Wie stark strahlt Fukushima?: Komplettsperrung wird diskutiert
Die Präfektur Fukushima fordert eine völlige Sperrung der Zone um den Reaktor. Das Meer ist dramatisch verstrahlt. Im Westen der USA wurde radioaktives Jod entdeckt.
BERLIN taz | Angesichts der andauernden Strahlung aus den havarierten Reaktoren von Fukushima will es die Verwaltung der Präfektur Fukushima nicht bei der Evakuierung belassen. Sie fordert eine völlige Sperrung der Zone. Diese würde auch den Zutritt der bisherigen Einwohner zu ihren Häusern ausschließen.
Solche Sperrungen ruft die Zentralregierung sonst nur bei drohenden Vulkanausbrüchen oder Erdrutschen aus. Sie ziehen Entschädigungen nach sich. Die Regierung erwäge es, sehe aber noch keine sofortige Notwendigkeit, so ein Regierungssprecher.
Laut dem Betreiber Tepco treten aus den Reaktoren neben Jod auch andere radioaktive Elemente aus, so etwa Technetium-129. Die am Westtor (also entgegen der Windrichtung) gemessenen Strahlenwerte lägen aber höchstens bei 41 Prozent des Limits für Atomarbeiter in der Anlage. Die Arbeiter vor Ort dürfen hundertmal mehr verstrahlt werden als die Bevölkerung.
Belastete Milch in den USA
Die japanische Polizei meldete am Donnerstag, die steigende radioaktive Belastung erschwere auch die Bergung der Tsunamiopfer in der Umgebung des AKWs. Polizisten in Schutzanzügen sind mit Geigerzählern in der Region unterwegs. Damit kann aber nur Gammastrahlung gemessen werden. Ein Polizeisprecher sagte, Tote würden überall gefunden: in Autos, Flüssen oder unter Trümmern.
Auch im Westen der USA wurde inzwischen radioaktives Jod aus Japan entdeckt. Die Stadt Spokane im US-Staat Washington meldete belastete Milch - allerdings sei die Jod-131-Belastung um das 5.000-Fache unter dem Grenzwert geblieben.
Weit beunruhigender ist Kontamination des Meerwassers rund um das AKW Fukushima Daiichi. Die japanische Atomaufsichtsbehörde meldete am Donnerstag eine 4.385-fach höhere Konzentration von Jod-131 als erlaubt. Zum Vergleich: Wer einen halben Liter dieses Wassers tränke, hätte schon mehr als das Dreifache der erlaubten Jahresdosis an radioaktivem Jod aufgenommen. Die Quelle für die hohe Radioaktivität sind überlaufende Schächte und Tanks auf dem Reaktorgelände, vermutet Tepco.
Keine Gefährdung durch deutsche Fischstäbchen
Die hohen Belastungen im Meer gefährden die deutschen Fischstäbchen aus Alaskaseelachs nicht, so die bundeseigene Fischforschunganstalt Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut (vTI). Die Braunschweiger Forscher verweisen zum Vergleich auf die hohen Einleitungen durch die britische Wiederaufarbeitungsanlage in Sellafield. Von dort seien von 1965 bis 1985 pro Jahr bis zu 5.000 TBq eingeleitet worden, also 5.000 Billionen Becquerel. Die Fischfauna der Irischen See habe das weggesteckt, Kabeljau von dort habe ein maximale Belastung von 10 Becquerel pro Kilogramm, einem Sechzigstel des Grenzwerts. Und der Pazifik sei größer.
Premierminister Naoto Kan wird unterdessen aus einem Gespräch folgendermaßen zitiert: Der Plan zum Neubau von 14 AKWs werde überprüft, "inklusive der Möglichkeit, den Plan ad acta zu legen", so das staatliche Fernsehen NHK.
Leser*innenkommentare
nibble
Gast
ich möchte an dieser stelle einen kommentar mit gefährlichen halbwissen vermeiden, jedoch auf holger strohm verweisen, der als experte für kernenergie / atomkraft nach vielen jahren der zensur sich via youtube zu den gefahren der atomenergie äußert.
ich hoffe, daß die taz nicht der zensur unterliegt und film material bzw. informationen über holger strohm publiziert und diesen kommentar mit link veröffentlicht.
holger strohm: der anti-atom appell
werner altnickel & holger strohm über die gefahren der atomkraft...
http://www.youtube.com/watch?v=imYvhn56d8Y
Regierung will mit Sarkozy Atomkraft retten
Gast
Ja, wie stark ist die radioaktive Verseuchung um das Atomkraftwerk Fukushima I... das würde wohl jeder gerne wissen. Aber nicht mal Greenpeace veröffentlich aussagekräftige Werte.
Und Tepco kann überhaupt nicht messen, also beherrscht die Technik des Messens nicht oder ... zu gut.
Jedenfalls stimmt die 10000 Fache Überdosis an R. im Grudnwasser 15 m unter dem Kraftwerk DOCH NICHT. Sagt die Regierung.
