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Eiszeit zwischen Türkei und IsraelAnkara bleibt bei hartem Kurs

Nach der Veröffentlichung des UN-Berichts zur Gaza-Flottille will Ankara den Fall rechtlich prüfen lassen. Zudem sollen türkische Schiffe im Mittelmeer geschützt werden.

Die Mavi Marmara im Hafen von Istanbul. Sie gehörte im Mai 2010 zu der Gaza-Flotille und wurde von der israelischen Marine geentert. Dabei wurden neun Aktivisten getötet. Bild: reuters

BERLIN taz | Nach dem faktischen Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Israel will die türkische Regierung jetzt die Blockade des Gazastreifens vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag bringen. Außenminister Ahmet Davutoglu kritisierte am Samstag in Istanbul den UN-Untersuchungsbericht zum Angriff Israels auf den Gaza-Hilfskonvoi im Mai 2010. Die Aussage des Berichts, die Gaza-Blockade sei legitim, sei rechtlich nicht bindend.

"Wir wollen die israelische Blockade des Gazastreifens deshalb jetzt vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag überprüfen lassen". Der türkische Außenminister machte damit klar, dass seine Regierung im Konflikt mit Israel auf die Beschwichtigungsversuche europäischer Regierungen und der USA nicht eingehen will. Ein Grund dafür ist wohl auch, dass Davutoglu sich von der US-Diplomatie getäuscht sieht. Während US-Außenministerin Hillary Clinton noch Anfang letzter Woche bei Davutoglu darauf gedrängt hat, dass die Türkei einer weiteren Verschiebung des Berichts um sechs Monate zustimmen solle, damit möglicherweise noch ein Kompromiss gefunden werden kann, hätten andere US-Stellen den Bericht der New York Times gesteckt, um das zu verhindern.

Bereits zuvor hatte Ankara sich von Israel getäuscht gefühlt, weil mehrmals Vereinbarungen in vertraulichen Gesprächen nicht umgesetzt wurden. So berichteten türkische Zeitungen am Samstag, dass bei einem Treffen in Genf im Dezember 2010 sowohl der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan als auch der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu telefonisch ihren Unterhändlern ihre Zustimmung zu einer Vereinbarung gegeben hätten, die Israel aber nicht eingehalten habe. Neben den angekündigten rechtlichen Schritten will Ankara jetzt auch dafür sorgen, dass türkische Schiffe im östlichen Mittelmeer künftig geschützt sind. Das könne im Zweifel auch eine Eskorte durch Kriegsschiffe bedeuten, sagte ein Diplomat der türkischen Daily News.

"Israel wird nicht länger in der Lage sein, sich unbehindert wie ein Rüpel zu verhalten." Der stellvertretende israelische Außenminister Danny Ajalon sagte dazu: "Ich glaube nicht einen Moment daran, dass türkische Kriegsschiffe versuchen werden, die Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen".

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13 Kommentare

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  • BE
    @Big- Ertu

    der "Hass" gegenüber der Türkei ist nicht vorhanden. Allerdings wird die Türkei bei Menschen, die sich nicht als Staatsbürger der Türkei betrachten, nicht vollkommen unkritisch betrachtet.

    Ja, ich gebe es zu, ich warte noch immer auf die türkische Gemeinde in Deutschland, dass sie zeigt, wie fortschrittlich sie ist und sich ordentlich zum Genozid an den Armeniern äußert. Aber: das tut sie nicht - warum? Ganz einfach: weil das die Oberen in der Türkei verboten haben. Und was bedeutet das: Deutscher Pass hin oder her, die Staatsbürgerschaft ist geklärt, und es ist nicht die deutsche, denn die Staatsbürgerhaft hat in erster Linie mit der Loyalität zu tun, das Beziehen von Sozialleistungen ist nicht die primäre Idee.

