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Debatte Antiislamismus nach NorwegenAufklärung, ganz radikal

Kommentar von K.-P. Klingelschmitt

Nach dem Attentaten von Oslo könnte nun falsche Rücksichtnahme auf den Islam zur Selbstzensur führen. Dabei sind Tabus immer ein Zeichen von Schwäche.

Anti-Anti-Islamisten? Protest gegen den zweiten "Anti-Islamisierungskongress" der rechtspopulistischen Bewegungen "Pro Köln" und "Pro NRW". Bild: ap

J etzt heißt es: die ganze "Islamophobie" (Küchenpsychologie) schnell zusammenpacken und die innere Migration suchen. Denn wer es in der gut bürgerlichen oder auch linken Szene noch weiter wagt, antidemokratische oder antiemanzipatorische Tendenzen im Islam zu kritisieren – etwa die Scharia oder Fatwa – läuft nun schnell Gefahr, mit dem norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik in einen Sack gesteckt zu werden.

Maul halten also, damit "die Mitte der Gesellschaft" nicht noch weiter nach rechts verschoben wird, aus der heraus sich dann vielleicht neue islamophobe Christenmenschen über Recht, Gesetz und alle Menschlichkeit erheben und mit dem Verstand kaum zu erfassende Blutbäder veranstalten. Liebe deine Muslime so wie dich selbst (also unkritisch), heißt jetzt die Parole der Mahner und Warner. Dann werde alles wieder gut.

Dabei schrecken einige dieser geschichtsbewusstlosen Islamkritikerkritiker und Islamkritikerkritikerinnen noch nicht einmal davor zurück, ganz unzulässige, bösartige Vergleiche mit der Hetze der Nazis gegen die Juden zu ziehen. Als ob das liberale, sich durch das friedliche und weitgehend auch freundschaftliche Zusammenleben von Menschen vieler Nationen und Religionen auszeichnende Deutschland kurz davor stünde, Muslime etwa mit einem gelben Halbmond zu stigmatisieren und auszugrenzen.

Klaus-Peter Klingelschmitt

ist taz-Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland.

Das aber ist Blödsinn. Und eine Verharmlosung des Naziterrors und der Massenmorde an Juden und Sinti und Roma im Dritten Reich und eine Verhöhnung der Opfer.

Links ist das schon gar nicht. Nur Ausdruck von Hilflosigkeit und Ignoranz. Renommierte Gutachter halten den skandinavischen Kreuzritter mit den Schnellfeuerpistolen schließlich für verrückt. Handeln nicht auch die Terroristen überall auf der Welt, die sich auf den Islam berufen, aus der Mitte ihrer jeweiligen Gesellschaften heraus? Im Irak, in Pakistan, in Afghanistan? Alles Irre? Ja!

Übrigens: Auf der norwegischen Insel wurden junge Sozialdemokraten massakriert; da waren sicher auch ein paar den Irrungen und Wirrungen im Islam skeptisch gegenüberstehende Menschen dabei. Wer sich früh politisch engagiert, ist ja kein Dummkopf.

Verfassungsrecht auf Meinungsfreiheit

Tabus sind jedenfalls immer ein Zeichen von Schwäche. Gesellschaftliche Konflikte offen fair und friedlich auszutragen, ist dagegen das Markenzeichen einer funktionierenden Demokratie. Ich jedenfalls werde mir weiter das in der Verfassung verbriefte Recht auf Meinungsfreiheit herausnehmen und auf Fehlentwicklungen im Islam hinweisen – so wie auch auf den Wahnsinn, der im Namen Christi tagtäglich verkündet wird. Etwa von Millionen grenzdebiler gefährlicher Fundamentalchristen in den Staaten, die ihrem bedauernswerten Nachwuchs glauben machen wollen, dass Gott die Welt exakt so geschaffen habe, wie es in der Bibel steht, und zwar im 17. Jahrhundert.

Aus der Mitte dieser absurden Gesellschaft heraus – im Mittleren Westen – dürften bald weitere schwer bewaffnete Ungeheuer (Amokläufer) erwachsen.

Haben Sie hierzulande schon einmal Engel TV auf Astro TV gesehen? Frau Silvia trägt darin die unerfüllten stummen – alles Telepathie – Wünsche und Fürbitten der Anruferinnen den Engeln vor und gibt dann – nach einer Schweigeminute – deren Entscheidung bekannt: Ja, ist genehmigt! Oder: Leider nein! Und das alles für nur 30 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz.

Wer das glaubt, ist zur Rettung seines Seelenheils vielleicht gleichfalls zu Mord und Totschlag aus Verzweiflung bereit, kommt dann aber post mortem nicht in den Himmel, sondern nur in die Bild-Zeitung: Familiendrama; meist auf dem Lande oder in mittelgroßen Städten. Und immer aus der Mitte der Gesellschaft heraus. Der eigentliche Feind der Menschheit nämlich ist die Religion an und für sich. Amen.

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34 Kommentare

 / 
  • GB
    G. Baumann

    Folgender Kommentar von Helmut Matthies aus Idea 30/31 zeigt etwas von der verwirrten und verirrten Berichterstattung in unserm Lande auf:

     

    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wer die zahllosen Kommentare zum Massenmord in Norwegen liest, wird häufig den Eindruck einer klammheimlichen Genugtuung nicht los, dass der Täter diesmal kein islamischer Fanatiker, sondern ein „christlicher Fundamentalist“ gewesen sein soll. So ein Wesen ist für viele Medien noch verwerflicher. Wäre Anders Breivik Christ, stimmte es sogar. Denn das Neue Testament lehnt nicht nur Gewalt als Mittel religiöser Auseinandersetzung ab, sondern fordert – wie keine andere Religion – Feindesliebe.

    Was alles nicht stimmt

    Selbst in einigen Kirchenblättern hieß es, man wisse noch nicht, ob der Norweger „wirklich so tief in den christlichen Fundamentalismus eingedrungen ist“. Doch man weiß es! Denn er hat in einem 1.518-seitigen, im Internet nachlesbaren Manifest klar kundgetan, was er denkt. So ist für ihn Religion nur eine „Krücke für schwache Menschen“. Eine persönliche Beziehung zu Christus kennt er nicht. Schon das unterscheidet ihn fundamental von sogenannten fundamentalistischen Christen. Allein dass er Freimaurer ist, hätte jeden, der auch nur einen Funken Ahnung von den unterschiedlichen Richtungen im Christentum hat, davon abhalten müssen, von einem „christlichen Fundamentalisten“ zu sprechen, lehnen diese doch die Freimaurerei strikt ab. Auch würde kein so orientierter Christ der These Breiviks zustimmen: „Wir müssen zu unseren katholischen Wurzeln zurückkehren.“

    Ist jedes Mittel recht?

