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Wo Bremen brummtKriegswirtschaft krisenfest

Sieben Mal höher als im Bundesschnitt liegt in Bremen der Anteil der Rüstung an der Wirtschaftsleistung. Neue Broschüre von Friedensforum, Linken und Asta.

Dank Friedrich Lürssens Fregatte 125 (im Modell) kann die Bundesmarine bald auf Landziele schießen. Bild: dpa

Bremen baut seine Position als Rüstungsstandort aus. Das geht aus der neuesten Auflage der Broschüre "Rüstungsstandort an der Weser" hervor, die gestern Friedensgruppen, die Linke und der Asta der Universität präsentierten. "Auch in Bremen wird der Krieg vorbereitet und das Töten perfektioniert", schreibt der Pastor Martin Warneke im Vorwort der mit den Jahren zu einem Buch angewachsenen Inventur der örtlichen Rüstungswirtschaft. "Ungezählte Menschen haben durch in Bremen hergestellte Produkte ihr Leben verloren."

Fregatten, Satelliten, logistische Systeme oder Torpedos werden hier gebaut - für den Export, aber auch für die eigene Armee. "Bremen leistet einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Interventionsfähigkeit der Bundeswehr", sagt Hartmut Drewes vom Friedensforum. So habe beispielsweise Rheinmetall die Drohne "Heron 1" mitgebaut, mit der die Bundeswehr in Afghanistan Luftaufklärung betreibt.

Die fünf großen Bremer Rüstungsfirmen - Atlas, EADS, Rheinmetall, Lürssen und OHB - produzierten 2010 Rüstungsgüter im Wert von 1,15 Milliarden Euro. Das sind gute sieben Prozent der gesamten deutschen Rüstungsproduktion - während in der Stadt Bremen nur 0,7 Prozent der Bevölkerung lebt. "Rüstung ist hier überrepräsentiert, Bremen ist eine Rüstungshochburg", schreibt dazu Lühr Henken vom Bundesausschuss Friedensratschlag. Und während die Rüstungsproduktion bundesweit 0,64 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmacht, sind es hier 4,8 Prozent. Die "Rüstungsdichte ist hier sieben Mal höher als im Bundesschnitt", so Henken.

Jobmotor Rüstung

Atlas Elektronik: Beschäftigte 1.170; Produktion 260 Mio. EUR.

EADS Airbus: Beschäftigte 1.300; Produktion 370 Mio. EUR.

Friedrich Lürssen: Beschäftigte 240; Produktion 100 Mio. EUR.

OHB: Beschäftigte gesamt 450; Umsatz gesamt 200 Mio. EUR.

Rheinmetall Defence: Beschäftigte 1.200; Produktion 412 Mio. EUR.

(alle Zahlen für 2010, Beschäftigte und Produktion nur Rüstungssparte in Bremen. Quelle: Lühr Henken)

Andrea Kolling von der Stiftung für Rüstungskonversion prophezeite, dass der Satellitenbauer OHB in hohem Maße von der im Aufbau begriffenen Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) profitieren werde - auch wenn die EDA "jezt noch ein wenig vor sich hindümpelt".

Linke-Fraktionsvorsitzende Kristina Voigt kündigte an, mit parlamentarischen Anfragen weiter aufklären zu wollen, in welchem Umfang bremische Steuergelder in Rüstungsprojekte fließen. Das Wirtschaftsressort fördere beispielsweise den Competenzcluster MARISSA, in dem Rheinmetall und die Hochschule zur "Ressourcensicherung" forschen. Ebenfalls gefördert werde der Forschungsverbund "Competetive Aerial Robot Technologies" - damit erforscht Rheinmetall Optimierungsmöglichkeiten für Drohnen. "Die Bremer Uni ist die am stärksten drittmittelfinanzierte Hochschule Deutschlands", sagte Voigt. "Wir wollen, dass die militärischen Kooperationsprojekte umgewidmet werden." Solche Formen von Rüstungskonversion, also ziviler Umwidmung, "hat in Bremen Tradition".

