, die in unserer Gesellschaft keine Orientierung finden.

  • S
    Sarah

    Ich verstehe nicht, warum über dieses Individuum so ausführlich berichtet wird. Für mein Verständnis ist diese entweder für ihr Handeln bezahlte oder schwer gestörte Frau nicht mal eine Meldung wert. Ich frage mich, würden Sie auch so ausführlich über einen Nudisten berichten, der eine Abfindung verlangt, weil er nicht nackt arbeiten darf? Was kommt als nächstes? Der Weltbestseller "Nicht ohne meine Burka?"

  • S
    Safina

    Trug die Frau wirklich eine Burka oder einen Niqab? Das ist ein kleiner, aber wesentlicher Unterschied, und ich finde es wichtig, dass gerade bei dieser Art von Debatte differenziert wird...

  • A
    alabasta

    Die Debatte um das Burkaverbot halte ich für eine höchst populistische Aktion, bei der die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wird. Die Gruppe der Burka-Trägerinnen ist zahlenmäßig sehr gering aber die Diskussion greift die - sehr emotional - geführte Migrantendebatte auf und trägt sie auf dem Rücken der muslimischen Frauen aus. Die Schwierigkeiten, die es mit einigen Gruppen von Migranten in den bekannten großstädtischen Kiezen gibt, geht nicht von den verschleierten Frauen aus - oder wurde jemand von Ihnen schon einmal von einer verschleierten Frau physisch oder psychisch angegriffen? Wer sich durch den Anblick Andersgläubiger oder -denkender schon belästigt oder gar diskriminiert fühlt und sich davor 'schützen' will, hilft die schon vorhandenen Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen weiter zu verschärfen. Ich finde das gefährlich.

  • V
    vic

    Warum können wir uns nicht darauf einigen, dass Ganzkörperschleier im Publikmsverkehr in der- nicht weniger glaubensverwirrten BRD- einfach nicht möglich ist.

    An anderen Arbeitsplätzen geht das niemanden etwas an.

    "Wir" Ästheten sind vermutlich auch nicht immer schön anzusehen.

  • I
    Ikarus

    Eine Ganzkörperverschleierung sollt man per Gesetz grundsätzlich verbieten, dann gibt es diese Versuche auf dem Arbeitsplatz mit Schleier zu erscheinen,erst gar nicht mehr. Ich würde noch weiter gehen, ein Kopftuch am Arbeitsplatz ist genauso unmöglich, das alles ist für mich wenn überhaupt, religiöser Fanatismuss, aber ich sehe es als politisches Zeichen, beides hat bei uns hier nichts zu suchen. Wenn jemand aus religösen Gründen ohne Kopftuch oder Schleier nicht arbeiten will, dann muss er dahin, wo er es kann. Die Dame mit Burka lebt dann vermutlich hier bei uns vom Staat und damit noch besser als im armen Marokko. Ich habe absolut nichts gegen Ausländer aber wer hier lebt, der muss sich dem Lande anpassen, wie werden denn Kinder von solch vermummten Frauen erzogen? Wie sollen die in einem demokratischem und weltoffenem Europa zurecht kommen? Die Frage stelle ich mir auch, wenn ich schon kleine Mädchen im Alter von 7 Jahren mit dem muslimischen Kopftuch und langen Röcken sehe. Die werden schon als kleine Kinder eingeschränkt, können nicht normal toben, rennen und spielen wie Kinder das tun sollten,die können sich nicht normal entwickeln, mir tun sie nur leid.

  • MO
    Mark Obrembalski

    Vielleicht kann die Frau ja in der Presseabteilung der Stadt Stuttgart unterkommen. Tarnen und Verschleiern sind da dank Stuttgart 21 ja gefragte Fähigkeiten.

  • H
    hatem

    Warum zieht der Ehemann (denn der dürfte hinter dem plötzlichen Burkawusch stecken) nicht mit seiner Familie in ein Land, in dem Burkatragen (so wie Steinigen, Zwangsheirat und Ehrenmorde) akzeptiert sind?

    Vielleicht weil es dort nicht so gute Gesundheits- und Sozialsysteme gibt?

    Oder weil er geglaubt hat, dass seine Frau mit ihrem mobilen Stoffgefängnis bei der Stadt arbeiten dürfte? Grund genug hatte er ja...

  • E
    eberhard

    In einem Amt sollen Dienstleistungen neutral und

    den Gesetzen entsprechend erbracht werden.

     

    Dazu braucht es keinerlei Kleidungsvorschriften - meiner Meinung nach.

     

    "Wehrhafte Liberalität" ist m.E. in diesem Zusammenhang eine reichlich unaufgeklärter Begriff.

     

    Mit "Freiheit" hat das alles nichts zu tun.

     

    Vielleicht ist die Burka-Trägerin in Vielem freier, als diejenigen, die dies hier ablehnen.

     

    Wer weiß es denn genauer?