    Trotz dieser klaren Aussagen wurde noch Tage nach dem Ereignis auf „Spiegel-Online“, bei ntv, ZDF und ARD sowie in Tageszeitungen verbreitet, der Täter sei ein „fundamentalistischer Christ“ – nicht selten verbunden mit hasserfüllten Kommentaren. So schrieb die grün-alternative „tageszeitung“ aus Berlin, der Terrorist gehöre zu denen, „die ihre dummen Hirne mit einer christlich-fundamentalistischen Weltsicht füttern“. Da haben wir es: Die Evangelikalen, die hier letztlich gemeint sind, sind dumm, und ihre Weltsicht kann Massenmörder gebären.

    Es ist merkwürdig, dass die, die jetzt zu Recht den Hass des Attentäters auf Muslime und Kommunisten geißeln, selbst zum Hass auf bibeltreue Christen – und gleich auch alle, die politisch nicht links stehen – beitragen. Da erweckten die „tagesthemen“ den Eindruck, im Internetbereich einer konservativen Zeitung habe ein Leser geschrieben, der Täter sei „intelligent“. Für die ARD gehörte das Blatt damit offenbar schon zur Sympathisantenszene des Massenmörders. Dabei hatten die „tagesthemen“ schlecht recherchiert: Es war gar nicht die Internetplattform dieses Blattes! Doch wenn es gegen die „Junge Freiheit“ – die man einblendete – geht, scheint jedes Mittel recht, obwohl ihr erst vor kurzem Bundespräsident a. D. Roman Herzog ein Exklusivinterview gegeben hatte.

    „Die Zeit“: „Ein durchgedrehter Einzeltäter“

    Kann man den Täter so einfach dem Rechtsextremismus zuordnen – wie es fast alle tun? Dann müssten viele Medien ihr Weltbild ändern. Denn laut „Spiegel“ „distanziert er sich von Neonazis: Antisemitismus sei Blödsinn, die Juden Europas Verbündete im Kampf gegen den Islam“. Interessanterweise behielt in der ganzen Debatte ausgerechnet „Zeit“-Herausgeber Jost Joffe einen kühlen Kopf. Für ihn ist Breivik „ein durchgedrehter Einzeltäter … ein Fall für den Psychiater“.

  • A
    Anni

    @Otto Suhr: dann darf ich auch fragen, in wie weit Leute wie Sie oder die taz mit ihrer kruden, undifferenzierten und selbstreferetiellen Hetzkampagne das verquere Denken von ganz offensichtlich so labilen wie nach einfachen Möglichkeiten einer Lösung ihrer entstehenden (für uns irren) Meinung suchen, beeinflussen. So wie bei Anders B., der sich aus verschiedensten!! Versatzstücken eine Sicht bastelte, diese in seiner geistigen Verschlossenheit immer weiter ausbaute - und aus seiner so entstandenen Logik heaus mordete. Hoffen Sie, Herr Suhr, aber auch die taz, dass sich nicht eines Tages ein durchdrehender Mörder auf euer Gedankengut beruft. Dann wärt ihr geistige Brandstifter. P.S.: der Schnee ist nicht nur blau, er ist auch grün. manchmal sogar gelb.

  • WN
    who's next

    Antwort an "Die erste Ratte"

     

    Das ist ja schön, daß Sie uns Kanada als Beispiel für eine gelungene multikulturelle Gesellschaft nennen. Als Ureinwohner möchte ich dann bitte in einem Reservat im Allgäu leben, soweit ich in ihrer Politik überhaupt noch eine Wahlmöglichkeit habe.

  • OS
    Otto Suhr

    Jetzt kriechen sie also alle aus ihren Ecken - die selbsternannten "Islamkritiker" und bauen den größten rhetorischen Strohmann aller Zeiten, indem sie implizieren, man wolle ihnen den Mund verbieten.

    Diese Grundannahme, die auch diesem Artikel zugrunde liegt, ist falsch und das muss gesagt werden. Niemand verbietet den Broders, Fleischhauers und auch Klingelschmidts dieser Welt - sich zu äussern - wirklich niemand. Aber das Recht, Euch zu kritisieren und darauf hinzuweisen, dass ihr eine Mitverantwortung (keine Mitschuld!) für das Klima dass einen Anders B. zu seiner Tat gebracht hat, dass ist unser gutes Recht. Das werden wir doch noch einmal sagen dürfen!

    Konservative/Rechte glauben kritisieren uns Linke immer als wären wir die große Bedrohung der Demokratie. Aber wenn sie selbst auch nur ein klitzekleines Bisschen kritisiert werden, jaulen sie auf und behaupten man wolle ihnen den Mund verbieten.

    Das ist aber gelogen und Sie sollten sich schämen, sich mit solchen billigen rhetorischen Tricks aus der Verantwortung zu stehlen.

    Hier noch ein Link zu einem hervorragenden und differenzierten Kommentar von Rober Misik, der das alles noch viel besser auf den Punkt bringen kann als ich:

    http://www.misik.at/fs/192.php

  • S
    Stefan

    Die Grundfrage bei Terroristen ist: Wer applaudiert? Ist doch Brevik auf der einen Seite ein von der Gesellschaft 1Geächteter, so werden viele Islamisten als Märthyrer und Helden gefeiert. Deren Väter sind stolz auf sie - anders als bei Brevik.

  • IN
    Irene Nickel

    @ Seeräuber-Jens, 1.08.2011 13:33 Uhr:

     

    Gewiss gibt es Religionskritiker, die es sich zu einfach machen und allzu schnell alles Negative im Bereich einer Religion der Religion selbst anlasten. Ebenso gibt es aber auch, und das in großer Zahl, jene Religions-Sympathisanten, die es sich auf ihre Art zu einfach machen: Allzu gern sortieren sie Negatives und Positives im Bereich einer Religion auseinander nach dem Muster: Das Gute wird der Religion zugerechnet, das Negative den "Entartungserscheinungen". Beliebt ist beispielsweise die Behauptung, dass Kreuzzüge und Hexenwahn nicht wirklich etwas mit der christlichen Religion zu tun hätten. Unsinn! Das waren keine Taten von einzelnen Abweichlern, dahinter standen führende Christen, und ihnen folgten viele Christen. Und Kreuzzüge wie Hexenwahn waren geprägt vom Geist der Bibel.

  • B
    Boumedienne

    @Seeräuber-Jens, @Oskar: vielen Dank. Es gibt ja doch Europäer, die denken können - das beruhigt mich.

