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Ratingagentur will Top-Banken runterstufenFitch verrät offenes Geheimnis

Die Ratingagentur Fitch droht damit, die Bonität der Top-Geldinstitute herabzustufen. Darunter: Morgan Stanley, Goldman Sachs und die Deutsche Bank.

(Hoffentlich) nicht mehr sacrosanct: Deutsche-Bank-Zentrale in Frankfurt. Bild: dpa

BERLIN taz | Der alte Mechanismus funktioniert immer noch: Am Donnerstagabend stuften die Experten der Ratingagentur Fitch neben einigen kleineren Instituten die Schweizer Großbank UBS herab und drohten damit, dass praktisch alle Spitzenhäuser folgen könnten - darunter die Branchenführer Goldman Sachs, Morgan Stanley und auch die Deutsche Bank. Prompt zeigten sich die Anleger an den Börsen beeindruckt und verkauften.

Die Aktien der UBS und der Deutschen Bank beispielsweise verloren am Freitagvormittag mehr als 3 Prozent an Wert, der Kurs der französischen BNP Paribas sank um 4 Prozent.

Dabei führt Fitch in seiner Begründung nichts an, was in den letzten Wochen nicht ohnehin schon höchst öffentlich hoch und runter diskutiert worden wäre: Die Staatsschuldenkrise ist längst dabei, auf die Banken durchzuschlagen, die auch in Staatsanleihen maroder Länder investiert haben.

Und diese können nicht mehr mit der gleichen Wahrscheinlichkeit auf staatliche Unterstützung hoffen, wie das noch in der Finanzkrise der Fall war. Zugleich mangelt es vielen Instituten aber an ausreichendem Eigenkapital, um die Verluste selbst aufzufangen - zumal wenn sie, wie politisch gewollt, als Gläubiger stärker an der Griechenland-Rettung beteiligt würden als mit den bislang vorgesehenen 21 Prozent.

Der Bremer Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel regt sich denn auch mehr darüber auf, dass Fitch mit seinem Rating überhaupt an die große Öffentlichkeit geht: "Die Drohung, die Großbanken herabzustufen, wirkt wie ein Brandbeschleuniger und ist überflüssig wie ein Kropf", sagte er der taz: "Sie dient nur dazu, Banken und Politik zusätzlich unter Druck zu setzen. Das aber ist überhaupt nicht die Aufgabe einer Ratingagentur."

In der Sache gibt Hickel den Fitch-Experten aber Recht: Die Banken müssen in den nächsten Wochen und Monaten mit neuen Belastungen rechnen. Nach Zahlen der Analysten von Morgan Stanley haben die Institute der Eurozone griechische, irische, portugiesische und spanische Staatsanleihen über rund 700 Milliarden Euro in ihren Bilanzen stehen.

Je nach Szenario müssten sie ihr Eigenkapital um 50 bis 200 Milliarden Euro aufstocken, um Verluste durch die laufende Abwertung oder auch einen Schuldenschnitt für Griechenland auszugleichen.

Deshalb basteln die Finanzminister und Regierungschefs der EU derzeit eifrig an Plänen, die auf dem EU-Gipfeltreffen am 23. Oktober verabschiedet werden sollen. In dieser Woche legte EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso ein Konzept vor, nach dem die Banken verpflichtet werden sollen, sich größere Kapitalpuffer zuzulegen. Er selbst nannte keine Zahl, aus Brüssel war aber zu hören, dass er eine Eigenkapitalquote von 9 Prozent anstrebt.

Vorbild USA

Im Gespräch sind auch staatliche Zwangskapitalisierungen, wie sie etwa die USA in der letzten Bankenkrise angewandt hatten: Sie hatten allen Instituten gleichermaßen Staatshilfen aufgenötigt und sich im Gegenzug mehr Durchgriffsrechte gesichert. Vor allem die schwächeren Banken dürften am Kapitalmarkt derzeit aber kaum eine Chance haben, an frisches Geld zu kommen.

Vor allem die Deutsche Bank wehrt sich vehement gegen jeden staatlichen Eingriff. "Die Deutsche Bank wird alles tun, um eine Zwangskapitalisierung zu vermeiden", sagte Nochvorstandschef Josef Ackermann.

Die Analysten von Morgan Stanley hatten kürzlich ausgerechnet, dass der Deutsche Branchenführer sich gut 2,5 Milliarden Euro zusätzlich besorgen müsste, wenn es zu einem Schuldenschnitt von 50 Prozent auf griechische Anleihen kommt und eine Eigenkapitalquote von 7 Prozent gehalten werden soll.

Diese Summe könnte das Institut selbst zusammenbekommen. Es hat sich von der Hauptversammlung das Recht für eine ausreichende Kapitalerhöhung einräumen lassen. Wenn Barroso tatsächlich eine Eigenkapitalquote von 9 Prozent durchsetzt, wäre diese Rechnung jedoch schon wieder Makulatur.

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