Bob-WM in Königssee : Immer mit dem Kopf voran

Mit der Weltmeisterschaft am Königsee versucht die Olympiabewerbung Punkte zu sammeln. Weltmeisterin Marion Thees freut sich schon auf München 2018.

Hohes Risiko gehört beim Bobfahren dazu. Bild: dapd

KÖNIGSSEE taz | Anscheinend gehört am Königssee ein bisschen Bande dazu, wenn Menschen sich mit dem Kopf nach vorn in eine Eisrinne schmeißen. Alle Skeleton-Damen erwischt es am Ende der "Schlangengrube": kurz rein in die Bande, die einen mehr, die anderen weniger. Bei den meisten kommt auf der langen Gerade noch ein Bandeneinschlag auf der linken Seite dazu. Das alles passiert bei Geschwindigkeiten jenseits der 90 Stundenkilometer - blaue Flecken gehören da dazu. Trotzdem strahlen die Sportlerinnen im Ziel, allen voran die alte und neue Weltmeisterin Marion Thees.

Die 26-jährige Thüringerin hatte überraschend die favorisierte Lokalmatadorin Anja Huber geschlagen und war zufrieden: mit sich, mit der Bahn, vor allem aber mit den Zuschauern. "Auf jeden Fall bin ich 2018 hier dabei", sagte Thees. Offen lässt sie, ob als Athletin - oder in anderer Funktion.

Bei einem Erfolg der Münchner Olympiabewerbung werden 2018 alle Schlittenwettbewerbe (Bob, Rennrodel und Skeleton) am malerischen Königssee ausgetragen. Hier steht dann das "Sliding Centre". Von Anfang an war klar, dass die modernisierte Bahn am Königssee Teil der Bewerbung sein wird. Trotzdem interessiert sich kaum jemand groß für den Königssee, und das aus zwei Gründen: Erstens gibt es im Berchtesgadener Land so gut wie keine Probleme, vor Ort herrscht große Euphorie.

Zweitens bewirbt sich München mit einem "Zwei-Park-Konzept", bestehend aus der Landeshauptstadt selbst und dem Sorgenkind Garmisch-Partenkirchen. Der Ort Schönau am Königssee dient mit seiner einen Sportstätte nur der "Komplettierung des Konzepts", wie es offiziell heißt. Die Athleten sollen 2018 in einem neu gebauten Hotelkomplex nächtigen - ohne viel olympischen Flair.

Natürlich haben sich die Olympiaplaner dabei etwas gedacht, schließlich kennen sie die Faustregeln des IOC. Eine davon lautet: Bewirb dich mit möglichst wenig Austragungsorten. Das haben die Münchner beherzigt. Auf ihren Plakaten ist von einem "kompakten Gesamtkonzept mit kurzen Wegen" die Rede. Klingt gut, hält aber der Realität im Fall von Schönau nur bedingt stand. Rund zwei Stunden dauert eine Autofahrt von München an den 160 Kilometer entfernten Königssee. Länger als drei Stunden brauchen Besucher, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.

Falls 2018 tatsächlich Olympische Spiele in München stattfinden sollten, müssten die Besucher mit diesen Zeiten planen, denn große Investitionen in die Schiene sind nicht vorgesehen. "Natürlich arbeiten wir daran, dass es schneller wird", sagt der Berchtesgadener Landrat Georg Grabner der taz. Der CSU-Politiker vertritt das Berchtesgadener Land in der Bewerbungsgesellschaft und ist gleichzeitig als Chef verantwortlich für die Kunsteisbahn, da diese dem Landkreis gehört.

Doch wie ein Chef tritt Grabner wahrlich nicht auf , das würde auch nicht zu ihm passen. Der kleingewachsene Politiker genießt in einer übergroßen weißen Olympiajacke den Tag an der Bahn, ganz wie ein normaler Fan. Am Samstag sind mehrere tausend Zuschauer bei strahlend-blauem Himmel an die im Schatten gelegene Bahn geströmt, um die Rennen mit Viererbob und Skeleton zu sehen. Dabei werden die Vorzüge des Sports schnell sichtbar. Zum einen die Nähe: Die Zuschauer können direkt an der Eisrinne stehen, wenn die Athleten runterrasen. Zum anderen die Volksfestatmosphäre: Bei jedem Läufer dröhnen die Boxen. "Big in Japan", wenn sich Japaner zu Tal stürzen, oder "Born in the USA" für Sportler aus den USA.

Da wippt selbst IOC-Vizepräsident Thomas Bach mit, der natürlich vor allem wegen der Olympiabewerbung an den Königssee gekommen ist. "Von der WM geht noch einmal ein Stimmungsschub aus", sagte Bach. Neben Deutschlands oberstem Sportfunktionär sind auch der ehemalige Skispringer Sven Hannawald und Diskus-Olympiasieger Lars Riedel vor Ort. "Ich habe sogar selbst mal Tests als Bobfahrer absolviert", erzählt Riedel begeistert.

Auch die Bobfahrer, die an diesem Wochenende um den WM-Titel fahren, machen Werbung für ihren Sport. Noch bei der Zieldurchfahrt springen einige von ihnen auf und ballen die Fäuste. Anschließend packen sie blitzschnell ihren Bob auf einen Transporter, schwingen sich selbst mit auf die Ladefläche und lassen sich grinsend wieder an den Start kutschieren.

Auch Christian Ude ist an die Bahn gekommen. Der Königssee dient dem Münchner Oberbürgermeister als eine Art Aufwärmphase für diese Woche. Eine Woche der Wahrheit für die Olympiabewerbung: Ab Dienstag inspiziert eine elfköpfige IOC-Evaluierungskommission sämtliche Wettkampfstätten. Schon heute, am Montagabend, begrüßt Ude die Sportfunktionäre mit einem Empfang. Natürlich muss auch das Drumherum passen, erzählt Ude. Am Königssee allerdings spielt das Drumherum keine so große Rolle: Wenn die IOC-Kommission anrücken wird, herrscht an der Kunsteisbahn nur ganz normaler Trainingsbetrieb - blaue Flecken inbegriffen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.