Grüne in Elbe-Elster: Bürgermeistersuche via Facebook

Als erfolglosesten Kreisverband Deutschlands beschreiben sich die Grünen im märkischen Elbe-Elster. Ihren Bürgermeisterkandidaten mussten sie jetzt im Internet suchen.

Der Gewinner im Kreise seiner künftigen Grünen-Kollegen: Gerald Heisig. Bild: Grüne

Sie schimpfen sich selbst als "Deutschlands erfolgloseste Grüne". Ganze 3,5 Prozent holte der Grünen-Kreisverband Elbe-Elster, im Südwest-Zipfel Brandenburgs, bei der letzten Bundestagswahl - laut Parteiangaben gab es bundesweit nirgends weniger Zweitstimmen. Dazu kommt die Partei im ganzen Landkreis auf gerade mal neun Mitglieder. Unbestritten: Externe Hilfe tut not.

Dafür hat der grüne Diaspora-Verband jetzt dieses Facebook entdeckt. Über einen Aufruf im Online-Freundesnetzwerk suchte die Partei in den letzten Wochen einen Bürgermeisterkandidaten für das 4.000-Seelen-Städtchen Uebigau-Wahrenbrück bei Falkenberg/Elster. Profil: Kommunikationsfähigkeit, Führungskompetenz, Menschenkenntnis, Konfliktfähigkeit. Parteimitgliedschaft nicht zwingend, "grüne Ideale" aber hilfreich.

Und tatsächlich: Mehr als 30 Bewerber hätten sich auf die Facebook-Annonce gemeldet, berichtet Grünen-Kreissprecher Klaus Peschel stolz. Aus Brandenburg, aber auch aus Hamburg, Fulda und München, zwischen 26 und 62 Jahre alt. Elf der Interessenten hätten gar ernsthafte Ambitionen gehegt. Am Dienstagabend nun wählten die Grünen aus der Bewerberschar Uebigau-Wahrenbrücks next Bürgermeisteraspiranten: Gerald Heisig, Naturkost-Kaufmann (45), Grüner und Ökolandbau-Student aus Eberswalde.

Der erklärte - bereits in schönstem Profi-Politikersprech - sich "auf Uebigau-Wahrenbrück zu freuen" und "der großen Aufgabe bewusst" zu sein. In den nächsten fünf Wochen werde er mit dem Studium pausieren und sich den Uebigau-Wahrenbrückern vorstellen. Genauere Ziele müsse er erst mit dem Kreisverband absprechen, so Heisig zur taz. "Ich habe wohl keine Chance, aber werde das Beste draus machen." Antreten muss Heisig gegen den amtierenden, parteilosen Bürgermeister Andreas Claus, den sowohl SPD als auch CDU unterstützen. Wenn am Ende, so Heisig, "etwas grüne Farbe" in den Grünen-abstinenten ländlichen Raum komme, sei schon viel gewonnen.

Als "gelungenes Experiment" bejubeln die Kleinst-Grünen denn auch ihren Internet-Coup. Mit dem "medialen Echo" sei die "Zwangsmodernisierung" des mitgliederschwächelnden Elbe-Elster-Verbands eingeläutet. Freilich könnte man auch fragen, wies um die märkische Parteiendemokratie steht, wenn jetzt schon potenzielle Bürgermeisterposten händeringend im Internet feilgeboten werden müssen. Die Grünen verweisen dagegen auf "Offenheit als Systemvoraussetzung der Demokratie". Dass sich die Partei über das eigene Milieu hinaus öffne, könne als neue Rezeptur gegen Politikverdrossenheit taugen.

Leidtragender des Ganzen ist "Facebook-Gewinner" Gerald Heisig: Der nämlich darf sich jetzt in den aussichtslosesten Grünen-Wahlkampf Deutschlands stürzen.

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