Grüne Fraktion steht zu ihrer Spitze: Trotz Enttäuschung weiter so
Basis lastet Scheitern der rot-grünen Verhandlungen vor allem der SPD an. Kritik an Fraktionschef Ratzmann ist verhalten. Der will im Amt bleiben.
Den gescheiterten Koalitionsgesprächen folgt bei den Grünen offenbar kein innerparteiliches Köpferollen. Auch wenn die Enttäuschung über die geplatzte Regierungsbeteiligung weiter groß ist, gab es bei mehreren Mitgliederversammlungen großer Kreisverbände keine Rücktrittsforderung an Fraktionschef Volker Ratzmann, der zentralen Figur in den Vehandlungen mit der SPD. Auch der Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, der Ratzmann jüngst kritisiert hatte, mochte der Fraktion keinen Führungswechsel empfehlen. Ratzmann will erneut kandidieren.
Wenn das Abgeordnetenhaus am 27. Oktober erstmals nach der Wahl zusammenkommt, werden die Grünen zwar mit 29 statt bislang 23 Sitzen so stark wie noch nie vertreten sein - aber weiter nur in der Opposition. Die Koalitionsgespräche mit der SPD waren vergangene Woche am Streit um den Weiterbau der A 100 gescheitert. Die Parteibasis aber ist überzeugt, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ohnehin lieber mit der CDU und ihrem Chef Frank Henkel koalieren wollte.
"Wir sind uns völlig einig, dass der Regierende nicht mit uns regieren wollte. Man muss ja nur sehen, wie Wowereit jetzt mit Henkel turtelte", sagte der Kreischef der Grünen in Tempelhof-Schöneberg, Jürgen Roth. Harte Attacken auf Ratzmann blieben auch bei einer Mitgliederversammlung in Charlottenburg aus und laut Ströbele auch in Friedrichshain-Kreuzberg. In Steglitz-Zehlendorf war ebenfalls Tenor, dass Wowereit ohnehin nicht wollte. Da sei die Frage verblasst, ob man sich bei der A 100 zu sehr festgelegt habe, sagte Kreischef Norbert Schellberg.
Ströbele hatte Ratzmann kürzlich vorgehalten, es sei ein Fehler gewesen, kurz vor der Wahl den Weiterbau kategorisch auszuschließen. Ratzmann hatte diese Kritik zurückgewiesen und daran erinnert, dass seine Haltung zur A 100 mit dem Landesvorstand abgestimmt war. Bezüglich der Fraktionsspitze mochte Ströbele am Donnerstag keine Forderung erheben, Abgeordnete aus seinem Bezirk einzubeziehen. "Wir sind zwar stolz auf unser Ergebnis und unsere fünf direkt gewählten Abgeordneten. Aber was die jetzt machen, das wird nicht der Bundestagsabgeordnete Ströbele entscheiden oder vorgeben", sagte er.
Ratzmann will erneut antreten: "Im Moment sehe ich nichts, was dagegen spricht." Er geht davon aus, dass auch seine bisherige Co-Chefin Ramona Pop wieder kandidiert. Die Wahl ist für den 25. Oktober angesetzt, zwei Tage vor der ersten Parlamentssitzung. Zuvor steht eine Klausurtagung an. Fraktionsvize Michael Schäfer ließ eine Kandidatur offen, die weiteren Stellvertreter und der als linker Gegenspieler Ratzmanns geltende Kreuzberger Abgeordnete Dirk Behrendt waren am Donnerstag nicht zu erreichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Plan für Negativ-Emissionen
CO2-Entnahme ganz bald, fest versprochen!