Gelder für Hochschulen: Forschen für die Bundeswehr
Fast 5 Millionen Euro hat die Bundeswehr 2010 an Universitäten für Auftragsarbeiten vergeben. Geld floss auch, wenn die militärische Forschung eigentlich ausgeschlossen war.
BERLIN taz | Der Einfluss der Bundeswehr an den Hochschulen nimmt zu: Im vergangenen Jahr vergab die Armee Forschungsaufträge im Wert von 4,6 Millionen Euro an 23 Universitäten. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei hervor, die der taz vorliegt.
Wieviel Geld welche Universität erhält, hatte Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) immer wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Die aktuelle Liste zeigt erstmals die Quantität der Zusammenarbeit. Auch die Art der Projekte stufte das Verteidigungsministerium noch bis vor einem halben Jahr als geheim ein. Ob man jetzt auskunftsfreudiger ist, konnte die Bundeswehr bis Redaktionsschluss nicht beantworten.
Allerdings zeigen schon die nackten Zahlen, dass die Zusammenarbeit zwischen Heer und Wissenschaft in den letzten zehn Jahren intensiver wurde. So förderte das Verteidigungsministerium im Jahr 2000 18 Universitäten mit rund 2,6 Millionen Euro. Zehn Jahre später hat sich die Summe fast verdoppelt. Zwischen 2000 und 2010 erhielten insgesamt 48 Hochschulen Gelder. Auch solche, die sich eigentlich ausschließlich der zivilen Forschung verpflichtet sehen.
"Die Rüstungsforschung an Hochschulen geht ungebremst weiter", sagte die hochschulpolitische Sprecherin der Linkspartei, Nicole Gohlke. Besonders skandalös sei die Zusammenarbeit zwischen Verteidigungsministerium und der Universität Tübingen, schließlich enthalte die Präambel der Grundordnung der Hochschule seit Januar 2010 eine Zivilklausel. Sie untersagt militärische Forschung.
Soziologische Binnenstruktur bewaffneter Formationen
Die Bundesregierung gibt an, dass die Uni Tübingen seit 2002 rund 1,5 Millionen Euro vom Verteidigungsministerium erhielt. Wofür das Geld eingesetzt wurde, konnte ein Sprecher der Hochschule bis Redaktionsschluss nicht klären.
Gohlke geht davon aus, dass die Zahlen nur die Spitze des Eisbergs sind. Es sei bekannt, dass die Ergebnisse militärischer Forschungsprojekte sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden könnten. Deswegen tauchen manche Universitäten gar nicht in der Liste auf. Beispielsweise die Universität Potsdam, obwohl dort Lehrbeauftragte der Bundeswehr im Masterstudiengang "Military Studies" unterrichten. Im Modul Militärsoziologie wird unter anderem die soziologische Binnenstrukur bewaffneter Formationen untersucht - in Friedens- und in Kriegszeiten.
Gegen militärisch genutzte Forschung an öffentlichen Hochschulen regt sich zunehmend Widerstand. So veröffentlichten Wissenschaftler, Studierende und Gewerkschafter Anfang Juni eine Erklärung "Hochschule für den Frieden - ja zur Zivilklausel."
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