Kommentar Dominique Strauss-Kahn: Erleichterte Sozialisten
Viele Sozialisten in Frankreich sind erleichtert, dass ein Comeback von Domique Stauss-Kahn wieder in weite Ferne gerückt ist. Für viele passt DSK nicht in die Partei.
D ie neue Klage gegen den Exminister und IWF-Chef wegen versuchter Vergewaltigung, dieses Mal in Frankreich, ändert erneut schlagartig die Situation. Seit Sonntag wurde hier die Stimmung getestet: Wollen die Franzosen - und vor allem die Französinnen -, dass dieser sozialistische Draufgänger sich wieder in die Politik einmischt, vorausgesetzt, das Verfahren in New York wird gegen ihn eingestellt? Bisher hielten dies weniger als die Hälfte für wünschenswert. Ihr Anteil dürfte nun drastisch sinken.
Obwohl die Anzeige der Schriftstellerin und Journalistin allgemein mit großer Skepsis hinsichtlich ihrer Absichten und ihrer Glaubwürdigkeit aufgenommen wurde - mit ihrem späten Gang vors Gericht hat sie DSK in der öffentlichen Meinung trotzdem den Gnadenstoß als Politiker versetzt.
Viele Sozialisten sind allerdings klammheimlich erleichtert. Längst nicht alle waren erfreut über die Aussicht auf ein baldiges Comeback eines moralisch und politisch kompromittierenden Kandidaten, dessen sozialliberale Positionen sie nicht unbedingt teilten. Martine Aubry oder François Hollande entsprechen mehr mit dem Programm der Partei. Einmal mehr - wie schon 2007 mit Ségolène Royal - hatten so manche Genossen den Eindruck, dass mit DSK die Medien und Umfrageinstitute den Favoriten für die Linke an ihrer Stelle bestimmen wollten.
ist Frankreich-Korrespondent der taz.
Dennoch hätten sie ihn nur zu gerne im Wahlkampf als Märtyrer der US-Justiz stilisiert, um so wenigstens nachträglich noch einen politischen Nutzen aus dem Skandal zu ziehen. Diese Gegenoffensive wird nun vorerst gebremst. Tristane Banon, deren Recht, gegen DSK zu klagen, über jeden Zweifel erhaben ist, wird letztlich selbst gegen ihren Willen zu einem Spielball politischer Intrigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Resolution gegen Antisemitismus
Nicht komplex genug