Erdbeben im Osten der Türkei: Bis zu 1.000 Tote befürchtet
Verherrende Folgen eines schweren Erdbebens in der Türkei: Zahlreiche Häuser stürzen ein, die Behörden fürchten bis zu 1.000 Tote. Schon jetzt fehlen Wasser und Medikamente.
ISTANBUL taz | Bei einem schweren Beben im Osten der Türkei mit einer Stärke von 7,2 auf der Richterskala rechnen die Behörden mit bis zu 1.000 Toten. Das Epizentrum des Bebens liegt rund 20 km nordöstlich der Provinzhauptstadt Van, zwischen dem Van-See und der iranischen Grenze. Am schwersten betroffen ist die Kleinstadt Ercis.
Während in Van selbst die Schäden zunächst als nicht allzu schwer erschienen, drangen im Laufe des Nachmittag nach und nach die schlimmsten Nachrichten aus den umliegenden Kleinstädten durch. Ein völlig entsetzter Bürgermeister der 70.000 Einwohnerstadt Ercis, Zulfikar Arapoglu, berichtete am Telefon, seine Stadt sei von dem Beben ganz furchtbar getroffen. Mindestens 40 Häuser seien völlig zerstört, hunderte weitere Häuser mehr oder weniger schwer beschädigt.
Arapoglu beschwor die Verantwortlichen, möglichst schnell Hilfe vor Ort zu bringen. Es fehlten Wasser, Baynahrung und Medikamente. Obwohl viele Handyverbindungen und Telefonleitungen durch das Beben zerstört wurden, laufen im Krisenzentrum von Van bereits etliche Hinweise auf vermisste Familienangehörige ein.
Bürgermeister Arapoglu befürchtete jedenfalls, dass die Anzahl der Toten und Verletzten sehr viel höher sein könnte, als jetzt offiziell geschätzt wird. Unter den eingestürzten Häusern befindet sich auch ein Schülerinternat.
Warten auf den Plätzen der Stadt
Fernsehbilder aus der Region gab es zunächst nur aus Van. Rund zehn Gebäude sind auch hier völlig zusammengebrochen. Einige schwere Brocken landeten auf Autos, es sieht aus wie nach einem Bombenanschlag. Die ersten Verletzten wurden noch von Nachbarn mit bloßen Händen aus den Trümmern gezogen. Nach einigen Stunden waren dann auch die ersten Räumungsfahrzeuge vor Ort.
Die meisten Menschen in Van, wo rund 300.000 Menschen, überwiegend Kurden, leben, haben ihre Häuser verlassen und warten auf den größeren Plätzen der Stadt, wie es weitergeht. Es hat bereits ein Nachbeben mit der Stärke 6 auf der Richterskala gegeben.
Die türkische Erdbebenzentrale hatte das Beben zunächst erst nur mit 6,6 eingeschätzt, während die US-Erdbebenwarte sogar 7,6 auf der Richterskala meldete. Die türkischen Behörden korrigierten sich dann auf 7,2 und kündigten an, mit Hubschraubern in die betroffene Region aufzubrechen.
Das Beben ist das schwerste seit den verheerende Erdstößen am Marmarameer 1999, wo fast 20.000 Menschen gestorben waren. In Van selbst bebte die Erde zuletzt 1976. Dieses Beben forderte 4.000 Tote. Fast die gesamte Türkei ist stark erdbebengefährdet. Am schlimmsten waren in den letzten 50 Jahren allerdings die Gebiete im kurdisch besiedelten Osten betroffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bilanz der Ampel-Regierung
Das war die Ampel
Kritik an der taz
Wer ist mal links gestartet und heute bürgerlich?
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Die Grünen nach dem Ampel-Aus
Grün und gerecht?
Regierungskrise in Deutschland
Ampel kaputt!
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball