piwik no script img

Guttenberg hat bei Doktorarbeit getäuschtVom Strahleminister zum Betrüger

Das Urteil der Uni Bayreuth ist eindeutig: Guttenberg hat bei seiner Doktorarbeit vorsätzlich getäuscht. Eine strafrechtliche Verurteilung wird immer wahrscheinlicher.

Nix mehr Strahleminister: Die Zeit großer Gesten ist für Guttenberg vorbei. Bild: dpa

BERLIN/FREIBURG taz | Für Exverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wird ein baldiges politisches Comeback immer unwahrscheinlicher. Die Kommission zur Selbstkontrolle in der Wissenschaft der Universität Bayreuth kommt nach dreimonatiger Prüfung zu dem Ergebnis, dass Guttenberg "die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht hat". Über die gesamte Arbeit hinweg verteilt fänden sich Stellen, die eindeutig als Plagiat zu identifizieren sind, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Bericht.

Guttenberg, auf den gerade viele in den Reihen der Union große Hoffnungen setzten und in ihm bereits den nächsten Kanzlerkandidaten sahen, hatte am 1. März seinen Rückzug aus der Politik verkünden müssen, nachdem sich der Verdacht erhärtete, dass er große Teile seiner an der Uni Bayreuth abgegebenen Jura-Doktorarbeit von anderen Autoren abgeschrieben hatte, ohne dies als Zitate zu kennzeichnen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), aber auch der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer schlossen eine Rückkehr des 39-Jährigen in die Politik nicht aus, der über Monate hinweg als beliebtester Politiker galt.

Aber auch nach seinem Rücktritt zeigte Guttenberg keine Reue, sondern sprach lediglich von einem "Missverständnis". Und auch juristisch setzte er sich zur Wehr. Mitte April griffen seine Anwälte die Uni Bayreuth an und brachten Vorbehalte gegen die Veröffentlichung des Berichts der Selbstkontrollkommission an. Sie sprachen zudem von einer Vorverurteilung. Später stimmte er der Veröffentlichung dann doch zu. Die Uni hatte ihm zu diesem Zeitpunkt den Doktortitel bereits aberkannt.

Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren

Mit dem Ergebnis der Uni-Kommission wird nun auch eine strafrechtliche Verurteilung von Guttenberg wahrscheinlicher. Die Staatsanwaltschaft Hof hatte Anfang März bereits Ermittlungen eingeleitet. Die "unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke" kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Bei derartigen Urheberrechtsverletzungen kann die Staatsanwaltschaft zwar nur ermitteln, wenn sie ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung annimmt oder ein Betroffener Strafantrag stellt. Ein solcher Strafantrag liegt seit Mitte April vor. Welcher plagiierte Autor die Strafverfolgung forderte, ist bisher nicht bekannt.

Bisher hatte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ausgesetzt, um auf den Prüfbericht der Universität zu warten. Nachdem der Bericht von einer vorsätzlichen Tat ausgeht, dürfte Guttenberg kaum um eine Bestrafung herumkommen. In ähnlichen, aber weniger krassen Fällen mussten die ertappten Plagiatoren einige tausend Euro bezahlen. Da sich die Höhe einer Geldstrafe nach den persönlichen Verhältnissen richtet, dürfte auf Guttenberg wohl eine Strafe in fünfstelliger Höhe zukommen. Üblicherweise werden solche Verfahren per Strafbefehl erledigt.

Die hochschulpolitische Sprecherin der bayerischen Grünen, Ulrike Grote, erklärte, Guttenbergs Versuche, alles als Missverständnis hinzustellen, würden nun "besonders erbärmlich" erscheinen. Guttenberg habe bis zuletzt keinerlei Einsicht entwickelt. Das diskreditiere ihn auch künftig für politische Ämter."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • HW
    Heidi Weh

    Häme ist nicht angebracht.

    Das Ganze zeigt uns einfach, wo wir momentan stehen: dass Schein höher bewertet wird als Sein.

    @von Gloria: Das Studium hat er zwar "geschafft", aber da er das Zweite juristische Staatsexamen nicht abgelegt hat, ist KTzG eben auch kein Volljurist. Da er Beziehungen hatte, hätte ihm das in der Politik eigentlich nicht geschadet - es gibt auch andere Menschen, die nur das 1. jur. StExamen haben und dennoch erfolgreich im Beruf sind: dafür braucht man aber Standvermögen und Selbstbewusstsein, Wissen, was man selber, als Mensch und leistender Mensch wert ist. Dies scheint zG zu fehlen, er hat nur Selbstbewusstsein in Kombination mit seiner Herkunft, seines Amtes etc.

    Eigentlich finde ich es schade, dass er - an sich selber -gescheitert ist, es wäre sehr schön gewesen, wenn die Werte, von denen er behauptet hat, er habe sie, nun, wenn er diese auch wirklich verkörpert hätte.

