Verteidiger vor Gericht: Die Verteidigung des Gebisses

Dem Hamburger Rechtsanwalt Andreas Beuth wird der Prozess gemacht, weil er einem Polizeizeugen in einer Verhandlung eine Signalgeber-Halterung gezeigt hat.

Vor Gericht: Anwalt Andreas Beuth. Bild: dpa

HAMBURG taz | Wenn am Montag der Strafverteidiger Andreas Beuth in ungewohnter Rolle auf der Anklagebank des Hamburger Amtsgerichts Platz nimmt, gibt es für seine Verteidiger keinen Kompromiss mehr: "Bösartigkeit muss bestraft werden", sagt Rechtsanwalt Wolf Römmig, der zusammen mit den Anwälten Manfred Getzmann und Marc Meyer seinen Kollegen vertritt. "Wir haben mehrfach eine Einstellung des Verfahren angeboten, um uns den ganzen Aufwand zu ersparen", sagt Marc Meyer, "jetzt ist nur noch ein Freispruch angesagt."

Denn der Prozess gegen Beuth wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Waffengesetz wird in der juristischen Fachwelt als Farce angesehen, wenngleich er in Strafverteidigerkreisen als "Angriff auf Verteidigerrechte und Einschüchterung der Verteidigung" schon ernst genommen wird.

Beuth hatte in einem Verfahren, in dem ein Mandant angeklagt war, einen Polizisten mit einer Leuchtpatrone beschossen zu haben, eine orangene Signalgeber-Halterung mit zur Verhandlung gebracht. Von diesem Plastikteil aus kann - wenn ein entsprechender Patronenteller aufgesetzt wird - eine Leuchtpatrone abgeschossen werden. So etwas gehört bei Seglern und Bergsteigern zum Sicherheits-Repertoire. "Das Plastikteil allein genommen ist ungefährlicher als ein Kugelschreiber", sagt Anwalt Meyer. Beuth wollte damals in dem Prozess durch den "überraschenden Vorhalt" gegenüber den Polizeizeugen herausfinden, ob die Vorwürfe gegen seinen Mandanten haltlos sein könnten. An zwei Verhandlungstagen ließ Staatsanwalt Henning Todt den Vorhalt zunächst auch zu, um dann, unmittelbar vor Ende der Beweisaufnahme und vor Beuths Plädoyer, das Plastikteil beschlagnahmen zu lassen. Denn ein vor zwei Jahren von ihm selbst in Auftrag gegebenes Gutachten hatte ergeben, dass schon der Transport des Plastikteils im öffentlichen Raum ein Verstoß gegen das Waffengesetz darstellt.

Obwohl ein Fachmann des Landeskriminalamtes in den Beuth-Ermittlungen zu dem Ergebnis gekommen ist, dass in diesem Fall "der Transport dieses Gegenstandes nicht strafbar war", verfasste die Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift gegen den Juristen. "Das war vielleicht eine unbequeme, aber völlig zulässige Verteidigung", attestiert Wolf Dieter Reinhard von der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Strafverteidiger Beuth.

Die Strafverteidiger sowie die Hanseatische Rechtsanwaltskammer und der Republikanische Anwaltsverein sehen in dem Verfahren einerseits einen persönlichen Rachefeldzug gegen Beuth, der in vielen Strafverfahren mit der politischen Abteilung der Staatsanwalt gerungen hat, so dass er für sie ein "Dorn im Auge" sei, aber auch den Versuch der Einschüchterung gerade junger Anwälte.

"Der Verteidigung soll ein Zahn ausgebrochen werden, damit sie nicht mehr beißen kann", sagt Reinhard. "Die Verteidigung kann aber ihre Mittel frei bestimmen", bekräftigt Reinhard. Wenn ein Verteidiger künftig Gefahr laufen müsse, wegen seiner Verteidigung selbst vor dem Kadi zu laden und sich deshalb Selbstbeschränkungen auferlegt, sagt Reinhard, "hat ein Mandant nur noch einen halben Verteidiger".

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