piwik no script img

Software von Carrier IQBehörden beschnüffeln Schnüffel-Tool

Der Code der Firma befindet sich unbemerkt in Millionen Handys: Das umstrittene Softwareunternehmen Carrier IQ wird derzeit in den USA von zwei Behörden überprüft.

Nicht nur für den Käufer nützlich: Smartphones. Bild: dapd

Ist das ein Qualitätssicherungssystem oder schlicht ein Spionageprogramm? An der Software des US-Unternehmens Carrier IQ scheiden sich weiterhin die Geister.

Der Code, der auf zahllosen Smartphones etwa von HTC, Samsung und bis vor kurzem auch Apple lief, hat je nach Betriebssystem und Konfiguration die Möglichkeit, Tastenanschläge auf den Geräten aufzuzeichnen, SMS- und Telefonverbindungen zu protokollieren und einige Tracking genannte Datenspeicherungen mehr.

Sinn der Technik ist es eigentlich, Mobilfunkbetreibern zu helfen, Probleme in ihren Netzen festzustellen - so heißt es zumindest. Der Kundenservice wisse sofort, welches Problem der Nutzer habe, wirbt Carrier IQ. Doch die versteckte Software, die erstmals der Hacker Trevor Eckhart einer breiten Öffentlichkeit bekannt machte, könnte auch zu problematischen Zwecken genutzt werden.

In den USA untersucht deshalb nun sowohl die Kommunikationsbehörde FCC als auch die Handelsaufsicht FTC das Gebaren von Carrier IQ und seinen Kunden, den Mobilfunknetzbetreibern. So wurden Manager der Firma Anfang der Woche in Washington vorstellig, wie die Washington Post berichtet. Bei Carrier iQ gab man sich gelassen: Man kooperiere mit den Bundesbehörden. Man habe "nichts zu verstecken", so eine Sprecherin, "wir blieben in diesem gesamten Prozess bislang stets transparent".

Nach Angaben von Carrier IQ gegenüber dem Technik-Nachrichtendienst AllThingsD ist die Untersuchung "freiwillig". Man habe selbst Kontakt zu FCC und FTC gesucht, um die beiden Behörden über die Funktionen der Software aufzuklären "und jede mögliche Frage" zu beantworten. Was freiwillig sein soll, ist aber mindestens prophylaktisch: Der US-Kongressabgeordnete Edward J. Markey, Co-Vorsitzender des Datenschutz-Gremiums, hatte die FTC aufgefordert, sich des Falls anzunehmen.

Zusammenarbeit mit Polizei?

Eine Verbindung zwischen Carrier IQ und den US-Behörden könnte es aber auch schon auf anderer Ebene geben. Die investigative Plattform MuckRock hatte eine Anfrage an die Bundespolizei FBI nach dem US-Informationsfreiheitsgesetz gestellt, um herauszubekommen, ob Polizisten Carrier-IQ-Daten in Strafverfolgungsdingen einsetzen.

Die Antwort war vieldeutig: "Das nachgefragte Material befindet sich in einer Untersuchungsakte, die von der Offenlegung freigestellt ist", so die FBI-Anwälte in einem Brief. Diese Informationen hätten mit laufenden Untersuchungen zu tun. Die Offenlegung könne demzufolge "die Strafverfolgung behindern". Ob das wirklich heißt, dass sich das FBI an den Daten bedient, bleibt allerdings unbestätigt.

Carrier IQ droht unterdessen rechtlicher Ärger von ziviler Seite. Acht Firmen - neben Carrier IQ auch Handy-Hersteller und Netzbetreiber - sollen im Rahmen einer Sammelklage belangt werden. Dabei geht es um einen Verstoß gegen Abhör- und Datenschutzgesetze der USA. Zwei weitere ähnliche Klagen sind ebenfalls geplant oder bereits eingereicht.

Was Carrier IQ über Kunden weiß

In einem Erklärpapier versucht die Firma, Kunden von der Nützlichkeit ihrer Software zu überzeugen. Das gelingt allerdings nur bedingt. So nennt Carrier IQ mehrere Beispiele, in denen der versteckte Code Kunden helfen soll - doch sie haben durchaus Gruselfaktor.

Ruft ein Kunde beispielsweise bei der Hotline seines Providers an, um zu erfahren, warum seine Batterie nur drei Stunden hält und das Telefon dauernd abstürzt, soll der Kundenberater ihm berichten können, dass er doch gerade App XYZ installiert habe, die dies verursache. Bei der Frage nach der Netzabdeckung auf einer Autobahn kann der Kundenberater dem Kunden genau sagen, dass sein Fahrzeug zwischen Ausfahrt 34 und 35 das Signal verloren habe - er hat also Informationen über Bewegungsdaten, zumindest im groben Maßstab.

Im weiteren Verlauf des Papiers nennt Carrier IQ noch andere erstaunliche Möglichkeiten, etwa das Mitloggen von angesurften URLs und Telefonnummern. Den Netzbetreibern steht frei, diese Daten zu verwenden. Tatsächlich tun sie das teilweise schon jetzt. So erlaubt sich ein großer US-Mobilfunkanbieter mittels Datenschutzrichtlinien, Surfsitzungen zu protokollieren und diese Daten sogar zu Marktforschungszwecken mit anderen Firmen zu teilen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • S
    Sikasuu

    FB die privatwirtschaftliche Tochter des großen staatlichen Unternehmens FB(I) und (das "i" ist ja noch über) die Firma mit dem i-* in den Produktnamen bearbeiten doch die Datenspeicherung für ihre Mutterfirma in den USA.

    .

    Warum dann dieser Aufstand für einen "Lückenfüller", der nur dazu dient, die Geschäftsfelder ab zu decken, die von den o.a. genannten noch nicht abgedeckt werden.

    .

    Oder hat sich da jemand in Geschäftsfelder verlaufen, die für den großen Bruder reserviert waren?

    .

    Ist doch wohl das letzte, wenn jeder privat ohne ausdrückliche Erlaubniss der "Home security" selbständig rum schnüffelt!

    .

    Das muss sofort unterbunden werden. Wenn die Daten nicht der "Sicherheit" des großen Bruders dienen ist das wohl illegal!

  • B
    buntspext

    @halfbrain: Gute Idee....aber auf diversen blackberrys ist Carrier IQ auch installiert.

  • H
    halfbrain

    Warum geht man nicht eher auf 'problemlose' Systeme, wie z.B. die Blackberrys!?! Die Geräte sind zwar im Augenblick nicht sehr 'stylisch', aber solide, technisch gut und werden immer besser in allen Anwendungen!

  • M
    Mike

    Welche Modelle betrifft dies denn nun?

  • T
    Thomas

    Das Smartphone heißt nicht nur so weil es viel kann, sondern eigentlich auch weil es schlaue Benutzer vorraussetzt!

     

    Wer also ein Android (auf iPhone geh ich gar nicht erst ein) hat und nur der stumpfe Benutzer ist, der hat halt Pech das sein eigener Tellerrand nicht ausreicht. Wer sich aber einfach mal ne Stunde zeit nimmt für ein Handy das €300 - €500,- gekostet hat und sich im Internet durchliest wie er eigene Firmware installiert (wirklich denkbar easy auch für Kleingeister) der wird von Carrier IQ und ähnlichen schnüffelein verschohnt.

     

    Also bitte erst wie früher eine Art Gebrauchsanweisung lesen, die zwar nicht beiliegt, aber auch nicht schwer zu finden ist.

     

    www.android-hilfe.de - dort wird euch auch von netten Menschen geholfen :)