Neue Flugrouten für Berlin-Schönefeld: Um die Stadt herum
Der Streit um die Flugrouten von BBI geht in die entscheidende Runde. Seit Dienstag steht ein neuer Vorschlag der Flugsicherung im Netz. Berlins Südwesten bleibt darin verschont.
In Lichtenrade und Kleinmachnow können sie die Sektflaschen kaltstellen. Am Dienstag hat Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) einen neuen Vorschlag der Deutschen Flugsicherung (DFS) für die Abflugrouten am Flughafen Berlin Brandenburg International BBI im Internet veröffentlicht. Demnach soll nach Starts in Richtung Westen auf der nördlichen Startbahn geradeaus geflogen werden. Der Südwesten Berlins wäre damit nicht mehr vom Fluglärm betroffen.
Um den geforderten Abstand bei Parallelstarts zu erreichen, biegen die startenden Jets in einem 15-Grad Winkel nach Süden ab. Auch für Starts in Richtung Osten hat die DFS der Fluglärmkommission bei ihrer Sitzung am vergangenen Montag einen neuen Vorschlag unterbreitet. So sollten große Flugzeuge auf der nördlichen Bahn geradeaus fliegen. Kleinere Jets dagegen könnten von der südlichen Startbahn eine "kurze Südabflugkurve" beschreiben und schneller aufsteigen, um landenden Jets aus dem Osten auszuweichen. Diese extreme Rechtskurve soll Zeuthen vor dem Fluglärm bewahren.
Der Vorschlag der DFS ist das Ergebnis einer Überprüfung von 16 Alternativrouten, die die Fluglärmkommission vorgelegt hat. Dabei hat die DFS alle Varianten darauf überprüft, wie viele Anwohner in welchem Ausmaß vom Fluglärm betroffen wären. Allerdings ist eine endgültige Entscheidung noch nicht gefallen, wie es gestern auf einem Pressetermin bei der DFS in Frankfurt am Main hieß. Der Vorschlag wird weiter ausgearbeitet und dann erneut der Fluglärmkommission vorgelegt. Die kann Empfehlungen geben, aber keine verbindlichen Entscheidungen treffen.
Die Vorschläge: Zum umstrittenen Routenvorschlag, den die Deutsche Flugsicherung (DFS) im September vorgestellt hat, hatten betroffene Gemeinden und Anwohnerinitiativen über 20 Alternativen eingereicht.
Die Überprüfung: Die DFS hat nun alle Alternativen überprüft und die Zahl der jeweils von Fluglärm Betroffenen berechnet.
Das vorläufige Ergebnis: Die über 60-seitige Stellungnahme der DFS findet sich seit Dienstag im Internet unter www.mil.brandenburg.de/sixcms/detail.php/488204
Demgegenüber hatte Brandenburgs Instrastrukturstaatssekretär Rainer Bretschneider bei der Fluglärmkommission am Montag gesagt, die umstrittenen Routen, die die DFS im September vorgelegt hatte, seien endgültig vom Tisch.
Auch wenn der neue Vorschlag den Berliner Südwesten entlastet, dürften die Proteste nicht abebben. Die Verlierer der neuen Abflugvarianten sind die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow sowie Ludwigsfelde. Bei Oststarts im Geradeausflug donnern die Flieger über Schmöckwitz und Eichwalde. Allerdings gibt es auch den Vorschlag, um Blankenfelde-Mahlow einen kleinen Bogen zu fliegen.
Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Landesparteitag der CDU Verständnis für die Proteste geäußert und eine "vernünftige Lösung" angemahnt hatte, drückt die DFS aufs Tempo. Bereits auf der nächsten Sitzung der Fluglärmkommission am 14. März soll über neue Landerouten beraten werden. Für den 29. März ist eine weitere Sitzung anberaumt. Die endgültigen Routen sollen Ende August fertig sein. Der Flughafen BBI soll im Juni 2012 ans Netz.
Das mit dem Sekt hält der Sprecher der Bürgerinitiative Kleinmachnow, Matthias Schubert, für voreilig. "Ohne weiteren massiven Protest werden wir hier alle verschaukelt", befürchtet Schubert und kündigte an: "Wir demonstrieren wieder und wieder in Schönefeld."
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hingegen sagte am Dienstag: "Wir sind ein Stück weiter." Allerdings sei bis Ende des Jahres noch Luft nach oben: "Ich bin weiter optimistisch, dass noch zusätzliche Reduzierungen möglich sind."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Merz stellt Reform in Aussicht
Zarte Bewegung bei der Schuldenbremse
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“