Möglichkeiten zur Krisenbewältigung: Schuldenschnitt! Aber wie?
Ein Schuldenerlass von 50 Prozent würde Banken in die Pleite treiben. Die Regierungen müssten wieder helfen. Lafontaine fordert sogar, Banken ganz zu verstaatlichen.
BERLIN taz | Griechenland kann seine Schulden nicht komplett zurückzahlen. Daher wird in den Euroländern nun diskutiert, wie man die Banken an den Verlusten beteiligt. Im Juli wurde beschlossen, dass die Banken einen Schuldenschnitt von 21 Prozent hinnehmen sollen. Inzwischen ist klar, dass dies nicht reichen wird, um Griechenland zu retten.
Also ist jetzt im Gespräch, dass die Banken einem Schuldenerlass von bis zu 50 Prozent akzeptieren. Diese Verluste könnten jedoch einige europäische Banken in die Pleite treiben, so dass sie erneut Staatsgelder benötigen. Dies hat Diskussionen ausgelöst, wie die Banken besser zu regulieren sind.
Höheres Eigenkapital
Banken sind am besten gegen Verluste geschützt, wenn sie ein hohes Eigenkapital besitzen. Es wird daher erwartet, dass die Europäische Bankenaufsicht (EBA) demnächst vorschreibt, dass das harte Kernkapital bei 9 Prozent liegen soll - und zwar nachdem die europäischen Staatsanleihen zu Marktpreisen bewertet wurden.
Mit dem Begriff "Kernkapital" wird ausgedrückt, wie hoch das Eigenkapital im Vergleich zu den risikogewichteten Investments einer Bank ist. Die Crédit Suisse schätzt, dass etwa 220 Milliarden Euro an Eigenkapital bei den europäischen Banken fehlen dürften. Betroffen wären gut zwei Drittel der rund 90 wichtigsten Geldhäuser.
Mehr Kapital, aber woher?
Frankreichs Präsident Sarkozy würde gern den europäischen Rettungsschirm EFSF anzapfen, um die Banken mit frischem Kapital zu versorgen. EU-Kommissionspräsident Barroso und Kanzlerin Merkel hingegen wollen, dass sich die Banken erst mal selbst Geld auf den Kapitalmärkten besorgen. Sollte dies scheitern, soll sich jedes Land einzeln um seine Banken kümmern.
Das Problem jeder Staatshilfe ist, dass das Image der unterstützten Banken darunter leidet. Die USA haben daher nach der Pleite der Lehman Brothers alle Banken mit Staatskapital versehen - auch wenn sie es nicht benötigten. Dieses Vorgehen ist bisher in Europa nicht geplant. Stattdessen arbeiten bereits einzelne Bankchefs an ihrem Image. Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, etwa ließ verlauten: "Die Deutsche Bank wird alles tun, um eine Zwangskapitalisierung zu vermeiden."
Teilverstaatlichung?
Die USA haben es in der Finanzkrise 2008 vorgemacht: Hilfe für die Banken gab es nur, wenn der Staat Miteigentümer wurde. Dies wurde zum guten Geschäft: Das US-Finanzministerium erwartet einen Gewinn von insgesamt 20 Milliarden Dollar. SPD-Chef Gabriel will dieses US-Modell übernehmen, und auch Finanzminister Schäuble ist dafür offen.
Linken-Politiker Oskar Lafontaine geht weiter. Er will alle Banken in Deutschland "öffentlich-rechtlich" organisieren. Doch die Bundesrepublik hat nicht nur gute Erfahrungen mit dieser Struktur gemacht: In der Finanzkrise ab 2007 ist ein großer Teil der Milliardenverluste bei der öffentlichen IKB und den Landesbanken aufgelaufen.
Trennbanken?
Finanzkrisen gehen fast immer vom Investmentbanking aus, das mit kreditfinanzierten Wertpapieren und Derivaten spekuliert. Daher haben die USA nach der ersten Weltwirtschaftskrise 1933 mit dem Glass-Steagall-Act ein sogenanntes Trennbankensystem eingeführt, das Geschäftsbanken und Investmentbanken strikt trennte.
Eine abgemilderte Version wurde 2010 mit der "Volcker Rule" beschlossen, die den US-Banken weitgehend den Eigenhandel untersagt. Allerdings wird die Verordnung erst 2017 in Kraft treten, zudem sind noch 380 Fragen offen. Großbritannien geht daher mit dem "Ringfencing" einen anderen Weg: Dort bleibt das Investmentbanking in den jeweiligen Banken, wird aber von den anderen Abteilungen abgeschirmt und mit höherem Eigenkapital versehen.
Diese englische Variante findet neuerdings auch die Bundesregierung interessant, nachdem Sigmar Gabriel ein Trennbankensystem vorgeschlagen hatte.
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