Beachvolleyball-WM in Rom: Freude aufs Flair
Das angeschlagene Duo Julius Brink und Jonas Reckermann wird seinen WM-Titel nur schwer verteidigen können. Letztes Mal in Stavanger gelang ihnen eine Sensation.
BERLIN taz | Wer ermessen will, wie groß die Vorfreude von Julius Brink und Jonas Reckermann auf die am Montag beginnende Weltmeisterschaft der Beachvolleyball in Rom ist, dem sei die Website ans Herz gelegt, die ein Sponsor vor dem Saisonhöhepunkt für das deutsche Duo angelegt hat.
Dort präsentieren sich die Sandathleten aus Leverkusen und Köln in launigen Videoschnipseln und Interviews und machen deutlich, dass die Reise in die ewige Stadt für sie vor allem Lust und keinesfalls Last bedeutet.
"Ich freue mich schon den ganzen Winter auf dieses Event", sagt Brink: "Wir spielen in einer sensationellen Location, die Italiener haben es ja raus, Turnieren ein gewisses Flair zu geben. Dieses Volk weiß das gute und schöne Leben zu schätzen." Zudem verbindet die Deutschen mit Rom "super Erinnerungen", wie Reckermann betont, "schließlich haben wir hier 2009 unser erstes gemeinsames Turnier gewonnen. Diese Stadt liegt uns."
Brink und Reckermann bemühen sich redlich, die Leichtigkeit des Seins im Sand in den Vordergrund zu rücken und damit die Erwartungshaltung in den Hintergrund. Kein leichtes Unterfangen, schließlich gehen sie in Rom als der regierende Champion ins Rennen, und jeder weiß, was von der Nummer eins gemeinhin verlangt wird: nicht weniger als die Titelverteidigung.
Brink: "Es gibt in Rom keinen Titel zu verteidigen"
Wobei sich Brink mit diesem Terminus nicht anfreunden mag: "Es gibt in Rom für uns keinen Titel zu verteidigen, sondern einen neuen zu gewinnen. Den von 2009 kann uns keiner mehr nehmen." Für Trainer Jürgen Wagner entspricht dieses Statement "eindeutig unserer Teamaussage, unserer Denkweise. Wenn du in deinem Denken und Tun zu sehr der Vergangenheit verhaftet bist, entwickelst du nach vorn keine Qualität."
Dennoch sei ein kurzer Blick zurück gestattet, schließlich bedeutete der Triumph im norwegischen Stavanger vor zwei Jahren schlicht und ergreifend eine Sensation. Erstmals in der Geschichte der Sportart Beachvolleyball war es einem europäischen Team gelungen, in die Phalanx der dominierenden Nationen aus den USA und Brasilien einzudringen. Danach feierte das Team am Fjord gemeinsam in den Geburtstag von Brink hinein und ließ wahre Ströme an Champagner fließen.
Im Hier und Jetzt sieht es für das deutsche Team weit weniger prickelnd aus. Das liegt zum einen daran, dass die US-Amerikaner Rogers/Dalhausser ihre dominierende Rolle im Sandzirkus ausgebaut haben. Seit der für sie so schmerzlichen Niederlage gegen die Deutschen im WM-Halbfinale sind die Olympiasieger auf der World Tour siebenmal gegen Brink/Reckermann angetreten und haben sie siebenmal geschlagen. Zudem haben sie den Weltrekord der Deutschen von 25 Siegen in Serie pulverisiert und auf 40 Siege gesteigert. "Ganz klar", sagt Brink, "die Jungs sind das Maß aller Dinge. Wenn du ganz oben stehen willst, gilt es, sie zu schlagen."
Verletzungen schmälern die Fitness
Die Voraussetzungen dafür sind jedoch alles andere als brillant. Zuletzt fiel Reckermann fast vier Wochen lang mit einem Muskelfaserriss im linken Oberschenkel aus, erst in der unmittelbaren Vorbereitung auf die WM kehrte der Blockspezialist zum Grand Slam in Peking zurück. "Die Sache ist noch nicht wirklich auskuriert", sagt Wagner, doch alle Überlegungen, sich zu schonen und die lange Reise nach China abzusagen, wurden über Bord geworfen: "Die Jungs wollten unbedingt fahren", sagt der Trainer, der diese Einstellung voll unterstützt. "Würden wir ohne Wettkampfpraxis in eine WM gehen, bräuchten wir auf diesem Niveau gar nicht erst anzutreten." Die ersten Belastungsproben in Fernost zeigten, dass jegliches Ballgefühl und Spielverständnis vorhanden sind, "aber bei 100 Prozent Physis wird Jonas bis Rom nicht sein können".
Fazit: "Unter diesen Voraussetzungen wird es verdammt schwierig werden, das Halbfinale zu erreichen", weiß Wagner. Den Spaß an ihrem Tun wollen sich die Weltmeister auch von solchen Widrigkeiten nicht nehmen lassen. In Peking folgten sie während der Gruppenphase der Restaurantempfehlung eines australischen Kollegen. Und wo landeten sie? Beim Italiener. Dort ließen sie sich mit leckeren Vorspeisen und Pasta verwöhnen und stimmten sich kulinarisch schon mal auf die kommende Großaufgabe ein. "Wie auch immer die letzten Wochen gelaufen sein mögen", sagt Reckermann, "Rom wird ein Highlight. Und das lassen wir uns nicht nehmen."
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