  • O
    Oskar

    Nichts gegen sachliche Kritik am Islam oder seinen jeweiligen konkreten Anhängern, wenn es etwas an ihnen zu kritisieren gibt. Das Grundproblem der üblichen "Islamkritik" ist aber, dass sie sich eben nicht auf die konkrete Religion und deren jeweilige Auslegung in den unterschiedlichsten moslemischen Kreisen und Staaten und die konkreten Untaten einzelner Gruppen oder Staaten beschränkt, sondern pauschal allen Muslimen und sogar allen Nichtmuslimen aus muslimischen Ländern alles anlastet, was in allen Ländern der Erde von anderen tatsächlichen oder vermuteten Muslimen Falsches, Rückständiges oder auch Verbrecherisches getan wird.

    Über eine solche Art von "Kritik" an ihre Adresse würden sich Christen, Buddhisten, Hindus, Atheisten usw. mit Sicherheit ebenfalls aufregen. Erst recht, wenn sie sich jeden Tag von den Fußsoldaten der jeweiligen Kritiker anpöbeln oder sogar physisch angreifen lassen müssten, bei der Jobsuche diskriminiert würden usw..

     

    Um es deutlich zu machen, werde ich jetzt mal genauso ungerecht: "Die Islamkritiker" sind dann eben alle mit schuld an ihrem extremsten Vertreter Breivik. Und "die Norweger" dann natürlich sowieso. Denn Breivik gehört ja irgendwie zu beiden Gruppen.

    Denkt künftig bitte nach, bevor Ihr schreibt!

  • S
    Seeräuber-Jens

    @ Klaus:

     

    Die Grenze von berechtigter Kritik am Katholizismus zur Katholikenfeindschaft wäre überschritten, wenn Du behauptetest, jeder Katholik sei mehr oder minder explit ein Piusbruder, weil die alleine den Kern des wahren katholischen Glaubens verträten, und Katholiken, die das anders sähen, seien nicht informiert oder inkonsequent und lau. (Na ... die Petrusbrüder wären hier das geeignetere Beispiel.) Wenn Klingelschmitt das Wesen der Fatwa insgesamt diffamiert als undemokratisch und antiemanzipativ, nur weil Khomeini tatsächlich mal so ein Mistrecht gesprochen hat - und ja, viele, viele, viele andere auch -, dann ist die Grenze legitimer Islamkritik zur Islamophobie überschritten. Das ist uninformierter Stammtisch, da will ich nicht für zahlen. Solche Qualitätspresse brauchen wir nicht. Die kappertsbusch z.B. argumentiert da wesentlich differenzierter.

  • K
    Klaus

    Danke für den Kommentar von Herrn Klingelschmidt. Eine Religion, in deren Einflussbereich ausschließlich Zustände herrschen, in denen kein aufgeklärter Mensch leben möchte, weil er seines Lebens nicht sicher wäre, ist doch wohl kritikwürdig. Sonst bräuchte man nicht froh sein über die hiesigen Erfolge der individuellen Emanzipation. Jeder, der z,B. den Film "Das weiße Band" gesehen hat, hat eine Vorstellung davon, wie ähnlich die religiös dominierten, autoritären und sexualfeindlichen Zustände auch hier einmal waren. Das ist vorbei. Warum sollte man Wiedergängern einer solchen Zeit kritiklos begegnen. Das tue ich wir bei den Anhängern der Pius-Brüder z.B. doch auch nicht.

  • S
    Seeräuber-Jens

    @ Leidkultur:

     

    Mir ist bekannt, daß die Türkei eine laizistische Demokratie ist und kein Kalifat mehr. (Im Gegensatz zum theokratischen Großbritannien etwa, wo das Oberhaupt der Staatsreligion zugleich auch Queen des Königreiches ist. Was mal das Spektrum an Reformmöglichkeiten andeuten soll, das selbst dem Iran innewohnt.)

     

    Mich hatte das jetzt selber mal genauer interessiert, was Google mir verrät, ist: Verschiedene türkische Gemeinden in Deutschland halten sich zum Fastenbrechen an die deutschen Sonnenauf- und -untergangszeiten; andere aber an die in der Türkei; wieder andere akzeptieren außerhalb von Ländern muslimischer Kultur nur die Mekkas.

     

    Was wiederum eine Menge aussagt darüber, wie starr, antiemanzipatorisch und undemokratisch Fatwas sind.

     

    Zum Glück ist mir noch niemand drauf gekommen, daß die Sonne inzwischen auch in Island wieder untergeht. Herrjott, seid Ihr pingelig; es geht doch nur um die Verdeutlichung des Prinzips! Aber gut, dann bin ich fürderhin genauer.

  • S
    Seeräuber-Jens

    Und noch'n Nachtrag:

     

    Jedem bleibt es selber überlassen, wie er es mit seinem Gott halten will. Ob er überhaupt einen haben will.

     

    Aber Religion ist eben nicht nur bestimmt von Typen wie dem Ayatollah Khomeini oder dem Papst, der wir sind, sondern auch von Leuten wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King. Oder auch den Jahrtausendphilosophen Ibn Rushd. Was nicht heißt, daß man Christentum oder judentum oder Islam oder was auch immer oder von mir aus auch alle Religionen miteinander nicht auch generell "Mist" finden darf, dürfen muß. Und nichts gegen Religionskritik in der taz. Aber Phillip Geßler z.B. verbreitet keine Stammtischressentiments, die er sich aus der Blödzeitung zusammenklaubt, wie Klingelschmitt hier. Die soll es durchaus von mir aus auch geben, nur bin ich nicht bereit, dafür Geld zu löhnen.

     

    Wir haben neulich noch wieder bei der Linken zu unterscheiden gelernt zwischen "Das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen"-Kritik am Staat Israel und seiner Politik und einer Gehässigkeit, in der diese vorgetragen wird, die schon an Antisemitismus zumindest schrammt. Und Ähnliches nehme ich auch bezüglich des Islam wahr; da, wo z.B. wie in p.i. in den PDFs im Downloadbereich die fundamentalistische als einzig richtige Lesart und Selbstinterpretation "des" Islam angesehenen wird. Für mich ist der Kreationismus keineswegs die einzig authentische Auslegung des biblischen Schöpfungsberichtes, und ich erkläre somit auch nicht alle Christen zu Hinterwäldlern oder solchen, die zu feige und zu lau sind, welche zu sein.

     

    @ Störtebecker: Dank wenigstens für die Formulierung "Allah bewahre uns davor". Das ist ja den wenigsten Christen noch klar, daß sie denselben Gott verehren wie die Muslime; daß der Name "Allah" dieselbe sprachliche Wurzel hat wie das alttestamentarische "El" / "Elohim".

