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GanztagsbetreuungRabe setzt Goetsch-Idee um

Schulkinder-Horte sollen bis 2013 von den Kitas an die Grundschulen verlagert werden. SPD-Senat gibt 30 Millionen Euro für einen besseren Personalschlüssel.

Kann auch so aussehen: "ganztägige Bildung und Betreuung". Bild: dpa

Als er noch in der Opposition weilte, konnte Ties Rabe die Kritikpunkte an der schwarz-grünen "Hort-Reform" im Schlaf herunterbeten. Nun setzt der SPD-Schulsenator die Idee seiner Vorgängerin Christa Goetsch, die nachmittägliche Schulkinderbetreuung von den Kitas an die Schulen zu verlagern, selber um. Bis zum Schuljahr 2013/14 soll die "Ganztägige Bildung und Betreuung an Schule", kurz GBS, in die Fläche gehen. An 26 Pilotschulen wird sie bereits erprobt.

Doch weil die SPD hier ihrem Versprechen nachkommen will, alles besser zu machen, legt sie Geld drauf. Statt den von Schwarz-Grün eingeplanten 85 Millionen Euro stehen 115 Millionen Euro bereit. Und es wird von vornherein statt mit 30.000 mit 40.000 Kindern mehr gerechnet - auch das kostet.

Größter Kritikpunkt war der Personalschlüssel. Ein Erzieher sollte zunächst 25 Kinder betreuen. Später, als die Klassen kleiner wurden, sank die Zahl auf 23 Kinder und in sozialen Brennpunkten auf 19. Das sei immer noch zu schlecht, fanden Kritiker. In den Horten der Kitas gilt ein Schlüssel von eins zu 17.

Nun haben sich Rabe und sein Senatorenkollege Detlef Scheele (SPD) mit den Kita-Trägerverbänden auf eine Lösung geeinigt. Es gibt zusätzlich pro Gruppe ein "pädagogisches Budget" von 7.500 Euro im Jahr, von dem zum Beispiel Honorarkräfte bezahlt werden können. Außerdem sind die Kinder im Schnitt nur an vier Wochentagen da.

Der neue Schlüssel werde vermutlich besser sein als der heutige in den Horten, verspricht Rabe. Und es gibt "bezahlte Kooperationszeiten", damit Lehrer und Erzieher miteinander sprechen können. Außerdem verspricht Rabe Geld für Kantinen und Mobiliar für die Klassenräume, die den Kindern als Freizeiträume dienen sollen.

Er habe seine Tochter in einer GBS-Pilotschule, erzählte Scheele. Für die Raumfrage habe man dort "im Großen und Ganzen gute Lösungen gefunden". Das meiste spiele sich in der Aula ab.

Ein großer Pluspunkt der Hortreform war von Anfang an, dass die Betreuung für alle Kinder offen sein sollte, auch für jene, deren Eltern nicht arbeiten. Und in der Zeit von 13 bis 16 Uhr sollte sie gratis sein. Doch für das Essen und die Randzeiten kamen beim schwarz-grünen Modell teilweise Summen zusammen, die über den alten Kita-Gebühren lagen. Hier verspricht Rabe nun ein neues System: "Keiner soll mehr bezahlen als bisher".

Fürs Essen müssen Eltern 3,50 Euro am Tag bezahlen, das macht im Monat bis zu 70 Euro. Weil das teuer ist als der alte Mindestbeitrag für Hortplätze, soll der Essensbeitrag einkommensabhängig gestaffelt werden. Kinder von Hartz-IV-Empfängern bekommen das Essen umsonst.

Die Wohlfahrtsverbände äußerten sich erfreut über die getroffenen Vereinbarung. Nur der alternative Wohlfahrtsverband "Soal" übte Kritik. Der Betreuungsschlüssel sei für Vorschulkinder, die zum Teil erst vier Jahre alt sind, zu schlecht. Würde eine Kita so arbeiten, würde ihr "die Betriebserlaubnis entzogen", merkte auch der Abgeordnete Mehmet Yildiz von der Linken an.

Doch der Senat will auch diesen Stein aus dem Weg räumen. Über den Personalschlüssel für Vorschulkinder gebe es "noch weitere Gespräche", sagte Rabes Sprecher Peter Albrecht.

