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Kolumne Die KriegsreporterinWo echte Hechte Frauen nehmen

Kolumne
von Silke Burmester

Selten hatte die Kriegsreporterin so viel Freude an einem schlechten Buch, selten hat ein Mann so gelungen seine Spezies als dermaßen lächerlich dargestellt wie der Herr DuMont.

H allo, taz-Medienredaktion! Ich bin immer noch von dem Taumel ergriffen, der mich nach den ersten Seiten der Lektüre von "Vaters Rückkehr" ereilte, dem Buch, das der gute alte Alfred Neven DuMont, 84, der große Verleger vom Rhein, dieser Tage veröffentlicht. Auch in der heutigen Sonderausgabe möchte ich mich noch einmal diesem Machwerk widmen, das unter uns Journalisten als Schlüsselroman bezüglich des Verhältnisses DuMonts zu seinem eigenartigen Sohn Konstantin begriffen wird.

Ich allerdings möchte weniger das Beziehungstor aufschließen als den Blick auf das Psychogramm lenken, das der Dynast in seinem Roman offenbart; und das, sollte es auch nicht zu verallgemeinern sein, doch aufzeigen könnte, unter welchem Gedankengut Konstantin Neven DuMont 1,97 Meter groß wurde.

Hatte ich mich letzte Woche der chauvinistischen Haltung gewidmet, aus der heraus Frauen "genommen" werden, möchte ich heute den Potenzgedanken in Bezug auf Wettbewerb und Leistung in den Fokus rücken. Besonders geeignet sind dafür die Seiten 47 bis 49, auf denen dreimal die Absicht benannt wird, "es" zu zeigen. Zunächst den Verwandten auf Seite 47: "Ich wollt es Marie und Vater zeigen!" Dann hält der Protagonist eine Rede, nicht ohne Hamlets "To be or not to be" zu bemühen, die so aufregend ist wie ein Schauer Regen, er aber für "die Rede meines Lebens" hält und im Anschluss zu dem Ergebnis kommt: "Ich hatte es allen gezeigt." Um auf Seite 49 von seinem Chef gesagt zu bekommen: "Ich danke Ihnen: Sie haben es uns gezeigt!"

Weil Marie, Vater und Chef nicht ausreichen, möchte es unser Hecht auch seinem Porsche zeigen, der "auf das leiseste Zeichen" reagiert: "So sollte es sein, hier war ich der Boss." Seinen Wuchs zeigt er dann ein paar Seiten weiter seiner Kollegin: "Ich stand vor ihr, mein Körper ihren bewundernden Blicken ausgesetzt." Und während er, wie letzte Woche berichtet, beim ersten Koitus des Romans die Glocken läuten hört, kommen, während er seine mannstolle Kollegin in die Raserei treibt, dieses Mal die Himmelswesen zum Einsatz. "Als ich sie umarmte, wir eins wurden, begann ein Engelsgesang, schrill und lieblich …"

Zur Verdeutlichung dessen, was es heißt, es mit einem so tollen Mann wie der Hauptfigur zu tun zu haben, führt uns der Autor Alfred Neven DuMont in ein Sternerestaurant. Bevor aber die "Wachteln im Efeubett" serviert werden, erlaubt sich der Protagonist seinem Vater zu erklären: "Wo Du hinsiehst, neue Sachlichkeit. Kein unnötiger Schnick-Schnack. Wertvolle Hölzer, sandfarbene Töne, hohe Decken. Hier kannst Du atmen."

Eva Häberle
SILKE BURMESTER

berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Und während unsereins vor lauter Prusten kaum noch Luft bekommt, tritt unweigerlich die Frage nach dem Lektor auf. Besoffen? Ob des großen Namens mundtot gemacht? Oder auch schon 84? Egal! Selten hatte ich so viel Freude an einem schlechten Buch, selten hat ein Mann ohne Not so gelungen seine Spezies als dermaßen lächerlich dargestellt wie der Herr DuMont.

Wer noch Zweifel hat, ob es nicht doch sein könne, dass ein 40-Jähriger solch eine Sprache habe, vernehme bitte diese Sätze: "Im Durcheinander der erregten Ausrufe vernahm ich nur Wortfetzen, spürte die heißen Kinderhände auf meinem Gesicht, während meine liebe Frau von hinten ihre Arme um mich schlang. … Vergebens versuchte ich mich zu befreien: ,Ihr seid aber lieb!'"

Liebe taz-Medienredaktion, Du bist auch schrecklich lieb und ich lechze danach, wieder regulären Dienst schieben zu können. Mit einem dicken "holt mich hier raus!" zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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11 Kommentare

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  • P
    polyphem.OS

    "..Und während unsereins vor lauter Prusten kaum noch Luft bekommt, tritt unweigerlich die Frage nach dem Lektor auf. Besoffen? .."

     

    Der besoffene Lektor hat ja den ganzen Text gelesen. Und Recht hat er - mit seinem Fazit und seiner BITTE. Und ich habe leider die Lesung von Harry Rowohlt im "Haus der Jugend" verpasst. :-)

     

    (Jeder Satz ist ein Genuss. Darum ist erst am Ende Schluss)

  • BL
    Besoffener Lektor

    Eine Bitte an Kommentierer, Kommentaristen, Foristen, Meinungsfurzer und alle anderen. Nicht nur wegen "schlachtvieh". Sondern wegen vieler, vieler anderer. (Mit Ausnahme von "schlachtvieh" nicht hier, aber anderswo) ...