Was nun, Huhn? Die Regierung denkt ans große Ganze und dass sie mit Sarkozy die Atomkraft retten will.
Andreas
Gast
Bei der Information, dass mit übliche Geigerzählern nur Gamma-Strahlung gemessen werden kann, seid ihr aber einem Aprilscherz aufgesessen, oder? Zumindest auch Beta-Strahlung sollte gar kein Problem sein, Alpha istt schwieriger, aber auch nicht unmöglich. Den betreffenden Satz würde ich ersatzlos streichen. ;-)
Niko
Gast
Ich kann das Wort "Grenzwert" nicht mehr hören. Die werden doch gerade so festgelegt wie es gebraucht wird. Ich denke unsere Erde hat auch ihren Grenzwert für Gier und Ignoranz. Eigentlich sollten doch drei Warnungen pro Blödsinniger Technologie reichen oder ? Ganz ehrlich ich würde lieber bei Kerzenlicht lesen und mein essen über Feuer kochen als dieser Seifenoper noch länger zusehen zu müssen. Aber was beschwer ich mich eigentlich uns gehts doch spitze ... alles Strahlt und liegt 233445345345fach unter dem Grenzwert
o je taz
Gast
Es gibt kein "Technetium-129", höchstens "Tellur-129".
Und was ist an den deutschen Fischstäbchen konkret so gefährlich?
alles zusammen==>LOL
Wäre schade, wenn die TAZ vor lauter Katastrophen-Journalismus nicht mehr von Springer-Produkten zu unterscheiden wäre!
Hans Müller
Gast
Vielleicht kleinlich, aber meines Erachtens krankt die gesamte Berichterstattung über die Fukushima-Katastrophe an ungenügend recherchierten Berichten wie diesen:
Technetium hat zwar mehrere Isotope, aber keines mit der Masse 129 wie geschrieben. Die hätte ein Klick in der Wikipedia bzw. das Nachfragen bei einem Physiker in Sekunden ergeben.
Diese Aussage geht sicher nicht auf Tepco zurück.
1971
Gast
unbegreiflich.
der zynismus. die ignoranz. die vertuschung.
die parteipolitik. die wirtschaft. das zaudern.
das leugnen von verantwortung.
kan. sarkozy. merkel.
ich bin 40 jahre alt - und dachte, abgebrüht zu sein.
habe ja schon einiges mitbekommen.
aber das festhalten, lavieren, rechtfertigen -
ist einfach zuviel.
tod ist, was ihr verdient.
simple as that.
no regret.
Michael
Gast
"allerdings sei die Jod-131-Belastung um das 5.000-Fache unter dem Grenzwert geblieben."
Meinen Sie "die Jod-Belastung betrug nur ein fünftausendstel des Grenzwertes" ? Alles andere erscheint mir unsinnig, aber ich lasse mich ja gerne belehren!
o taz!
Gast
Technetium-129?
Da war wohl zuviel von im Redaktionskaffee... zusammen mit den gefährlichen deutschen Fischstäbchen...
Dr Nuke Baron
Gast
Es gibt kein Tc-129 lol
Höchstens Te-129, und das ist Tellur und nicht Technetium...
Und warum sind deutsche Fischstäbchen gefährlich? Weil sie deutsch sind?
Das nächste mal nicht so schnell tippen!
Hilfe, wir werden amerikanisiert
Gast
Im Westen der VSA wurde radioaktives Jod entdeckt.
Wahnsinn! Die Mengen sind einfach lachhaft und würden niemanden interessieren, wenn unsere Presse nicht ständig von den Amis manipuliert würde.
Mit dem Tsunami ist es genauso gelaufen. Große Aufregung über eine Welle, die nach tausenden Kilometern bei den Amis ankam - und kein Bericht darüber, wie es den Inselstaaten dazwischen im Pazifik ergangen ist, die viel näher am Epizentrum waren.
lächerlich
Gast
Diese kranke "Logik" hört man dieser Tage oft von den Atomkraft-Fans:
Weil es anderso doch auch bereits schlimmere Unglücke oder früher mal höhere Verseuchung gegeben hat, wird die aktuelle Katastrophe damit verharmlost, gerechtfertigt und haben wir gefälligst die Klappe zu halten.
Wenn wir nach dieser Logik gehen, könnten wir auch genauso zynisch sagen: Wozu sich über die Tote Familie aufregen, die gerade beim Einsturz eines Einfamilienhauses verreckt ist, wenn es doch beim 9/11-Einsturz 2993 Opfer gab...also alles easy, alles bestens und jeder der sich über eine tote Familie aufregt ist nur ein hysterischer Spinner.
drschwarz
Gast
Na Hauptsache die deutschen Fischstäbchen sind nicht belastet. Da sind wir ja nochmal mit einem blauen Auge davon gekommen.
Alternativlos
Gast
Den Ülan ad acta zu legen ist alternativlos.Der Supergau hat gerade erst begonnen, er ist anders als der erste. Schleichend. Naja. Also schnell schleichend. Aber er ist 7 ... oder soagr 8.