Sören Böhrnsen vom Asta der Universität erinnerte daran, dass sich der Akademische Senat mit der Zukunft der Zivilklausel befassen werde. "Wir wollen die verteidigen", sagte er.

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8 Kommentare

 / 
  • BM
    B. Mansche

    Die deutsche militärische Aggression in Afghanistan war und ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das von Staats- und Wirtschaftsfunktionären ausging und bislang vom Subsystem Klassenjustiz selbstverständlich n i c h t gesühnt wurde.

     

    Die Produktion von innovativen Waffensystemen leistet der Durchführbarkeit von militärischen Aggressionen in aller Welt Vorschub und muss als Beihilfe zum Mord moralisch gewertet werden. Wer einem Luftwaffengeneral ein Drohnen-Aufklärungssystem an die Hand gibt, stellt sich mit dem Kriegsmörder moralisch auf eine Stufe und muss natürlich ebenso bestraft werden.

     

    Stattdessen wurde dieses Mordsgeschäft nur im Kontext seiner Profitabilität diskutiert, wobei ein Nebenaspekt natürlich auch die Arbeitsplatzfrage ist, die man hier mit Blick auf die Massenarmut Bremens korrumpierend in den Vordergrund zu schieben versucht.

     

    Lühr Henken bestätigt mit seiner Kritik, dass es 10-mal so viele bremische Arbeiter und Angestellte wie im Bundesdurchschnitt gibt, die willig und kritiklos für Kriegsverbrechen in Afghanistan und anderswo arbeiten. Genau das müssen sich IG Metall und SPD zum christlichen Weihnachten auf der Zunge zergehen lassen.

    Ein Angriffskrieg kann kein legitimer Selbstzweck zur Arbeitsplatzerhaltung sein; daran spaltete sich die älteste der deutschen Parteien schon einmal, nämlich 1914.

     

    So innovativ die Kriegswaffensysteme auch geworden sein mögen, steckt doch immer eine uralte gewalttätige gruppenegoistische Philosophie dahinter: Dein Verderb ist mein Leben und Gewinn. Wenn man schon so menschenverachtend denkt, kann man sich nicht noch als demokratische Sozialpartei verkaufen.

     

    Mehr Hirn wagen, meine Herren, nieder mit der Staatskriegsindustrie !

     

    Sofortige Umwidmung der Angriffskriegsproduktion in die regenerative Energiegewinnung und ökologische Gesundheitsförderung !

  • T
    teil

    @Tanker: Das ist doch nicht dein Ernst? In diesem Zusammenhang wirtschaftliches Wachstum proportional zum menschlichem Wohlbefinden zu setzen. Ich sage mal so, dass ist egoistisch lokalpatriotisches Denken. Ich gehe mal davon aus, dass du weißt was mit den Exporten von Rüstungsgütern passiert, bzw. wofür sie benutzt werden? Ist es an sich dieser Tatsache nicht wenisgtens notwendig, mal stark zu hinterfragen ob Arbeitsplätze wirklich durch alles gerechtfertigt werden können? Ich finde es wirklich erschreckend wie Menschen teilweise so abgestumpft wie du argumentieren können.

     

    Mfg

  • T
    Tanker

    Zunächst mal ist es sehr positiv, dass der Anteil der Rüstungsexporte auch im vergangenen Jahr gestiegen ist.

     

    Peinlich und widerlich ist die linke Denke, dass man lieber die in der Rüstungsbranche beschäftigten arbeitlos sähe.

     

    Zum Glück wird sich der anti-deutsche Block nicht durchsetzen.

     

    Hoffentlich steigt die Produktion und der Export auch weiterhin stark an. Das ist gut die Wirtschaft und damit auch gut für die Menschen.

  • I
    Ich

    In einem Land mit 81.000.000 E. und mit nur 60000 Angestellten ind der Rüstung ist jede Stadt in der nur ein einziges Rüstungsunternehmen vertreten ist eine Wehrtechniche Hochburg!