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6 Kommentare

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  • S
    Slimak

    Was wir flächendeckend brauchen, sind Ganztagsschulen auf hohem Niveau, und zwar verpflichtend für alle, damit nicht die Kinder betuchterer Eltern von Muddi nachmittags zum Reiten, Töpfern etc. kutschiert werden. Dazu gehören auch realistische Zeiten, die Eltern eine ganztägige Erwerbstätigkeit ermöglichen. GBS ist wohl eine Mogelpackung, die in erster Linie Aufbewahrung für diejenigen beinhaltet, die Höherwertiges nicht bezahlen können. Wat sind wir doch für ein armseliges Bildungsnotstandland. "Schule als Lebensort" heißt das Ziel. Zur Zeit erleben wir, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler in Containern untergebracht werden, weil Schulbau wohl zu teuer ist und Planung und Politik eher Gegensätze als ein verlässliches Paar sind.

  • HB
    Hamburger Bündnis für Hortbetreuung

    Das Hortbündnis Hamburg begrüßt, dass mehr Kinder in den Genuss einer Nachmittagsbetreuung kommen. Die Qualität der GBS-Betreuung sehen wir jedoch kritisch. Das Engagement von LEA, Hortbündnis und engagierten Eltern hat zumindest dazu geführt, dass es jetzt Nachbesserungen bei den neuen offenen Ganztagsschulen (GBS) geben wird. Dennoch sind GBS-Schulen nur normale Grundschulen mit einer Kinderverwahrung am Nachmittag. Für die Kinder bedeutet GBS ein Rückschritt gegenüber der Betreuung im Hort. Die SPD hatte im Regierungsprogramm (Seite 21) erklärt, sie wolle Ganztagsschulangebote „OHNE ABSTRICHE AN DER BISHERIGEN BETREUUNGSQUALITÄT“ einführen. Dieses Versprechen wurde so nicht erfüllt.

     

    GBS hat gegenüber der bisherigen Betreuung Nachteile. Kritisch zu sehen sind z. B.:

     

    -Die Verschlechterung des Erzieherschlüssels wird sich für die Kinder negativ auswirken.

    -Die Essensversorgung in vielen Schulen ist nicht geklärt. Wo essen die Kinder und zu welchem Preis wird welche Qualität geliefert? Wie wird eine Betreuung beim Essen organisiert?

    -Das Hortbündnis bemängelt auch, dass es immer noch kein pädagogisches Konzept gibt.

    -Es gibt nicht ausreichend Räume, die sich auch für eine Nachmittagsbetreuung eignen. Nach Abschluss des Lernens muss es Räume geben, die eine andere Nutzung ermöglichen (spielen, toben, essen, ausruhen) als an Schultischen zu sitzen.

    -Die starre Dreitagesregelung (mit festen Abholzeiten) und die frühe Festlegung der Ferienbetreuung dürfte für viele Eltern zu unflexibel sein.

    -Die finanzielle Ausstattung der Schulen wird nicht ausreichen.

    -Auch organisatorische Probleme (Zusammenarbeit von Schule und Träger) scheinen noch nicht gelöst.

    -Völlig unklar ist, wo all die qualifizierten Erzieherinnen und Erzieher herkommen sollen, wo doch jetzt kaum noch qualifiziertes Personal für die Kitas zu finden ist.

     

    Man darf gespannt sein auf die Auswertung der Erfahrungen der Pilotschulen, die seit August 2010 eine Ganztagsbetreuung anbieten. Es wäre sinnvoll gewesen, diese Evaluation abzuwarten, bevor weitere Schulen GBS einführen. Es ist davon auszugehen, dass weitere erhebliche Nachsteuerungen erforderlich sein werden, um eine gute Nachmittagsbetreuung an den Schulen umzusetzen.

    Das Hortbündnis hat in diesem Jahr mehr kritische als positive Rückmeldungen von Pilotschulen-Eltern erhalten. Eine erste Rückmeldung der neuen GBS-Schulen deutet an, dass die auftretende Probleme über den Status von Anfangsschwierigkeiten hinaus gehen.

  • PU
    Peter und Paula

    "Grundschulen werden zu Ganztagsschulen" steht über der Presseerklärung von Schulsenator Rabe und Sozialsenator Scheele.

    Und damit fängt die Märchenstunde an - GBS ist keine Ganztagsschule.

    GBS ist eine normale Grundschule mit Kinderverwahrung am Nachmittag. Für die Kinder ein Rückschritt gegenüber der Betreuung im Hort.

    Da bringen auch einige oberflächliche Verbesserungen nichts.

    Anhänger einer echten Ganztagsschule muss es bei dem GBS-Mist echt grausen.

