DENKMALSCHUTZ: Windräder gefährden Welterbe

Lübeck will vor seinen Toren einen Windpark bauen. Der könnte die Sicht auf die Silhouette versperren und damit die Auszeichnung durch die Unesco gefährden.

Skyline von Lübeck: Windspargel würden den Weltkulturerbetitel gefährden. Bild: dpa

HAMBURG taz | Ein Windparkprojekt gefährdet Lübecks Weltkulturerbetitel. Die Stadtwerke Lübeck und die Stockelsdorfer Gemeindewerke planen, vor den Toren der Stadt die größte kommunale Windkraftanlage Schleswig-Holsteins zu bauen. Die Kulturorganisation der Vereinten Nationen (Unesco) ist davon möglicherweise wenig begeistert. Sie verlangt freie Sicht auf das mittelalterliche Stadtbild. Da könnte der Windpark im Wege stehen.

Der Welterbetitel ist für Lübeck nicht nur eine Sache des Prestiges - die Stadt verspricht sich davon auch Einnahmen im Tourismus. Wie schnell der Welterbe-Titel weg sein kann, haben die Dresdner zu spüren bekommen. Als sie über ihre Kulturlandschaft "Dresdner Elbtal" nach langem Hin und Her die Waldschlösschenbrücke bauten, wurden ihnen der Titel aberkannt.

In Dresden wie im Lübeck ging es darum, dass Sichtachsen auf die Stadtsilhouette frei gehalten werden sollten. Sieht die Unesco die Sicht auf die Stadt durch die Windräder versperrt, kann sie ihr den Titel Weltkulturerbe aberkennen.

Das wäre ein Schlag für den Touristikstandort Lübeck. "Gerade im Ausland zieht dieser Titel", wie Annette Schütz von der Lübeck und Travemünde Marketing GmbH berichtet. Gäste aus dem Ausland machen mit steigender Tendenz 30 Prozent der Gäste aus. Hinzu kommt, dass bis 2014 rund 16,8 Millionen vom Bund an die Stadt fließen, die an diesen Titel gebunden sind.

Wie viele Sichtachsen frei gehalten werden müssen und wo diese beginnen, ist nicht klar definiert. Im Falle des Kölner Doms hat sich die Unesco auf einen Radius von 20 Kilometern festgelegt. Die beiden geplanten Windkraft Standorte bei den Orten Arfrade und Obernwohlde liegen 21 und 27 Kilometer vom Zentrum Lübecks entfernt.

Die Unesco entscheidet darüber, welche Stätten als Kultur- oder Naturerbe gelten. Die Orte sollen durch die Auszeichnung und die damit verbundenen Auflagen besonders geschützt werden. Das sind die Welterbe-Orte in Norddeutschland:

Lübeck: als Hansestadt.

Wismar/Stralsund: Altstädte.

Bremen: Rathaus und Roland.

Hildesheim: Dom und Michaeliskirche.

Alfeld: Fagus-Werk.

Harz: Golarer Altstadt, Bergwerke Rammelsberg und Grube Samson, Kloster Walkenried, Oberharzer Wasserwirtschaft.

Das deutsche Wattenmeer.

Deshalb sieht auch Oliver Groth, der persönliche Referent von Bürgermeisters Bernd Saxe (SPD) "keine Probleme, dass beides nebeneinander bestehen kann." Sicher ist das aber nicht. Nach Informationen der Lübecker Nachrichten, soll die sich Zahl der Sichtachsen, laut einer laufenden Studie der Stadt, von 13 auf 29 erhöht haben.

Diese Zahlen möchte Groth nicht bestätigen: "Die Studie ist noch nicht abgeschlossen, wir werden aber auf keinen Fall den Titel gefährden." Im Zweifel würde das Windkraftprojekt den Erfordernissen angepasst.

Unverständlich findet Thorsten Fürter, grüner Landtagsabgeordneter in Kiel und Bürgermeisterkandidat für Lübeck, diese Diskussion um Sichtachsen: "Lübeck wird ja wohl noch zu sehen sein, wenn ein paar Windräder aufgestellt werden." Für ihn gehören Windräder mittlerweile zum Landschaftsbild dazu. Auch er möchte den Weltkulturerbestatus Lübecks nicht gefährden. "Aber wenn wir die Energiewende schaffen wollen, kann man sich nicht gegen jedes Windrad stellen", findet er. Das müsse auch die Unesco sehen.

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