     

    Also: nein, es ist kein Hass. Bilden SIe sich das nicht ein, nur weil die Türkei bisher mit Samthandschuhen angefasst wurde und die Linken den Völkermord an Armeniern von damals und den versuchten Völkermord an den Kurden von heute gerne ignorieren, um die Türkei in die EU zu bekommen. Glücklicherweise für die EU ist die Türkei wohl aktuell nicht mal mehr selbst hinterher.

    Hoffen wir nun noch, dass die Entwicklungshilfe in Höhe von hunderten Millionen, die die TÜrkei von uns bekommt, eingestellt wird. Offensichtlich bringt sie nichts, außer die Türkei weiter von einer modernen Gesellschaft abzubringen, hin zu einer islamistisch-mordenden Gesellschaft.

  • LG
    Lass gut sein

    Vielleicht möchte Erdogan von dem Raketenabwehrschild der in Diyarbakir von den Amis aufgebaut werden soll ablenken??

  • GB
    Ägais bleibt Griechisch

    Für die Türkei ist Ölförderung in der Ägais Casus Belli, ihre Kriegsschiffe "verirren" sich unter Brustgetrommel der türkischen Presse desöfteren an allen Inseln vorbei bis kurz vor Athen, Kampfjets ballern über griechische Strände und selbst FRONTEX wird in griechischem Luftraum von ihrem Radar erfasst und mit Abschuß bedroht.

    Sollten noch mehr türkische Kriegsschiffe durch griechische Gebiete dödeln, wird es wohl zu Krieg und Wirtschaftswachstum kommen.

  • B
    Boumedienne

    Ach, ich wäre so gerne Türke...wie stolz ich dann auf mein Land sein könnte !!!

  • N
    Neo

    @Matthias

     

    Ja ja, die gepeinigten und unterdrückten Kurden (LOL)

     

    Sie sind ja ein richtiger Witzbold!

    Fast alle von israelischen Soldaten getöteten Aktivisten auf der Mavi Marmara waren KURDEN.

     

     

    So schnell löst sich ihr schäbiger Versuch die türkischen Kurden für ihre "Zwecke" zu instrumentalisieren in Luft auf...

  • BE
    Big- Ertu

    Warum dieser Hass gegenüber der Türkei???

    Gebe es ein Konflikt Israil gegen einem x Staat, würden die Kommentare ganz anders formiliert...

    Soviel zum Bildungsstandt der BRD.(ach ja ich weis, jetzt wor her die ergebnisse der Pisa-studium kommen.)

  • N
    Neuronet

    Die Menschrechte die wir heute haben, wurden seit Jahrhunderten vom "kleinen Mann" mit viel Blutzoll erkämpft. Israel und seine Schergen wirken dagegen.

    Werden Menschen wahllos getötet, Angriffskriege zu Verteidigungskriege deklariert, Menschen in Palästina in Ghettos gehalten, so betrifft es auch uns. Jeden einzelnen von uns. Die Hemmschwelle der Aggressoren sinkt und verleitet zu weiteren Übeltaten, die auch gegen uns gerichtet werden können. Wer einmal ein Kind schlägt, wird es immer wieder tun.

     

    Erstaunlich ist, dass die Türkei sich für unsere Rechte vor allen westlichen Ländern einsetzt und versucht dem Wahnsinn in Palästina ein Ende zu setzen. Ein Erfolg der Türkei ist ein kleiner Schritt, aber ein großer für die Menschheit.

  • M
    Matthias

    Die Israelische Regierung kann doch wohl auch einen Hilfskonvoi für die gepeinigten und unterdrückten Kurden in der Türkei organisieren ???

  • ML
    Max Lewien

    Gemäß der in der TAZ wiederholten liberal-journalistischen Kleindialektik, daß auch in größerem Falschen immer was Richtiges vorkommt(siehe einer der letzten Artikel zum Nato-Überfall auf Libyen), sei hier mal Ähnliches versucht:

    Die Türkei, das ist keine kapitalistische Musterdemokratie, in ihr werden Kurden leider immer noch teils schlimm diskriminiert ; in ihr gibt es immer wieder staatlichen Terrorismus ; sie beteiligt sich als Nato-Staat im Falle Libyen an einem Völkerrechtsbruch..!