  • S
    Slimak

    Was wir flächendeckend brauchen, sind Ganztagsschulen auf hohem Niveau, und zwar verpflichtend für alle, damit nicht die Kinder betuchterer Eltern von Muddi nachmittags zum Reiten, Töpfern etc. kutschiert werden. Dazu gehören auch realistische Zeiten, die Eltern eine ganztägige Erwerbstätigkeit ermöglichen. GBS ist wohl eine Mogelpackung, die in erster Linie Aufbewahrung für diejenigen beinhaltet, die Höherwertiges nicht bezahlen können. Wat sind wir doch für ein armseliges Bildungsnotstandland. "Schule als Lebensort" heißt das Ziel. Zur Zeit erleben wir, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler in Containern untergebracht werden, weil Schulbau wohl zu teuer ist und Planung und Politik eher Gegensätze als ein verlässliches Paar sind.

  • HB
    Hamburger Bündnis für Hortbetreuung

    Das Hortbündnis Hamburg begrüßt, dass mehr Kinder in den Genuss einer Nachmittagsbetreuung kommen. Die Qualität der GBS-Betreuung sehen wir jedoch kritisch. Das Engagement von LEA, Hortbündnis und engagierten Eltern hat zumindest dazu geführt, dass es jetzt Nachbesserungen bei den neuen offenen Ganztagsschulen (GBS) geben wird. Dennoch sind GBS-Schulen nur normale Grundschulen mit einer Kinderverwahrung am Nachmittag. Für die Kinder bedeutet GBS ein Rückschritt gegenüber der Betreuung im Hort. Die SPD hatte im Regierungsprogramm (Seite 21) erklärt, sie wolle Ganztagsschulangebote „OHNE ABSTRICHE AN DER BISHERIGEN BETREUUNGSQUALITÄT“ einführen. Dieses Versprechen wurde so nicht erfüllt.

     

    GBS hat gegenüber der bisherigen Betreuung Nachteile. Kritisch zu sehen sind z. B.:

     

    -Die Verschlechterung des Erzieherschlüssels wird sich für die Kinder negativ auswirken.

    -Die Essensversorgung in vielen Schulen ist nicht geklärt. Wo essen die Kinder und zu welchem Preis wird welche Qualität geliefert? Wie wird eine Betreuung beim Essen organisiert?

    -Das Hortbündnis bemängelt auch, dass es immer noch kein pädagogisches Konzept gibt.

    -Es gibt nicht ausreichend Räume, die sich auch für eine Nachmittagsbetreuung eignen. Nach Abschluss des Lernens muss es Räume geben, die eine andere Nutzung ermöglichen (spielen, toben, essen, ausruhen) als an Schultischen zu sitzen.

    -Die starre Dreitagesregelung (mit festen Abholzeiten) und die frühe Festlegung der Ferienbetreuung dürfte für viele Eltern zu unflexibel sein.

    -Die finanzielle Ausstattung der Schulen wird nicht ausreichen.

    -Auch organisatorische Probleme (Zusammenarbeit von Schule und Träger) scheinen noch nicht gelöst.

    -Völlig unklar ist, wo all die qualifizierten Erzieherinnen und Erzieher herkommen sollen, wo doch jetzt kaum noch qualifiziertes Personal für die Kitas zu finden ist.

     

    Man darf gespannt sein auf die Auswertung der Erfahrungen der Pilotschulen, die seit August 2010 eine Ganztagsbetreuung anbieten. Es wäre sinnvoll gewesen, diese Evaluation abzuwarten, bevor weitere Schulen GBS einführen. Es ist davon auszugehen, dass weitere erhebliche Nachsteuerungen erforderlich sein werden, um eine gute Nachmittagsbetreuung an den Schulen umzusetzen.

    Das Hortbündnis hat in diesem Jahr mehr kritische als positive Rückmeldungen von Pilotschulen-Eltern erhalten. Eine erste Rückmeldung der neuen GBS-Schulen deutet an, dass die auftretende Probleme über den Status von Anfangsschwierigkeiten hinaus gehen.

  • PU
    Peter und Paula

    "Grundschulen werden zu Ganztagsschulen" steht über der Presseerklärung von Schulsenator Rabe und Sozialsenator Scheele.

    Und damit fängt die Märchenstunde an - GBS ist keine Ganztagsschule.

    GBS ist eine normale Grundschule mit Kinderverwahrung am Nachmittag. Für die Kinder ein Rückschritt gegenüber der Betreuung im Hort.

    Da bringen auch einige oberflächliche Verbesserungen nichts.

    Anhänger einer echten Ganztagsschule muss es bei dem GBS-Mist echt grausen.