     

    Könntet ihr bitte, bitte, bitte die Artikel LESEN. VOLLSTÄNDIG. NICHT NUR DIE ÜBERSCHRIFT UND/ODER DEN VORSPANN. UND VERDAMMTNOCHMAL - DREI - GRAMM - HIRN - AUF - DAS - VERSTEHEN - VERWENDEN!!!

     

    ... bevor ihr was schreibt?

     

    Bitte? Wärt ihr so nett?

  • L
    Lox

    Wiedermal wunderbar, vielen Dank. Ich verfolge den Konflikt zwischen den beiden schon länger und war wirklich zwiegespalten, wer von den beiden denn nun "recht" hat. Mittlerweile tendiere ich zu Konstantin, nicht nur wegen der unsäglichen Textauszüge, die ich hier lesen durfte.

     

    Der VaterSohn-Konflikt ist ja nun wirklich ein alter Hut. Allerdings bin ich mittlerweile (auch aus eigener Erfahrung) zu dem Schluss gekommen, dass es in den seltensten Fällen an den Söhnen liegt, sondern vielmehr an den "alten Herren" die Probleme damit haben, sich einzugestehen, dass "der Kleine" irgendwann an ihre Fähigkeiten herankommen geschweige denn sie übertrumpfen könnte, ob nun materiell oder intellektuell.

     

    Aber abgesehen davon: Silke, ich will ein Kind von Dir! ;o)

  • P
    polyphem

    Der alte Herr ist doch mehr ein Claudius denn ein Hamlet. Von des Gedankens Blässe angekränkelt ist er nicht. Und "Mein oder nicht mein" ist wohl eher sein Motto. Aber Sohnemann, der Ankündigungsweltmeister, ja, der weiß, wie man was aufschiebt. Der Rest sei Schweigen.

     

    btw.: Heute musste ich nur kleinen "tee" eintippen. Der dampft nicht mal. Kali Nichta.

  • WL
    wer lesen kann ...

    @schlachtvieh (ist der Name eigentlich Programm?)

     

    Wenn man nix verstanden hat. Einfach mal die Klappe halten.

  • M
    MeckiP

    Glückwunsch zu der äusserst unterhaltsamen und gelungenen Rezension!

  • SB
    Silke Burmester

    Liebes Schlachtvieh! Ja, die Autorin liest die Kommentare. Und freut sich, wenn es viele gibt. Auch denkt sie über ihren Kurs nach. Ständig. Es ist also alles in bester Ordnung. Zumindest bei ihr.

    Beste Grüße!

    Silke Burmester

  • ZP
    zum Piepen

    @Schlachtvieh

    "Die Aussage dieses Artikels ist dermaßen chauvinistisch gegen Frauen gerichtet, dass er dem Ziel der Unterhaltung massiv schadet."

     

    Sie haben nicht begriffen, dass Silke Burmester bloß chauvinistische Sch**** zitiert und kommentiert. Und das macht sie super-turbo-geil. Ich habe auch herzhaft gelacht, ungläubig den Kopf geschüttelt und mir die gleiche Frage wie Nike gestellt: wie konnte der Junior überhaupt nur ein bisschen bei Trost bleiben bei dem größenwahnschwachsinnigen väterlichen Einfluss?

     

    Ich würde den Mist ja gern mal selbst lesen, will dem alten Pappsack aber nicht noch mehr Taler hinterherwerfen. Insofern hätte ich nix gegen weitere Kriegsberichterstattung der außerplanmäßigen Art ....

  • N
    Nike

    Das literarische Grauen am Morgen. Hat gut getan. Dumont sollte das Buch als Kalender anbieten. Jeden Tag ein Kapitelchen von dem Weiche Birne Schrunz und auch dem depressivsten Zeitgenossen schießt es in den Schädel: "So schlimm wird es schon nicht werden!" Meine Laune, die bei dem miesen Wetter ebenso war, ist jedenfalls plötzlich blendend. Danke, Silke Burmester!

    P.S.: Eigenartig, dass Konstantin als eigenartig bezeichnet wird. Ich frage mich viel mehr, wie er in diesem Umfeld seinen Verstand überhaupt behalten und eine integre Persönlichkeit entwickeln konnte.

  • S
    Schlachtvieh

    Ich kann Sie leider nicht nachvollziehen vic. Die Aussage dieses Artikels ist dermaßen chauvinistisch gegen Frauen gerichtet, dass er dem Ziel der Unterhaltung massiv schadet. Ich persönlich konnte mich nur für Frau Burmester fremdschämen.

     

    Mal ehrlich liebe TAZ-Frauen, denkt ihr tatsächlich durch euren übertriebenen Feminismus tut ihr der Bewegung einen gefallen? Die Zeiten der Alice-Schwarzer-Methoden sind vorbei. Mit Konfrontation um jeden Preis und Schläge unter die Gürtellinie erreicht ihr nichts.

     

    Ein sehr übertriebenes Beispiel um dieses Dilemma zu verdeutlichen: Im Gespräch versuchen Menschen mit Argumenten von den eigenen Ansichten zu überzeugen ist in Ordnung (z.B. Missionierung durch Fundamentalisten oder Verherrlichen des Sozialismus). Beginnt man dann allerdings mit gezielten Schlägen unter die Gürtellinie (Anschläge, Vandalismus, Körperverletzung) seiner Meinung Nachdruck verleihen zu wollen, dann schadet das der Bewegung.

     

    Sofern die Autorin die Leserkommentare liest, bitte ich sie einmal darüber nachzudenken und ihren Kurs zu überdenken. Zwar darf Satire alles, wie es Tucholsky ausdrückte, aber sollte man sich ihrer Wirkung bewusst sein.

  • V
    vic

    Ich liebe diese Kolumne!