Porträt Christian Ude: Wahlkampf statt Ruhestand
Münchens OB Christian Ude könnte für die SPD Ministerpräsident Seehofer herausfordern. Dann stünde sein Nimbus der Unbesiegbarkeit auf dem Spiel.
Eigentlich war alles klar: Christian Ude, der München seit 21 Jahren als Oberbürgermeister regiert, sollte 2014 in Ruhestand gehen. Am Ende seiner vierten Legislaturperiode wird der gebürtige Schwabinger 66 Jahre alt sein und die zulässige Altersgrenze für das Amt überschritten haben.
Wenn man ihn zu seinen Plänen für den Ruhestand befragte, sagte Ude stets, er habe viele Projekte. Die Landespolitik gehörte nicht dazu. Stattdessen Ausspannen in seinem Ferienhaus auf Mykonos, Bücher schreiben und Katzen streicheln.
Doch nun könnte alles ganz anders kommen. Ude ist bereit, in die bayerische Landespolitik einzusteigen - als SPD-Spitzenkandidat. Florian Pronold, Landesvorsitzender der seit Jahrzehnten glücklosen bayerischen SPD, hatte Ude in einem Interview als Herausforderer von Ministerpräsident Seehofer (CSU) ins Gespräch gebracht. Und Ude lehnte, anders als bisher, einen Wechsel von der Kommunal- in die Landespolitik nicht ab.
Pronolds Vorstoß kam überraschend, denn der bayerische Landtag wird erst im Herbst 2013 gewählt. Manch einer munkelt deshalb, dass Pronold, der selbst als potenzieller SPD-Spitzenkandidat gilt, mit dieser frühen Nennung Ude verheizen wollte. Doch falls dies der Plan war, dürfte er kaum aufgehen. Denn Ude, der als Journalist und Jurist arbeitete, bevor er 1990 in den Münchner Stadtrat gewählt wurde, ist der beliebteste und bekannteste SPD-Politiker Bayerns.
Frei von Skandalen konnte Ude bei jeder OB-Wahl mehr Stimmen auf sich vereinen. 2008 bekam er knapp 67 Prozent. Er entspricht dem Selbstbild vieler Münchner, die sich gerne als tolerant und multikulti geben.
Ude marschiert sowohl beim Trachtenumzug als auch bei der Parade am Christopher-Street-Day vorneweg, ist Mitglied beim Underdog TSV 1860 München statt beim FC Bayern und brilliert in seinen Reden mit dem Zynismus des intellektuellen Kabarettisten, statt mit der krachledernen Bierseligkeit vieler CSU-Politiker.
Sollte Ude gegen Seehofer antreten, wäre er der erste ernstzunehmende SPD-Kandidat seit Renate Schmidt 1998. Aber auch sein Nimbus der Unbesiegbarkeit stünde auf dem Spiel.
Leser*innenkommentare
Naja
Gast
Naja. Trotz dieses begeisternden Wahlkampfwerbespots, der seltsamerweise als Artikel deklariert ist, muß ich bei allem Wohlwollen realistisch doch darauf hinweisen, daß Herr Ude nicht gerade wirtschaftlich, bildungspolitisch, sicherheitspolitisch oder sonstwie Erfolgreiches vorzuweisen hat. Da nützen noch so viele Freunde in den Medien nichts, man wird es ihm im Wahlkampf um die Ohren hauen.
Hauke Laging
Gast
Was ist dieser Nimbus wert, insbesondere dann, wenn er mit dem Vorwurf Feigheit einherginge?
Politiker werden dafür respektiert, dass sie das Richtige tun, nicht aber dafür, dass sie wahltaktisch (im weitesten Sinn) geschmeidig agieren.
Wie sollte eine Reputation darunter leiden, dass man es als SPD-Kandidat in Bayern nicht geschafft hat, Ministerpräsident zu werden?
Und wie viel mehr ist der Erfolg wert, es doch geschafft zu haben? Bleibt die Frage nach der Wahrscheinlichkeit. Dafür muss 2013 kurz nach der Bundestagswahl, bei der ganz Deutschland nur gespannt darauf schauen wird, wie tief der Wähler die FDP in den Sumpf der Demokratie tritt, eben diese FDP in Bayern aus dem Landtag fliegen. Dass die CSU keine absolute Mehrheit schafft, ist alles andere als abwegig. Das wäre nur der vorletzte (wegen Hessen) Schritt einer endlosen Serie von Niederlagen: NRW, Hamburg, BaWü, Bremen, S-H, Niedersachsen und natürlich dann im Bund. Außerdem sehen die Bayern dann in BaWü, dass man die Schwarzen nicht braucht, und vor allem: Es träte ein weithin respektierter Politiker mit realistischer Chance gegen seine Peinlichkeit Seehofer an.
Niemand wählt gern verlierer. Das hat bisher immer die SPD in Bayern erledigt. Nächstes Mal wird dies den Schwarzen schaden. Und wer weiß, mit demoskopisch vorn liegenden Grünen gibt es vielleicht einen ähnlich reizvollen Duo-Wahlkampf wie bei Kretschmann und Schmidt. Das CSU-FDP-Gezänk dürfte der Wähler schon längst leid sein.
Sobotta
Gast
Ich würde ihn wählen, weil ich ihn für pragmatischer und zuverlässiger halte als unseren derzeitigen Ministerpräsidenten.
Wenn er es schaffen würde, könnte das nicht nur der CSU eine Chance zur Runderneuerung geben, sondern auch der bundesweiten SPD die Chance sich über eine erfolgreiche glaubwürdige Persönlichkeit auf ein wählbares Programm und auch wählbare Persönlichkeiten zu einigen. Ich glaube, dass weder Herr Gabriel noch Herr Steinmeier gegen Frau Merkel eine Chance hätten. Doch wie soll eine Partei eine starke Persönlichkeit hervorbringen, wenn soviele zweitrangige jede Gelegenheit nutzen, solche Persönlichkeiten zu demontieren?
Wen interessierts
Gast
Beide sind Mitglieder etablierter Parteien.
Beide werden kein Problem lösen.
Wen interessiert das noch?