  • S
    Seeräuber-Jens

    @ Störtebecker, Leidkultur:

     

    Es gibt auch in der katholischen Kirche Rechtsgutachten, sehr komplizierte sogar, da das katholische Recht, die ius canonicae, ein recht kompliziertes ist. Und, ja, gläubige Katholiken halten sich dran. Warum sollen die mir deswegen suspekt sein? Wieso hätten wir dadurch eine parallele Rechtssprechung? Man stelle sich vor, sogar Parteien und Vereine haben interne Satzungen, die nicht für den Rest der Gesellschaft gelten! Sind das schon Parallelgesellschaften? Da werden ein Hohmann, da werden ein Schönhuber einfach mal ausgesperrt, obwohl wir in einer Demokratie leben (leider hat die SPD in Sachen Sarazzin nicht so viel Mumm)! Und, lieber Leidkulturist, wieso mache ich mich schon verdächtig, Muslim zu sein, nur weil ich mich mal informiere, bevor ich unausgegorenen Quark absondere? Das find ich allerdings verdächtig, wenn Sachkenntnis schon so selten geworden ist, daß so die einer hat der die ja wohl aus Betroffenheit haben muß. Sonst reden wir ja alle nur ungeprüft jeden Sch...eibenkleister nach. Bin übrigens, auch wenn das unwichtig ist, noch rheinisch-katholisch. (Und "noch" bezieht sich nicht auf eine Konversion zum Islam, habe ich nicht vor.)

     

    Wobei wir tatsächlich sogar parallele Rechtssprechungen haben. Wenn man sich als Altenpfleger in einem katholischen Altenheim von der Ehepartnerin scheiden läßt und mit einer neuen zusammenzieht, ist das ein Kündigungsgrund. Man beläßt der Kirche hier rechtliche Sonderräume, weil sie sich die z.B. auch in der Nazizeit genommen haben und etliche Behinderte in ihren Einrichtungen vor der Euthanasie versteckt, was man im Nachhinein dann doch wieder gut fand, daß der Staat nicht allzusehr in die Kirche hineinregieren konnte. Vor Abschaffung der Wehrpflicht gab es ein Lex Zeugen Jehovas: Die waren von jeglicher Wehrüberwachung freigestellt, weil man wußte, die würden sich dem sowieso verweigern bis ins KZ, das hatten sie gerade bewiesen. Kann gut sein, wir werden auch den Muslimen mal ähnliche Privilegien einrichten. Deswegen muß keiner vom (Un-)Glauben abfallen.

     

    @ Irene: Nix gegen Kritik an Religionen. Nix gegen Kritik gegen bestimmte Erscheinungs- und Entartungsfolgen derselben. Aber wenn beide miteinander vermischt werden - ist doch klar, was für Klingenschmitt eine Fatwa ist: Das, was Khomeini gegen Rushdie verhängt hat, was in der Tat auf's Schärfste zu verurteilen ist -, dann ist das Stammtisch. Nix gegen Stammtisch! Auch nix gegen linken Stammtisch! Aber Stammtisch kann ich mir für lau genug im Internet ziehen, dafür mußte ich mir heute morgen keine taz am Kiosk kaufen.

     

    @ Oskar: Volle Zustimmung natürlich, vielen Dank für die klaren betrachtungen. Die meisten "dem" Islam zugeschriebenen Probleme sind solche südosteuropäischer rückständiger bäuerlicher Gemeinschaften. Kein Mensch hier hat etwas gegen iranische Herzchirurgen, irakische Wasserbauingenieure, die sind alle hervorragend integriert (na gut, wir hatten mal ein Problem mit ägyptischen Architekturstudenten). Die vermeintlich ethnischen Probleme sind in Wirklichkeit zuallermeist Probleme einer extrem sozial undurchlässigen Gesellschaft, die höchstens noch pseudoethnisch-pseudoreligiös aufgeladen werden: Ein türkischer Moslem kann nun mal hier nichts werden außer Türsteher, Gemüseverkäufer, Kleinkrimineller oder Islamist, andere Wege werden ihm ja nicht eröffnet. Und dann kann er sich noch von so Asis in Nadelstreifen als genetisch bedingt dumm beschimpfen lassen, na Danke. Ein fundamentalistischer Muslim ist für mich für seine Religion genausowenig repräsentativ wie ein ostdeutscher Naziglatzkopf. Und schließlich darf man nicht vergessen, daß die Islamdebatte durch die herrschende Klasse aus durchsichtigen Gründen laufend provoziert wird. Kein Mensch redet über das massivste Integrationsproblem: Die dritte und vierte Welle der nur noch so genannten "Rußlanddeutschen", die wirklich nur noch Verrohung, Gewalt sind.

     

    Und noch mal @ Störtebecker: Durch wen und wie Imane ausgebildet sind? Schon mal davon gehört, daß die muslimischen Universitäten um einiges älter sind noch als unsere in Kölle? Schon mal gehört, daß Philosophie und Wissenschaft im Wesentlichen Importe aus der muslimischen Kultur sind? Schon mal gelesen davon, daß wir nicht mehr im Jahre MMXI leben, sondern 2011, und daß man diese Ziffern "arabische" heißt? Weil wir von ihnen die Mathematik erlernen mußten inklusive den Gebrauch der von der Kirche aufs Schärfste bekämpften und dämonisierten Zahl "Null"? Schon mal gehört davon, daß uns die griechische Antike im Wesentlichen durch den Islam vermittelt wurde (unsere christlichen Mönche haben in den Wirren der Völkerwanderungen gerade mal das römische Erbe zusammenraffen und bewahren können)?

     

    Der Islam gehört schon sehr lange zu Europa, und zwar konstitutiv. Ohne ihm würden wir immer noch in riethbedeckten Lehmhütten auf unseren Bärenhäuten liegen.

  • T
    Thomas

    @ Jens

     

    a) Das Individuum ist ein autonomes emanzipiertes Wesen und das dies so bleiben kann muss verteidigt werden.

     

    b) Wie kann man fatwas überhaupt im Ansatz mit einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung in Einklang bringen. Sind Sie meschugge.

     

    c) Ich bezweifle, dass Herr Breivik die deutsche Berichterstattung zum Islam verfolgt hat (er hat ein Zitat von Fjordman über Broder genutzt) und daher besteht dahingehend auch kein Bezug zu dessen Straftaten. (q.e.d.)

    Vielmehr gibt es in den norwegischen Städten sehr wohl Integrationsprobleme, die sicherlich keine sozialen oder ökonomischen Gründe haben, sondern in anachronistischen Vorstellungen über Gesellschaft und Individuen liegen.