     

    Aber sie hat im Fallé der brutalen Ermordung von neun türkischen Teilnehmern der GAZA-Flotte durch das israelische Größenwahnregime, jetzt eine richtige Konsequenz gezogen und den israelischen Völkerrechtsbruch mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen geahndet.

    Angesichts des jahrzehntelang "gültigen" diplomatischen Freibriefs für israelische Völkerrechtsverbrechen durch die skrupellose USA-Diplomatie und ihre teils charakterlos-devoten Verbündeten(BRD-Machtelite), wagt endlich ein Nato-Land auf diese Weise einen Vorstoß gegen die üble USA-Hätschelung des neokolonialen Atomwaffenstaates Israel! Das dürfte vorerst pure Ausnahme bleiben!

    Mehr Positives gibt-s nicht zu vermerken: da hackt ja lediglich eine kleine schlimme Krähe einer ebenso Schlimmen -wenn auch völkerrechtlich legitim-ein paar Federn aus! Her müßte eine ganz neue UNO-Ordnung ohne die Vorherrschaft der "dekadenten"(Wallerstein) Supermacht USA und ihrer windigen Völkerrecht brechenden(Libyen) Verbündeten UK, Frankreich usw.! Sie müßte wirksame Sanktionen gegen Völkerrechtsbrecher wie Israel oder die Nato-Staaten(Libyen, Jugoslawien) anordnen und durchsetzen können. Dazu täte auch ein wirklich wirksamer Internationaler Gerichtshof not, in dem die Kriegs- und Völkerrechtsverbrecher a l l e r Nationen ohne Ausnahme veruteilt werden können! Auch müßte ein international verbindliches Umweltrecht erlassen werden, mit dessen Hilfe etwa die Ermordung von Umweltaktivisten , die z.B. den Regenwald schützen wie in Brasilien, völkerrechtlich mit schweren Strafen geahndet werden könnte.

  • S
    Silver

    P.S. zur Untermauerung meines frueheren Beitrags hier ein paar links:

    1.: http://www.globes.co.il/serveen/globes/docview.asp?did=1000679286&fid=1725

    2.:http://www.hurriyetdailynews.com/n.php?n=turkish-cyprus-reac-to-natural-gas-plans-2011-08-04

    3.: http://naturalgasforeurope.com/turkey-cyprus-noble-drilling-offshore-cyprus.htm

    4.:http://cyprus-now.com/2011/02/21/noble-energy-good-chance-of-large-gas-find-off-cyprus/

    5.:http://www.cyprusfranchising.com/cyprus-business-news/gas-discoveries-draw-israel-cyprus-closer/

  • HL
    Hans Lotus

    Will dieser Irre Erdowahn einen Krieg vom Zaun brechen? Die Türkei soll endlich Ruhe geben. Wenn die türkische Regierung nicht in der Lage ist, internationale Seerechtsankommen wie das von San Remo zu lesen, bitte sehr. Aber sie sollen mit ihrer Unfähigkeit und ihrer vorlauten Gusche jetzt nicht anfangen zu zündeln.

     

    Mit dem Verhalten haben die nichts in der NATO verloren - und in der EU schon gar nicht.

     

    Türkei raus aus der NATO!

  • M
    mesut

    ungehindert alle verbrechen zu begehen damit wird schluss gemacht.

    als optionen steht auch der krieg auf dem tisch denn einen rückgang wird die Türkei niemals machen.

  • S
    Silver

    Eine Erklaerung waeren die vermuteten Erdgasvorkommen suedlich von Zypern, die die Republik Zypern mit israelischer Unterstuetzung ausbeuten moechte. Ankara protestiert dagegen und beansprucht das Seegebiet ebenfalls. So kann man also zwei Fliegen mit der Marineklappe schlagen und sich publikumswirksam als stolzen Kaempfer fuer die unterdrueckten Palestinenser aufspielen.