     

    Warum ist man nicht ehrlich und sagt dass man Bundeswehr und Wehrtechnische Unternehmen brennen sehen will?

     

    Oder sehe ich das falsch?

  • BM
    B. Mansche

    Die deutsche militärische Aggression in Afghanistan war und ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das von Staats- und Wirtschaftsfunktionären ausging und bislang vom Subsystem Klassenjustiz selbstverständlich n i c h t gesühnt wurde.

     

    Die Produktion von innovativen Waffensystemen leistet der Durchführbarkeit von militärischen Aggressionen in aller Welt Vorschub und muss als Beihilfe zum Mord moralisch gewertet werden. Wer einem Luftwaffengeneral ein Drohnen-Aufklärungssystem an die Hand gibt, stellt sich mit dem Kriegsmörder moralisch auf eine Stufe und muss natürlich ebenso bestraft werden.

     

    Stattdessen wurde dieses Mordsgeschäft nur im Kontext seiner Profitabilität diskutiert, wobei ein Nebenaspekt natürlich auch die Arbeitsplatzfrage ist, die man hier mit Blick auf die Massenarmut Bremens korrumpierend in den Vordergrund zu schieben versucht.

     

    Lühr Henken bestätigt mit seiner Kritik, dass es 10-mal so viele bremische Arbeiter und Angestellte wie im Bundesdurchschnitt gibt, die willig und kritiklos für Kriegsverbrechen in Afghanistan und anderswo arbeiten. Genau das müssen sich IG Metall und SPD zum christlichen Weihnachten auf der Zunge zergehen lassen.

    Ein Angriffskrieg kann kein legitimer Selbstzweck zur Arbeitsplatzerhaltung sein; daran spaltete sich die älteste der deutschen Parteien schon einmal, nämlich 1914.

     

    So innovativ die Kriegswaffensysteme auch geworden sein mögen, steckt doch immer eine uralte gewalttätige gruppenegoistische Philosophie dahinter: Dein Verderb ist mein Leben und Gewinn. Wenn man schon so menschenverachtend denkt, kann man sich nicht noch als demokratische Sozialpartei verkaufen.

     

    Mehr Hirn wagen, meine Herren, nieder mit der Staatskriegsindustrie !

     

    Sofortige Umwidmung der Angriffskriegsproduktion in die regenerative Energiegewinnung und ökologische Gesundheitsförderung !

  • T
    teil

    @Tanker: Das ist doch nicht dein Ernst? In diesem Zusammenhang wirtschaftliches Wachstum proportional zum menschlichem Wohlbefinden zu setzen. Ich sage mal so, dass ist egoistisch lokalpatriotisches Denken. Ich gehe mal davon aus, dass du weißt was mit den Exporten von Rüstungsgütern passiert, bzw. wofür sie benutzt werden? Ist es an sich dieser Tatsache nicht wenisgtens notwendig, mal stark zu hinterfragen ob Arbeitsplätze wirklich durch alles gerechtfertigt werden können? Ich finde es wirklich erschreckend wie Menschen teilweise so abgestumpft wie du argumentieren können.

     

    Mfg

  • T
    Tanker

    Zunächst mal ist es sehr positiv, dass der Anteil der Rüstungsexporte auch im vergangenen Jahr gestiegen ist.

     

    Peinlich und widerlich ist die linke Denke, dass man lieber die in der Rüstungsbranche beschäftigten arbeitlos sähe.

     

    Zum Glück wird sich der anti-deutsche Block nicht durchsetzen.

     

    Hoffentlich steigt die Produktion und der Export auch weiterhin stark an. Das ist gut die Wirtschaft und damit auch gut für die Menschen.

  • I
    Ich

    In einem Land mit 81.000.000 E. und mit nur 60000 Angestellten ind der Rüstung ist jede Stadt in der nur ein einziges Rüstungsunternehmen vertreten ist eine Wehrtechniche Hochburg!

     

    Warum ist man nicht ehrlich und sagt dass man Bundeswehr und Wehrtechnische Unternehmen brennen sehen will?

     

    Oder sehe ich das falsch?