     

    d) Ihr Hilferuf nach Küppersbusch, äußert zumindest eine Sehnsucht nach Autorität, welche mir zuwider ist.

  • A
    Anti-Islamkritiker-Hasser

    Herr, Klingelschmitt!

     

    Wechseln Sie die Zeitung, Sie sind eindeutig überqualifiziert für die taz. Ihr größter Fehler ist aber die demokratische Haltung, damit sind Sie bei der taz definitiv falsch!

    Hier wird nur pro-sozialistisch, pro-multikulti und pro-islamisch berichtet!

  • HE
    Hans-Peter Ernst

    Die Psychiatrie ist der falsche Ort für diesen Killer. Er ist nicht verrückt. Und gerade das ist das Gefährliche an diesem Mann. Die Obernazis und Architekten des Holocaust waren ja auch keine irren Psychopathen. Das waren klar denkende Bestien.

     

    Breivik hat das Christentum nicht falsch verstanden oder mißbraucht. Er konfrontiert heutige Christen mit ihren Vorfahren und deren Geschichte. Er glaubt, er sei ein "Tempelritter" und will die Muslime und Multikulti bekämpfen. Sein Bombenanschlag und sein Massenmord an meist jungen Menschen, die er als Kombattanten der Muslime sieht, ist (nicht in der Form aber im Inhalt) identisch mit den Metzeleien, die christliche Kreuzritter am 15. Juli 1099 in Jerusalem inszenierten. Wer das bezweifelt, kann ja mal, oben in seine Leiste, *eroberung jerusalems* eintippen.

     

    Als Buddhist sehe ich, dass Breivik ein aus dieser Zeitspanne Wiedergeborener ist und sich noch überhaupt nicht verändert hat. Das ist Religion oder Metaphysik. Das Folgende aber ist eine Tatsache. Dass nämlich Breivik, im Verhältnis zu der komplexen Kultur, in die er vor 32 Jahren hineingeboren wurde, ein Barbar ist, ein Wilder, der aus der Versenkung auftauchte, ein vertikaler Eindringling.

     

    Islamisch orthodoxe Fundamentalisten, Krieger, Peiniger, Selbstmordattentäter wiederholen die Geschichte der Assassinen. Wer die kennt, weiß das.

     

    Bin Laden, Bush, Mohammed Atta, Breivik ahmten und ahmen alte Geschichte(n) nach. Sie und ihre Schüler sind nicht schöpferisch.

     

    Gewiß kann man sie einfach als irre bezeichnen. Wenn aber Klaus-Peter Klingelschmidt glaubt, er sei ein moderner, linksliberaler Aufklärer, lebt er dann nicht auch in einem Wahn?

  • MC
    Mohammed Chemlal

    In den Debatten ist bei den Rechtspopulisten und Pseudolinken Stimmungsmache gegen Moslems ganz oben. Euro- und Bankenkrise sind am unteren Ende der Leidenschaftlichkeit. Denn die Rechten und die möchte-gern-Linken wissen, dass sie von Ökonomie nur wenig Ahnung haben. Beim Thema Islam glaubt jeder Depp, er sei gut informiert und könne mitreden.

     

    Kamuran Sezer: "Wer das Schwergewicht auf Islamkritik legt, führt allzuoft nur eine Scheindebatte, die vom Wesentlichen ablenken soll. Es geht um die Zugänge zum Kapital und um die Verteilung von Macht und Wohlstand in der globalisierten Gesellschaft."

  • L
    Leidkultur

    @eeräuber-Jens

     

    Menschen, die sich ihr Leben von Fatwas regeln lassen, sind mir persönlich höchst suspekt. Ihnen nicht?

     

    Und bezüglich des Hirns, welches Sie dem Autoren mittels Regen wünschen, sei Ihnen gesagt, dass die Türkei kein islamischer Staat ist, noch nicht.

     

    Ich bin der taz dankbar, dass ausnahmsweise mal ein Artikel veröffentlicht wurde, der sich (im Schlusssatz) gegen ALLE Religionen richtet. Diese Leute sollten uns damit zufrieden lassen. Wenn Sie, Jens, ein konvertierter Seeräuber sind- so könnte man nach Lektüre Ihres Kommentares vermuten- wird niemand etwas dagegen haben- wenn Sie es in Ihrem Wohnzimmer praktizieren. Das erwarte ich von allen Gäubigen! Sie möchten mich damit bitte nicht behelligen. Ich persönlich nehme mir das Recht raus, ganz ohne Gotte klar zu kommen und ihn nur manchmal ganz für mich und heimlich doch anzurufen um Beistand zu bekommen.

  • L
    Leidkultur

    @eeräuber-Jens

     

    Menschen, die sich ihr Leben von Fatwas regeln lassen, sind mir persönlich höchst suspekt. Ihnen nicht?

    Und bezüglich des Hirns, welches Sie dem Autoren mittels Regen wünschen, sei Ihnen gesagt, dass die Türkei kein islamischer Staat ist, noch nicht.

    Ich bin der taz dankbar, dass ausnahmsweise mal ein Artikel veröffentlicht wurde, der sich (im Schlusssatz) gegen ALLE Religionen richtet. Diese Leute sollten uns damit zufrieden lassen. Wenn Sie, Jens, ein konvertierter Seeräuber sind- so könnte man nach Lektüre Ihres Kommentares vermuten- wird niemand etwas dagegen haben- wenn Sie es in Ihrem Wohnzimmer praktizieren. Das erwarte ich von allen Gäubigen! Sie möchten mich damit bitte nicht behelligen. Ich persönlich nehme mir das Recht raus, ganz ohne Gotte klar zu kommen und ihn nur manchmal ganz für mich und heimlich doch anzurufen um Beistand zu bekommen.

  • IN
    Irene Nickel

    Endlich Widerspruch gegen die Verunglimpfung von Islamkritikern! Kritik an Religionen ist ebenso legitim wie Kritik an politischen Parteien und Gruppierungen - ganz gleich, ob es sich um die christliche Religion handelt oder um die jüdische oder die islamische.

     

    Tabus schaden nur. Sie unterhöhlen die Meinungsfreiheit. Und Meinungsfreiheit ist unentbehrlich für die Auseinandersetzung der Ideen, deren Wert wohl selten so treffend beschrieben wurde wie in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: "Die Geistesfreiheit ist für das System der freiheitlichen Demokratie entscheidend wichtig, sie ist geradezu eine Voraussetzung für das Funktionieren dieser Ordnung; sie bewahrt es insbesondere vor Erstarrung und zeigt die Fülle der Lösungsmöglichkeiten für die Sachprobleme auf."

