Hannover 96 gegen den 1. FC Kaiserslautern: Die Früchte des Verstoßenwerdens
Hannover 96 schlägt den 1. FC Kaiserslautern und kann auch sonst auf gute Eckdaten blicken. Trainer Mirko Slomkas nicht immer sanfter Kurs zahlt sich aus.
HANNOVER taz | Gewohnt charmant moderierte Mirko Slomka den Abend eines weiteren Erfolges. "Ich möchte diese Mannschaft gerne mitnehmen", sagte der Trainer von Hannover 96 und sprach von den nächsten Zielen, die es zu erreichen gelte.
41 Punkte nach 23 Spieltagen, ein fester Platz in der Spitzengruppe der Fußball-Bundesliga - für einen Verein, der eigentlich den Nichtabstieg und 40 Punkte zum Saisonende als großes Ziel ausgegeben hatte, gab es nach dem souveränen 3:0-Heimsieg gegen den 1. FC Kaiserslautern erstaunliche Eckdaten zu bejubeln.
Dass Slomka auf dem Weg Spieler wie Jan Schlaudraff, der nach seiner Zeit als Nationalspieler in Hannover eine Ära der Verletzungen und Enttäuschungen folgen ließ, tüchtig vor das Schienbein treten musste, ist angesichts der Erfolgsserie fast schon in Vergessenheit geraten. "Ich bin froh", sagte der zweifache Torschütze, "dass ich die Kurve so gekriegt habe."
Der Trainer, der mitunter gar nicht so nett agiert, wie er wirkt, hat ihm wieder Beine gemacht, indem er ihn zuweilen gar nicht mehr berücksichtigte. Auf der Torhüter-Position profitiert Hannover 96 seit kurzem davon, dass der Trainer einem Neuling wie Ron-Robert Zieler das Vertrauen schenkt, während der nicht immer Ruhe und Souveränität ausstrahlende Florian Fromlowitz überraschend zum Reservisten wurde.
Es spricht für ein funktionierendes Kollektiv in 96-Trikots, dass die Mehrheit der Spieler nach Schlaudraffs schönem 3:0 zur Außenlinie eilte, um Fromlowitz in die Arme zu nehmen. "Wir wollten ihm als Mannschaft zeigen, dass er ein Teil von uns ist", sagte der Torschütze.
Die guten Freunde Schlaudraff und Fromlowitz eint, dass sie unter Slomka schon tüchtig zu leiden hatten. Aber das Duo sollte sich eben auch fragen, ob dieser Trainer nicht schlau genug ist, um zu erkennen, ob sich jemand bei der täglichen Arbeit voll einbringt.
Fromlowitz muss, wenn er zu viele gute Paraden in Serie gezeigt hat, immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden. Und Schlaudraff, der sich im Training oft von einer sonderbaren Lethargie begleiten lässt, musste sich erst ein paar Nicht-Nominierungen und Einsätze in der Amateurelf gefallen lassen, um mit Trotz in den Kreis der Stammspieler zurückzukehren.
Seit Slomka ihm ein verschärftes Fitnessprogramm verordnet hat, ist der Stürmer frei von schweren Verletzungen. Und ganz Hannover staunt darüber, wie sich der 27-Jährige von einem teuren Missverständnis zu einem sehenswerten Hoffnungsträger verwandelt hat.
Auf dem Weg zu einer echten Marke des bezahlten Sports, zu dem Präsident Martin Kind die Fußballfirma Hannover 96 gerne machen möchte, gibt es trotz der vielen Erfolge noch eine Menge zu tun. Obwohl Slomka recht gute Chancen hat, sein Team in den europäischen Fußball zu führen, war das Stadion mit 35.412 Zuschauern zuletzt nur spärlich gefüllt.
Das einstige Erstliga-Mauerblümchen mit den stolzen Eintrittspreisen hat so manchen Kunden verprellt und muss ihn erst wieder zurückgewinnen. Siege wie der gegen Kaiserslautern indes sind beste Werbung für einen Besuch bei Hannover 96.
Wenn Slomka mit Schlaudraff, dem überragenden Didier Ya Konan und dem Torschützen Mohammed Abdellaoue gleich drei Angreifer von Beginn an aufbietet, spricht das für gewachsenes Selbstvertrauen.
"Die Effektivität in der Offensive und die Entschlossenheit von Hannover 96 sind erstaunlich", sagte Marco Kurz, der sich als Trainer mit dem 1. FC Kaiserslautern gegen den drohenden Aufstieg wehren will - was nun in Hannover aber erneut gründlich misslang.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!