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Tödlicher Zwischenfall im WestjordanlandIsraeli am Josefsgrab erschossen

Ein 25-Jähriger wird von palästinensischen Polizisten getötet, als er versucht, unerlaubt zu der Grabstätte bei Nablus zu gelangen. Verteidigungsminister Barak spricht von "Mord".

Zusammenstösse zwischen Israelis und Palästinensern in der Nähe des Josefgrabes. Bild: ap/dapd

JERUSALEM taz | Der tödliche Zwischenfall in der Nähe der palästinensischen Stadt Nablus wirft einen dunklen Schatten auf die Kooperation der israelischen und der palästinensischen Sicherheitsdienste. Der 25-jährige Israeli Ben-Josef Livnat, Neffe der Kulturministerin Limor Livnat, wurde bei dem Versuch, eine Straßenkontrolle zu durchbrechen, erschossen, nachdem er die Warnungen palästinensischer Polizisten ignoriert hatte. Verteidigungsminister Ehud Barak nannte den Zwischenfall einen "Mord", der "nicht mit einem Mangel an Absprachen gerechtfertigt werden kann".

Die palästinensischen Sicherheitsdienste haben die volle Kontrolle über die Region von Nablus, wo die Grabstätte des Patriarchen Josef vermutet wird. In Absprache mit der palästinensischen Polizei ermöglicht die israelische Armee frommen Juden regelmäßig Besuche der Grabstätte. Das Gebet der 15 Pilger, die am Sonntag in drei privaten Pkws Nablus erreichten, war hingegen nicht abgesprochen. Die Männer hatten keine Genehmigungen für ihren Besuch.

Die Tötung des 25-jährigen mehrfachen Familienvaters Livnat wird von der israelischen Armee als ein "Fehlverhalten auf beiden Seiten" kommentiert. Seit dem Sommer 2007 kooperieren die israelischen und die palästinensischen Sicherheitskräfte eng miteinander. Erst vor wenigen Wochen hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den weiteren Rückzug der israelischen Truppen und mehr Kontrollbefugnisse für die palästinensischen Sicherheitsdienste angekündigt.

Nach dem Zwischenfall in Nablus forderte Netanjahu die Palästinensische Autonomiebehörde zu Maßnahmen gegen den Polizisten auf, der das Feuer auf die Pilger eröffnet hatte. Tatsächlich kommt es gerade umgekehrt viel zu oft zu Schüssen auf Palästinenser, die an Straßenkontrollpunkten der israelischen Armee fälschlich in den Verdacht geraten, einen Angriff geplant zu haben. Nur selten müssen die Schützen Konsequenzen ihres Fehlverhaltens tragen.

Das jüdische Bürgerkomitee in Samaria nahm den Zwischenfall in Nablus zum Anlass, auf die "Gefahr, die von den palästinensischen Sicherheitskräften ausgehen kann", aufmerksam zu machen. Ministerin Limor Livnat kommentierte den Tod ihres Neffen als den Akt eines "kaltblütigen Terroristen, der als palästinensischer Polizist verkleidet war". Am Sonntag und Montag kam es zu mehreren Racheaktionen, bei denen Autoreifen zerstochen und ein arabisches Haus beinahe in Brand gesteckt wurde.

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7 Kommentare

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  • G
    Gerechtigkeit

    Ich danke die gerechten Deutschen, die sich wirklich als intelektuel zeigen u. nicht an die Terrorismus-Propaganda (die große Lüge unserer Zeit)glauben. Ich will, als Araber, dass jeder Mensch im Frieden lebt. Aber für vielen Mächtigen Länder ist Frieden nicht gut. Wenn Frieden u. keine Angst mehr herrscht wer kauft die Waffen in Milliarden Höhe....

    Was die arabische Länder jetzt erleben, ist eine indirekte Kampf gegen die Ex-kolonialmächte Frankreich, England...Denn diese Länder haben die Ex-Kolonien nicht ohne Verträge in die scheinbare "Unabhängigkeit" entlassen. Wir erleben eine richtige Entkolonisierung. Ich habe darüber meine Diplomarbeit geschrieben. Die Verträge kenne ich auch. Als Beispiel die Sprache des Ex-kolonisators mus ab dem ersten Schuljahr gelernt werden: viel Französisch im Fernsehen, Kulturzentren (centres cullturelles Francais in allen Städten)...So sprichen Afrikanische Staaten wie Tunesien, Algerien, Marokko...heute viel mehr Französisch als in der Kolonialzeit selbst. Grund für diese Politik: Rohstoffe...

  • G
    Glückwunsch

    In einem Komentar hatte ich mir erlaubt darauf hinzuweisen, dass man die Situation nicht vergleichen kann, wenn Israelis bei einer palästinensischen Strassensperre erschossen werden oder Palästinenserbei einer israelischen, da es nämlich keine israelischen Terroristen gibt, die in PA-Gebiet eindringen. Aber genau diesen Vergleich bringt der notorische Israel-Hasser "Josef Riga", dessen Kommentar - im Gegensatz zu meinem - veröffentlicht wird. Peinliche Nummer...

  • S
    sue

    @Josef Riga

    nö. gut auf den punkt gebracht.

     

    im übrigen hätte ich gern mal was gelesen über den in jerusalem geborenen und als buchhändler dort lebenden palästinenser, der in noch nicht mal mehr 30 tagen aus israel rausgeschmissen werden soll. warum? weil er in der vergangenheit länger als 7 jahre am stück im ausland (usa) verbracht hat. nach dieser abstrusen regelung, verliert jeder palästinenser seinen aufenthaltsstatus (in jerusalem sind palästinenser übrigens staatenlose).

     

    israel. anwälte nennen den grund für derlei vorgehen unverblümt "rassismus".

     

    quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/muntherfahmi100.html

  • JR
    Josef Riga

    Wenn Palästinensische Sicherheitskräfte einen Juden erschiessen, der eine Strassensperre bricht, nennen sie es "Mord". Wenn dies ein Araber ist, der von den Israelis erschossen wird, nennen sie es "Selbstverteidigung".

    Noch Fragen?

  • P
    PaliSoli

    Da so viele israelische Terroristen in palästinensisches Gebiet eindringen sind diese Todesschüsse sicher gerechtfertigt. Und die israelischen Strassensperren dienen allein der Schikane. Das sollte nochmal betont werden.

  • X
    xVeganarchistx

    "Ministerin Limor Livnat kommentierte den Tod ihres Neffen als den Akt eines 'kaltblütigen Terroristen, der als palästinensischer Polizist verkleidet war'"

     

    Es wird zwar nur ein Wunschtraum bleiben, aber die gute sollte sich mal klar machen was ihr Staat dann erst für ein Monster ist

  • A
    Antiideologe

    Zitat:

    -------------------------

    Tatsächlich kommt es gerade umgekehrt viel zu oft zu Schüssen auf Palästinenser, die an Straßenkontrollpunkten der israelischen Armee fälschlich in den Verdacht geraten, einen Angriff geplant zu haben.

    -------------------------

     

    Wieviele jüdische Selbstmordattentäter hat es in den letzten 20 Jahren in der Westbank gegeben? Wenn Israelis in der Westbank einen Einsatz durchführen, kommen sie in Uniform und mit dem Hubschrauber, nicht als Pilger verkleidet. Das ist hinlänglich bekannt als monopolisierte Taktik der arabischen Milizen.