    Was nun den Betrug angeht: er hätte Manns genug sein müssen, ihn zu gestehen, irgendwann wäre dann wahrscheinlich doch Gras darüber gewesen, aber im Angesicht des Feindes (Aufdeckung), nicht die Flucht nach vorne anzutreten, sondern sich zu verstecken (lügen), offenbart eben nicht die Qualität eines Politkers, die wir so gerne hätten und bräuchten und von der auch KTzG wusste, dass wir sie so gerne hätte und bräuchten, und die er so täuschend echt vorspielte.

    Letztendlich ist es doch sehr gut, dass sein wahrer Charakter ans Licht kam, bevor er ein Amt erlangte, in dem er noch weitreichendere Entscheidungen hätte treffen können.

    Also, ich bin dankbar dafür.

  • G
    Gloria

    Auch ich hatte mich blenden lassen anfangs, was den Herrn und dann Minister zu Guttenberg betrifft.

     

    Wie kann man so eitel und dumm sein??

     

    Kommend aus wohlhabender Familie mit Adelstitel (was auch heutzutage noch viele unverständlicher Weise schwitzen läßt; der Adel wurde früher doch nur reich aufgrund von Knechtschaft und Ausbeutung!),Geld genug vorhanden, alle Tören stehen offen...und dann ein Studium erfolgreich geschafft und auch noch "erfolgreich" in der CSU.

     

    Was treibt einen Menschen dazu den Dr. zu erschwindeln??

     

    Ich vermute mal:

    Große Eitelkeit,'Erwartungen in der Familie, gnadenlose Selbstüberschätzung und das Denken, mir kann keiner was!

     

    Die gesamte politische Landschaft in Deutschland ist inzwischen verkommen!

     

    So langsam nähern wir uns italienischen Verhältnissen an:

     

    Das gelenkte Fernsehen verdummt immer mehr oder passt sich den Dummen an.

     

    Rechtliche Vergehen werden als Bagatellen behandelt - Frau Merkel wolle ja einen Verteidigunsministe usw... .

     

    Und das Volk will unterhalten werden von all dem Trübsal, der Armut und dem Leid und möchte leuchtende Gestalten wie einen Karl Theodor ( mehr ist er nämlich nicht!)...

     

    Ein ganz gewiefter Bursche aus dem Bayerischen, der es meisterlich versteht zu blenden!

     

    Die Mogelpackung wurde dank aufmerksamer Menschen entwarnt,

  • AA
    Alfons Alias

    Sonderbar !

     

    "summa cum laude"

    im Blenden, Tricksen und Täuschen, das fanden und finden viele auch noch toll.

  • V
    vic

    Jetzt muss der Pleb wohl auf Bild am Sonntag warten, um sein aktuelles Statement zu hören. Bin schon gespannt, was es diesmal sein wird.

  • F
    Feryaz

    Was ich an dieser Komödie immer noch nicht verstehe ist, warum niemand die Uni selber verantworltich macht. Das muss doch jeder Prüfer gemerkt haben.

    Auch die Reihnfolge mach stutzig:

    Die CDU fängt an Gutenberg zu pushen und dann bekommt er seinen Vor-Abschluß einfach mal so und die Doktorarbeit wird auch nicht mehr wirklich gelesen!? Wie kann man da zu nem anderen Schluß kommen als das die Uni der eigentliche Übeltäter ist?

  • MM
    Markus Müller

    Wow!Dass er es so dicke kriegt hätte ich nicht zu träumen gewagt.Ihn selbst finde ich garnicht soo unsymphatisch,aber was der CSU nutzt sehe ich gerne in Schutt und Asche fallen.

    Fein gemacht Karl-Theodor.

  • H
    h.yurén

    seltsam parteiisch zugunsten des schwindlers heute abend die nachrichten der tagesschau.

    da heißt es, ktg soll nach dem untersuchungsbericht der uni vorsätzlich getäuscht haben. was soll das "soll" da?

    um die darstellung perfekt zu machen, heißt es dann auch noch, die wissenschaftsgemeinde trete nach.

    nachtreten ist beim fußball ein eindeutiges foulspiel. also hätte die redaktion es lieber gesehen, ktg wäre ungeschoren nach so dreister plagiererei und lügerei davongekommen?

    was für kanaillen gibt es da unter der journaille?

  • T
    TheOrbitter

    Die Vorstellung, daß Herr zu Guttenberg bald vorbestraft sein könnte ist ja schon fast ein innerer Reichsparteitag! Natürlich wandert der fälschende Freiherr nicht in den Knast und die Geldstrafe zu stemmen sollte für ihn nicht das geringste Problem darstellen, aber da wir nicht in Italien sind, wo es bei hochrangigen Politikern zum guten Ton gehört vorbestraft zu sein, dürfte eine Vorstrafe die Rückkehr in politische Ämter erheblich erschweren. Na ja, vielleicht auch nicht, im Amigo-Staat Bayern.

    "Hallo Milchgesicht, fährst Deinen Porsche zu Brei / na egal der Papa zahlt ja, der hat 'ne Molkerei." (Stoppok, "Dumpfbacke")