     

    Tabus sind außerdem eine zweischneidige Sache. Oft spielen sie gerade denen in die Hände, die auf Ausgrenzung aus sind. Je überzeugender diese Leute die These vertreten können: "Gegen die darf man ja nichts sagen!" (gegen Muslime, Migranten, Juden, Farbige ...), um so besser kann es diesen Leuten gelingen, die Abneigung gegen "die" zu schüren.

  • O
    Oskar

    Klingelschmitt irrt - im besten Fall - oder verharmlost gezielt. Ein Blick in die Kommentarforen der Nachrichtenportale wie z.B. bei yahoo hätte ihm gezeigt, dass die Zahl der Menschen in Deutschland, die mittlerweile allen Menschen türkischer oder arabischer Herkunft pauschal alles unterstellen, was an Untaten denkbar ist, gewaltig gewachsen ist. Das geht mittlerweile bis zu unverhüllter Pogromhetze. Und besonders dumme Exemplare wie Breivik vollstrecken dann. Daran tragen viele Journalisten durch undifferenzierte Berichterstattung eine gewaltige Mitschuld. Kritik an archaischen Sitten von Minderheiten in einigen Ländern, in denen der Islam die vorherrschende Religion ist, wurde ohne Rücksicht auf die Fakten einfach auf den Islam selbst zurückgeführt.

     

    Die Frauenbeschneidung z.B. stammt überhaupt nicht aus dem Islam und wird vor allem in Afrika nach wie vor von Angehörigen aller Religionen und auch Atheisten durchgeführt. Ehrenmorde z.B. wurden im vorletzten Jahrhundert noch im Süden der USA und selbst im letzten Jahrhundert im christlichen Spanien, auf Kreta und in Süditalien in der Praxis - wenn überhaupt - mit Bagatellstrafen belegt. Beides sind in Wirklichkeit uralte patriarchalische Unterdrückungsformen, die zu ihrer Selbstrechtfertigung gar keinen Bezug auf historisch neuere Religionen benötigen. Dass die modernen Täter oft - aber keineswegs immer - einer bestimmten Religion angehören, hat daher keine Signifikanz.

     

    Wohl aber ihre Herkunft aus besonders rückständigen, vormodernen Kulturkreisen innerhalb einiger Länder, die auch in diesen Ländern oft nur noch Randgruppen sind. Auch die Unterdrückung der Frau ist keine originär muslimische Erfindung, sondern war bis vor wenigen Jahrzehnten ein fester Bestandteil nahezu aller Gesellschaften christlichen oder anderen Glaubens, aber die jeweilige Religion wurde nicht wirklich benötigt, um sie zu erzeugen. Man erinnere an die gesteigerte Unterdrückung der Frauen unter den mehrheitlich atheistischen Nazis. Ich bin mir sicher, dass Frauen in den Stämmen, aus denen sich die Führungsschicht in Saudiarabien, in Afghanistan und in den Stammesgebieten Pakistans zusammensetzt, bereits vor der Islamisierung patriarchalischen Unterdrückungsmaßnahmen ausgesetzt waren. Auch der Glaubensterrorismus ist kein spezifisch muslimisches Phänomen. Solche Radikalen hat es in bestimmten Perioden in allen Religionen und Ideologien gegeben, ohne dass man deshalb pauschal alle Anhänger von Religionen und Ideologien dafür verurteilen darf. Niemanmd hat die evangelischen Christen insgesamt pauschal für die Untaten bestimmter Teile ihrer Glaubensbrüder in Nordirland verantwortlich gemacht.

     

    Das gleiche gilt für die Katholiken. Und niemand hat alle Nordiren pauschal beschuldigt, potenzielle Terroristen zu sein. Ein oberflächlicher Zeitungsleser konnte aber aufgrund der Berichterstattung in den letzten Jahren den Eindruck gewinnen, diesen vergleichbare Untaten stünden in direktem Zusammenhang mit der aufgrund der Herkunft pauschal vermuteten Islamzugehörigkeit von Tätern, ob sie nun Christen, Atheisten oder Muslime waren. Und diese vermutete Zugehörigkeit zu einem Glauben wird dann wieder mit rassistischen Stereotypen vermischt, so dass sich anschließend alle Menschen mit einem Migrationshintergrund aus mehrheitlich islamisch geprägten Ländern einem Pauschalverdacht ausgesetzt sahen, sie seien potenzielle Frauenbeschneider, Terroristen und Ehrenmörder.

     

    Und jetzt unter einem ständigen Rechtfertigungsdruck seitens der Medien stehen, sich dauernd von irgendwelchen Taten distanzieren zu müssen, die sie weder billigen noch zu verantworten haben.

     

    Religionen eignen sich zwar dazu, Fanatikern Vorwände zu liefern. Aber auch atheistische Ideologien können Sadisten und Mördern zur Rechtfertigung dienen, wie der Nazismus, der Stalinismus und der Maoismus deutlich gezeigt haben.

     

    Manche Mörder und Unterdrücker brauchen eben nur einen Vorwand und zwar irgendeinen beliebigen Vorwand, der ihnen vermeintlich oder tatsächlich eine gesellschaftliche Akzeptanz verschafft, um ihre niedrigen Triebe endlich ausleben zu können.

     

    Klingelschmitt verharmlost aber die Gefahr, die von den Vorurteilen gegen bestimmte Gruppen in unseren Gesellschaften ausgeht. Auch ein Breivik benötigte ja irgendwelche Schreibtischtäter, die ihm den Unsinn erst in den Kopf gepflanzt haben, den er benötigte, um seine spezifischen Untaten vor sich selbst rechtfertigen zu können.

  • C
    Christine

    Dann halt noch mal, irgendwie verschwinden meine Leserbriefe unterwegs. Ja, wenn der Postmann halt nicht zweimal klingelt. Die Kämpfer für die offene Gesellschaft beschneiden sich selbst. Denkverbot, Redeverbot fordern sie ja komischerweise schon lange. Jetzt endlich nach Oslo fordert man es ein, ohne Rücksicht auf Verluste. Ach ja und es gibt Gesetze und Gesetze. Fatwas und Fatwas. Darf man über erstere diskutieren, aber über zweitere nicht? Religionskritik ist gut, aber no go ist: Buddhismus und Islam. Islamkritik ist ganz böse. Mönsch gehts noch.

  • S
    Stadtkind

    Ein kluger und durchdachter Artikel. Herzlichen Dank dafür! Kommentare, die Fragen wie "was ist am Konzept der Fatwa auszusetzen?" aufwerfen, verdeutlichen lediglich, dass dem Verfasser das Recht der freien Meinungsäußerung nichts Wert ist.

