Umfrage über Bildungssystem: Schlechte Noten für deutsche Schulen
Lehrer und Eltern glauben laut einer Umfrage nicht, dass Kinder im Schulsystem ausreichend gefördert werden. Auch hätten Hauptschüler schlechtere Aussichten als Gymnasiasten.
BERLIN taz | Das deutsche Schulsystem ist ungerecht und undurchlässig. Darin ist sich die Mehrheit der Eltern und Lehrer einig, wie das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) in einer repräsentativen Befragung herausfand.
Demnach sehen Hauptschullehrer die Entwicklungschancen ihrer Schüler immer kritischer, während Gymnasiallehrer diese positiver als noch vor einem Jahr bewerten. Mehr als die Hälfte der befragten Eltern glaubt gleichfalls, es sei schwierig für gute Schüler, nach dem Hauptschulabschluss noch die mittlere Reife und danach das Abitur zu machen.
Die Gefahr einer sich verfestigenden Unterschicht sei real, warnte die Geschäftsführerin des IfD, Renate Köcher, als sie die Ergebnisse am Dienstag in Berlin vorstellte. Das Meinungsforschungsinstiut befragte im Auftrag der Vodafone-Stiftung 2.227 Bundesbürger und 536 LehrerInnen zur Schul und Bildungspolitik in Deutschland.
Auch der bundesdeutsche Bildungsföderalismus steht in der Kritik. 72 Prozent der LehrerInnen sowie 78 Prozent der Bürger fordern bundesweit einheitliche Abiturprüfungen. Sechs von zehn Pädagogen sind der Meinung, dass Bildungspolitik Bundessache sei. Schon 2010 hatte sich ein Großteil der Eltern in einer Allensbach-Umfrage für die Zentralisierung des Bildungssystems ausgesprochen.
Medien die besseren Lehrer
Lehrer und Eltern sind sich ferner einig, dass die Schule nicht nur Wissen, sondern auch Tugenden wie Selbstvertrauen, Hilfsbereitschaft und Höflichkeit vermitteln sollte. Allerdings ist nur ein Drittel der Pädagogen davon überzeugt, ihren Schülern diese Werte erfolgreich zu vermitteln. Bei den Hauptschullehrern ist es nur jeder sechste. Einen größeren Einfluss auf die Schüler trauen die Lehrer den Medien, dem Freundeskreis und den Eltern zu.
Eine Lücke klafft auch zwischen Anspruch und Wirklichkeit an deutschen Schulen. Drei Viertel der Lehrer sagen, dass eine gezielte Förderung von Kindern nach ihren Begabungen zu einer guten Schule gehöre - aber nur ein Viertel von ihnen glaubt, die eigene Schule werde diesem Anspruch gerecht. Eine individuelle Förderungen durch die Schulen sei nur mit mehr Personal und zusätzlichem Budget möglich, meint Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbandes.
Leser*innenkommentare
B.M
Gast
Um zu der Erkenntnis zu gelangen, hätte man keine großartigen Umfragen machen müssen. Am Prinzip unseres Schulsystems hat sich doch in Deutschland in den letzten Jahrzehnten kaum etwas positiv verändert. Anspruch und Wahrheit klaffen meilenweit auseinander und die leidtragenden sind die Schüler! "Vater Staat", Arbeitgeber und Co. erwarten, dass die Kinder mit einer Vielzahl von Fähig- und Fertigkeiten nach der Schulzeit auf die Menschheit losgelassen werden, sind aber nicht in der Lage oder bereit, dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder eben diese Fähigkeiten auch erlangen. Zu wenig Lehrstunden, zu wenig Lehrer, zu wenig Ausstattung, marode Schulgebäude usw. usw.! Förderung findet quasi nicht statt und schon in der Grundschule kommt man entweder mit oder bleibt auf der Strecke zurück, gewartet wird auf keinen! Vorschulen werden abgeschafft, Lernmittelfreiheiten ebenso, Eltern werden, neben ihrer mittlerweile zur Selbstverständlichkeit verkommenen Funktion als kostenlose Nachhilfelehrer, in die finanzielle Pflicht genommen, die Klassenräume ihrer Kinder mit auszustatten, weil sich die Schule nicht in der Lage dazu sieht, Pausenhöfe werden von Eltern saniert und vieles mehr! Deutschland schafft sich seine künftigen Unterschichten selbst und unsere Damen und Herren Politiker sind scheinbar zu dumm zu sehen, dass diese Rechnung uns erheblich teurer zu stehen kommen wird, als gute Schulbildung für ALLE Kinder!
