ANDREAS ZUMACH ÜBER DIE ANGEBLICHE IMMUNITÄT DER BLAUHELMSOLDATEN: Inakzeptable Begründung
Die Ablehnung von Entschädigungszahlungen an haitianische Cholera-Opfer durch die New Yorker UNO-Zentrale ist formaljuristisch nachvollziehbar. Denn die von den Klägern vorgelegten Studien liefern Indizien, nicht jedoch gerichtsfeste Beweise dafür, dass das aus dem Rio Artibonito entnommene Trinkwasser zuvor durch Abwässer aus einem Lager nepalesischer UNO-Blauhelmsoldaten mit Cholerabakterien verseucht wurde. Damit hätte die UNO die Ablehnung der Entschädigungsforderungen erklären können. Die stattdessen von Generalsekretär Ban Ki Moon verkündete „diplomatische Immunität“ der nepalesischen Blauhelme ist aber inakzeptabel.
Blauhelmsoldaten in UN-Missionen sind ohne Einschränkung an sämtliche Menschenrechtsnormen und Völkerrechtsbestimmungen gebunden und können bei Verstößen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Darauf hatte zuletzt Bans Vorgänger Kofi Annan Anfang des letzten Jahrzehnts hingewiesen, als sexuelle Gewalttaten von UNO-Blauhelmsoldaten weltweit für Negativschlagzeilen sorgten. Das Problem: In fast allen bekannt gewordenen Fällen krimineller Akte durch Blauhelmsoldaten haben ihre jeweiligen Entsenderstaaten – auch europäische wie zum Beispiel Österreich – diese Soldaten durch Rückholung in die Heimat dem Zugriff der UNO entzogen.
Die Verunreinigung des Trinkwassers in Haiti ist – wäre sie eindeutig bewiesen – zwar kein krimineller Akt; sehr wohl aber eine schwerwiegende Fahrlässigkeit, die durchaus Entschädigungsansprüche rechtfertigt. Die UNO hat die geforderte Millionensumme jedoch nicht. Würde sie die Forderung an die Regierung Nepals weiterreichen, sänke nicht nur dort die Bereitschaft drastisch, der UNO künftig noch Blauhelmsoldaten zu schicken.
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