  • S
    Störtebecker

    @ Seeräuber-Jens schreibt: "...dazu ausgebildeter und qualifizierter Rechtsgelehrte..." Durch wen und wie? Da in Deutschland offiziell der Rechsstaat besteht, hätten wir somit parallele Rechtssprechung. Allah bewahre uns davor, dass dies in Deutschland offiziellen Rechtsstatus bekommt. Inoffiziell ist das in den Brandbezirken ja so, dass des arabisch oder türkisch unkundige Polizeibeamte sogar den Imam zum regeln der Probleme holen. Was da dann geregelt wird, versteht zwar die Polizei nicht. Aber sie kann gehen, weil irgendwas ist wohl schon geregelt worden. Deutschland einig Fatwaland anno 2011.

     

    Wie der Autor schreibt: mit LINKS hat das alles nichts zu tun. Schon gar nicht die erfolgte Hetze in der taz gegen alles, was ihr Meinungsmäßig nicht in den Kram passt.

  • S
    Seeräuber-Jens

    Hallo taz, gehts noch?

     

    Seit Tagen wühle ich mich durch politically incorrect, um zu verstehen, was da eigentlich abgeht. O.k., das ist Internet; der Stammtisch darf daselbst sich jetzt also auch schriftlich ausbreiten.

     

    Aber seit wann denn in der taz? Gabs da nicht mal einen Anspruch von Qualitätsjournalismus? Ist auch bei euch inzwischen das Nuhr'sche Prinzip außer Kraft gesetzt? Seit Ihr auch nur noch so ein hirnfreier Linkenstammtisch, eine Apo-Theke? Von Hans Christian Ströbele immerhin hätte euer Klingelschmitt lernen können, daß da Leute im Internet ein Programm entwickelt haben, mit dem man eben dieses Netz nach Stichworten durchsuchen kann. Kann ganz nützlich sein, sowas. Stößt man auf z.B. so Seiten wie "Wikipedia".

     

    Was um alles in der Welt ist denn gegen das Konzept der Fatwa einzuwenden? Was gibt diesem Ahnungslosen das Recht, von der Fatwa zu sprechen als "antidemokratische oder gar antiemanzipatorische Tendenz" im Islam? Geht's noch? Schiebt den Schmierling ab nach p.i., soller sein krauses Zeugs, seine wirren, aller Kenntnis baren Vorurteile da verbreiten, noch sind die nicht verboten!

     

    Eine Fatwa ist ein verbindliches Rechtsgutachten eines dazu ausgebildeten und qualifizierten Gelehrten. Da geht es um solche Fragen - Aktuelles Beispiel: Ramadan. Im Fastenmonat Ramadam hat ein frommer Muslim zwischen Sonnenaufgang und -untergang zu fasten, keine Speisen zu sich zu nehmen. Problem: Was macht nun ein Muslim sagen wir auf Geschäftsreise in Island? Da geht nämlich die Sonne zur Zeit gar nicht unter??

     

    Und da regelt eine Fatwa: Für ihn gelten Sonnenaufs- und -untergangszeiten des ihm nächstgelegenen muslimischen Landes, in diesem Falle der Türkei. Der darf also essen und trinken nicht erst, wenn in Island die Sonne untergeht - also gar nicht -, sondern schon, wenn in der Türkei die Sonne untergeht.

     

    Was bitteschön soll daran antiemanzipatorisch sein?

     

    Und antidemokratisch ist das Ganze schon mal gar nicht, weil nämlich ein anderer dazu ausgebildeter und qualifizierter Rechtsgelehrte durchaus ein Gegengutachten, eine Gegenfatwa aussprechen kann. So eine Alternativfatwa ist in diesem Falle: Unser geschäftsreisender Muslim kann den Ramadan auch zuhause nachholen.

     

    Fatwas werden auch zu Fragen erlassen wie: Darf ein Muslim Fleisch eines Tieres essen, das vor der Schächtung, wie etwa in Deutschland vorgeschrieben, betäubt wurde? Oder muß er, wie in alten Zeiten, sein Schaf hierzulande illegal selber in der Badewanne abmurksen, wenn er mal wieder Fleisch essen will? Da sagt eine Fatwa: Wenn Recht und Gesetz eines Gastgeberlandes das so vorschreiben, es mithin also kein anderes Fleisch dort gibt, dann darf er das selbstverständlich essen.

     

    Was gibt es daran zu meckern?

     

    Und sein Schlußsatz, eigentlicher Feind der Menschheit sei die Religion an und für sich, ist übelstes, unterirdischstes Hohmann-Niveau. Hohmann machte in seiner berüchtigten Rede als Fazit die Gegenrechnung auf, eigentlicher Feind der Menschen im 20. Jht. seien Nazis und Kommunisten: Also die Gottlosen gewesen. Die "Gottlosen", nicht die Deutschen oder Juden (die nach seinen Informationen hinter der bösen, bösen Oktoberrevolution gesteckt haben sollen), seien das wahrhafte Tätervolk der großen Verbrechen des 20. Jahrhunderts. Das Gegenteil eines Hohmann-Geschwurbels ist aber auch nur Geschwurbel, Religion sei das Grundübel der Menschheit. Es gibt eben auch unter Christen Franz von Assisis und unter Atheisten Richard Stallmans, wie es unter Christen George W. Bushs und unter Atheisten Josef W. Stalins gibt. In Wahrheit kann man das schon bei Karl May lernen: Es gibt gute Bleichgesichter wie Charly und bose Bleichgesichter wie Santer, und es gibt gute Rothäute wie Winnetou und böse wie ... ach, wem sag ich das.

     

    KÜPPIIIIEEEEEE !! KOMM SCHNELL ZURÜÜÜÜÜÜÜCK !!!!!

     

    Und HErr, wirf Hirn vom Himmel!

  • V
    vic

    Sehr geehrter Herr Klingelschmitt,

     

    in diese Kerbe hauen schon mehr als genug.

    Irgendwie kam ich schon immer auch ohne gute Ratschläge zurecht.

    Wer welche braucht, findet reichlich

    Ratgeber-Medien.

    Muss ja nicht die taz sein.

  • R
    Ratziphob

    "Aufklärung, ganz radikal". Prima Titel. Danke für diesen Kommentar.

  • C
    Christine

    Der eigentliche Feind der Menschheit nämlich ist die Religion an und für sich. Amen. Da läßt sich nichts mehr hinzufügen.

  • I
    Irolf

    klasse kommentar,vielleicht kauf ich doch mal wieder eine taz.

  • A
    Aluser

    Ich habe mal gehört, dass laut Bibel die Erde so irgendetwas um die 2-3000 Jahre alt ist. (Habe sie selbst nie gelesen)

    Wie kommen Sie auf den Wert, dass laut Bibel die Erde im 17. Jhd erschaffen wurde? Oder ist das ein Schreibfehler?