gunterkummerlande
Gast
Der vorliegende Artikel bestätigt
die Berechtigung zur Gründung Freier
Schulen mit eigenem Qualitätsmanagement,
klaren Verhaltenscodex,
vielseitigen Beschäftigungsmöglichkeiten
und stringente Ausrichtung
auf Sprachen, Mathematik, Naturwissenschaften,
welche wirklich sicher beherrscht werden müssen.
Nicht Auslese, sondern eine sehr hohe Volksbildung
muss das Ziel sein ohne Schnickschnack und
Bessermenschentum, ohne Sexismus, Eitelkeit,
Gewalt in allen Facetten und Wegduckmentalität.
Die heutige LehrerInnenschaft muss für diesen Job
erst einmal eine enorme Persönlichkeitsreifung
durchmachen, bevor Sie fortfährt Menschen
für die Zukunft beschränkt einsetzbar zu machen.
Es muss der Tatsache endlich Rechnung getragen
werden, dass die Umfeldrandbedingungen sowohl
für den einzelnen Lehrkörper als auch für
das Schulindividuum maßgeblich den individuellen
Entfaltungsdrang hemmen oder entfesseln kann.
Eine Optimierung der Umfeldrandbedingungen
und eine Diversifikation Lehrstoffdarbietungsformen
müssen die vorrangigen Ziele sein.
schüler
Gast
ach nee!
warum fragt bei solchen sachen nie mal jemand die schüler? die sind jedem tag diesem system ausgesetzt.
DasBertl
Gast
Hurra, die Erkenntnis ist da. Selten so gelacht. Bitte, jedem geistigen Totalausfall ist doch längst klar, was da in der Umfrage "festgestellt" wurde. Nur Realitätstotalverweigerer haben die Unterschiede noch nicht festgestellt. Vor allem die mangelnde Möglichkeit der Nachholbildung (sprich für Menschen, die sich in der Jugend für ganz andere Dinge interessiert haben, als für die Schule, und dies später bereuen, auch Erwachsenenbildung genannt) ist ein Thema, das mich selbst schon lange beschäftigt. Es wird von Menschen in ihrer schwersten Stress- und Veränderungsphase verlangt, sich bitteschön sogleich zu entscheiden, was sie später einmal werden wollen dürfen können. Kein Wunder, dass wir in unserem Land mehr und mehr junge Menschen heranzüchten, die den Anforderungen der kapitalistischen Raubtiergesellschaft nur mäßig bis gar nicht gewachsen sind. Das mag ursprünglich sogar so gewollt gewesen sein, ist aber, angesichts des immer geringer werdenden Nachwuchs eine gesellschaftspolitische Katastrophe und die größte Dummheit, die man sich für die Zukunft dieses Landes vorstellen kann.
alebrije
Gast
Is ja lustig, das Ihr zu diesem Artikel gerade ein Zeugniss aus DDR- Zeiten vervorgekrahmt habt.
Hauptschule?
Gast
Hauptschule? Was is´n das?
Ahh, stimmt. Der Ausbildungsbetrieb für den Job Hartz4.
Die Hauptschule hätte schon vor 25 jahren abgeschafft werden sollen. Dann hätten wir jetzt (vielleicht) ein paar Probleme weniger.
Mein Gott. Hier in RLP oder nebenan in BaWü z.B., haben die 4. Klässler doch nen doppelt so hohen IQ wie die Hauptschulabgänger in Berlin oder Bremen. Usw.
Think about it.