  • O
    oswaldi

    Offensichtlich tut man ich in Deutschland schwer, bei der Frage "Was ist Rechtsextremismus" eine einheitliche und klare Antwort zu finden. Hierfür gibt es mindestens zwei Gründe:

     

    Den ersten Grund nennt der Verfassungsschutz in seiner Begründung, weshalb er zum Beispiel "Politically incorrect" nicht beobachtet: Die Webseite sei doch proisraelisch und proamerikanisch und könne deshalb nicht rechtsextrem sein. Er orientiert sich bei seiner Definition von Rechtsextremismus also am historischen Nationalsozialismus und übersieht dabei, dass sich Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nun einmal gegen real vorhandene "Fremde" richtet. Die wenigen Juden, die heute in Deutschland leben, werden aber im rechten Millieu überhaupt nicht als Ursache einer drohenden Überfremdung wahrgenommen, wohl aber die muslimischen Migranten mit ihren "Frauen, die jedes Jahr schwanger sind".

     

    Die Wahrnehmung von Rechtsextremismus wird weiter dadurch erschwert, dass rechtspopulistische Scharfmacher wie Henryk M.Broder selber von sich behaupten, sie würden bei ihrem Feldzug gegen Muslime und linke Gutmenschen gegen "Antisemitismus" kämpfen.

     

    Der zweite Grund liegt in der eins-zu-eins-Übertragung des europäischen Begriffs von Emanzipation auf die islamische Gesellschaft. Aktivistinnen wie Alice Schwarzer werden dabei zu tragischen Figuren, da sie bei ihrer Kritik an der Rückständigkeit der islamischen Gesellschaften nun plötzlich Beifall von ihren ehemaligen Erzfeinden am rechten Rand bekommen und von diesen vereinnahmt werden.

  • DE
    Die erste Ratte

    Lieber Herr Klaus-Peter Klingelschmitt,

     

     

    Ich hab schon darauf gewartet wie lange es dauert, dass die ersten Ratten aus den Löchern kriechen. Wau 1 Woche!

     

    Nichts verstanden, nichts gelernt und weiterhin unfähig zu begreifen, dass ihre ganze Islamkritik auf erschreckenden Vorurteilen auf baut. Horrormärchen bedingen die täglich die Schlagzeilen, was dazu führt dass, Mensch in der dritten Generation hier immer noch unter Generalverdacht stehen. Stigmatisierung immer und immer wieder seit 10 Jahren!

    Haben Sie im Wedding mit Jugendlichen gearbeitet?

    Haben sie mal probiert nachzuvollziehen, was ihre Stigmatisierung bei Kindern und Jugendlich in diesem Land anrichtet, deren Eltern Moslems sind?

    Die ganze Blut und Bodenideologie der Nazis wird jetzt in einen kulturellen Sozialdarwinismus um gemünzt.

    Multikulti ist gescheitert, brüllten ALLE noch vor einem Jahr!

    Widerlich und die TAZ gibt Leuten wie Ihnen die Möglichkeit diese ekelhafte Gülle (bezahlt!) jeden Tag weiter zu versprühen. Kein Innehalten, klein Luftholen.... Keine Menschlichkeit, nur Hass, Hass und noch mehr Hass.

    In Deutschland muss doch jeder Mensch der nicht phänotypisch deusch aus sieht, vor Kaiser Wilhelm salutieren und einen Gesinnungstest machen, bückeln und wird sich ein lebenlang beweisen und dann dessen Kinder und deren Kinder.

    Ficken katholische Prister reihenweise Kinder, führt das bei ihnen und ihren gleichen auch nicht zu permanenten Warnungen und Hetze gegen Katholiken.

     

    Ist die nationale Borniertheit in jedem Land ekelhaft, so ist sie in Deutschland gerade zu widerlich.

     

    Horizonte erweitern nach Kanada schauen, da sehen sie wie Toleranz und Integration funktionieren ohne permanenten Beschuss durch die Feindbildmaschinerie.

     

    Und wenn sie etwas für die Menschheit tun wollen, dann setzen sie sich für eine atheistische Debatte ein, leben sie Religionsfreiheit, lassen sie Menschen ihren Glauben unbehelligt, ohne Generalverdacht leben.

  • D
    dieMimi

    Mir ist unklar, warum Sie eine Hetzkampagne gegen jegliche Glaubensrichtung ins Rollen bringen möchten. Ich kann als praktizierende Gläubige Angehörige anderer Glaubensrichtungen - ja, auch Atheisten - tolerieren. Es ist völlig normal, dass nicht alle gleich sind, glauben Sie mir. Aber haben Sie eigentlich gläubige Freunde Herr Korrespondent? Wie viele Hindus, Christen, Sikhisten oder Muslime kennen sie persönlich? Und mit wie vielen tauschen Sie sich intelletuell aus? So lange diese Fragen unbefriedigend beantwortet werden, haben ihre Thesen eine unbefriedigende Aussagekraft. Denn bis jetzt betrachteten Europäer Menschen anderer Länder immer mit einem eurozentrischen Blick: Entweder sind Menschen anderer Religionszugehörigkeit abgrundtief schlecht oder nur gut (Bourdieu) und das ist eine ganz falsche Wahrnehmung. Der Orientalismus muss abgelegt werden, um anderen Kulturen unvoreingenommen entegegen zu treten. Ja, es geht darum diese verzerrte Wahrnehmung zu korrigieren und nicht mit ausgeklügelten Wort- und Logikspielen irrezuführen Herr Korrespondent.

  • JT
    Jörg Tauss

    Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Indem sich "Islam-Kritiker" immer wieder als vermeintliche "Tabu-Brecher" selbst feiern, leisten sie ihren Beitrag zur Islamophobie. Wer Oslo als Tat eines "Verrückten", also Kranken, abtut, leistet einen Beitrag zur Verharmlosung: Kein seriöser Psychiater von Rang hat dies bisher getan. Erste Analysen kommen zu einer gegenteiligen Auffassung. Der Mörder von Oslo zeigt in perverser Weise die "normale Denke" der Rechtsradikalen: Weil man nichts gegen Fremde sagen darf, muss man die Gesellschaft aufrütteln und selbst handeln, um das "gesunde Volksempfinden" der Mehrheit endlich auszudrücken. Dieser Kommentar ist insofern bestenfalls überflüssig. Wenigstens der arme und verfolgte Herr Sarrazin dürfte sich vom Autor verstanden wissen: Man wird ja mal sagen dürfen... Insofern ist dieser Kommentar so überflüssig wie oberflächlich..